Antarktis: Krebs statt Fisch
Jungfische und Krill stehen auf dem Speiseplan der Pinguine ganz oben. Tonnenweise werden sie von den Kolonien vertilgt. Doch der große Appetit auf die Krebshäppchen ist wahrscheinlich neueren Datums: als Folge der gnadenlosen Jagd auf Seebären und Wale.
Die Kartoffel des Adéliepinguins ist ein Krebs: der etwa sechs Zentimeter lange Krill (Euphausia superba), der Algen und Zooplankton abweidet oder filtriert und in teils riesigen Schwärmen rund um den Eiskontinent am Südpol lebt. Nicht nur Pygoscelis adeliae vertraut auf dieses Grundnahrungsmittel, auch die Bartenwale – ein Blauwal vertilgt bis zu vier Tonnen pro Tag – oder manche Seebären sind darauf angewiesen.
Die Antwort auf solche Fragen findet sich in alten Hinterlassenschaften: Knochen, Federn und vor allem Eierschalen, die sich schichtenweise im Dung über die Zeiten erhalten haben. Bei Seevögeln seit den 1980er Jahren erfolgreich eingesetzt, können Isotopen-Analysen von Kohlenstoff und Stickstoff verraten, ob sich im Speiseplan etwas geändert hat und woher das Futter stammte. Ähnliche Auskünfte erhofften sich daher Steven Emslie von der Universität von North Carolina und William Patterson von der Universität von Saskatchewan aus der Analyse solcher Schalenfunde von verschiedenen aktiven und verlassenen Adéliepinguin-Kolonien sowie einzelnen Museumsstücken.
Was nach einer friedlichen Nahrungsumstellung aussieht, hatte einen zutiefst blutigen Anlass, vermuten die Forscher. In den 1790er Jahren begann das große Schlachten der Seebären: Innerhalb weniger Jahre wurde hunderttausende Tiere erschlagen, zahlreiche Kolonien komplett ausgerottet. Allein dem unübersichtlichen Gelände verdanken es Arten wie der Antarktische (Arctocephalus gazella) und Subantarktische Seebär (Arctocephalus tropicalis), dass kleine Gruppen überlebten und die Arten nicht ausstarben. Die Adéliepinguine verloren damit nicht nur Jäger, die sie selbst bedrohten, sondern auch Rivalen beim Garnelensalat.
Etwa 150 Millionen Tonnen mehr Krill, so rechnen Forscher, schwamm den Pinguinen durch das Ausschalten der Konkurrenz vor dem Schnabel. Da lohnt sich der Umstieg beim Grundnahrungsmittel. Doch nun droht ihnen ausgerechnet daraus Gefahr – durch einen neuen Rivalen, den Menschen. Er will Krill zunehmend für die Aquakultur einsetzen – und das, obwohl die Krebspopulationen durch Klimawandel und Fischerei inzwischen schwinden. "Angesichts der bereits ausgebeuteten Fischbestände in dieser Region und dem vergleichsweise jungen Wechsel der Pinguine zu Krill ließe eine weitere Reduktion dieser Beute den Vögeln zukünftig nur noch wenige Futteroptionen", mahnen die Wissenschaftler. Ob das die Entscheider interessiert?
Allerdings fanden die meisten Studien zu den Nahrungsgewohnheiten von Pinguinen bislang zur Zeit der Jungenaufzucht statt, ihre winterlichen Vorlieben liegen noch weit gehend im Dunkeln. Ebenso wenig ist darüber bekannt, wie sich die Beutepräferenzen im Laufe der Jahrtausende entwickelt haben – stand Krill schon immer ganz oben auf dem Menü?
Die Antwort auf solche Fragen findet sich in alten Hinterlassenschaften: Knochen, Federn und vor allem Eierschalen, die sich schichtenweise im Dung über die Zeiten erhalten haben. Bei Seevögeln seit den 1980er Jahren erfolgreich eingesetzt, können Isotopen-Analysen von Kohlenstoff und Stickstoff verraten, ob sich im Speiseplan etwas geändert hat und woher das Futter stammte. Ähnliche Auskünfte erhofften sich daher Steven Emslie von der Universität von North Carolina und William Patterson von der Universität von Saskatchewan aus der Analyse solcher Schalenfunde von verschiedenen aktiven und verlassenen Adéliepinguin-Kolonien sowie einzelnen Museumsstücken.
Den Radiokarbondatierungen zufolge reichten ihre Bruchstücke etwa 38 000 Jahre zurück. Lange Zeit, so scheint es, passierte im Speiseplan der Tiere nichts Spektakuläres. Zwar gab es deutliche Unterschiede, die sich aber mit verschiedenen Nahrungsgewohnheiten, Koloniezugehörigkeit und Alter erklären lassen. Vor ungefähr 200 Jahren jedoch sanken die Isotopen-Werte plötzlich und rapide. Der Vergleich mit potenziellem Futter zeigt, warum: Die Pinguine waren von einer Fischdiät auf Krebs umgeschwenkt.
Was nach einer friedlichen Nahrungsumstellung aussieht, hatte einen zutiefst blutigen Anlass, vermuten die Forscher. In den 1790er Jahren begann das große Schlachten der Seebären: Innerhalb weniger Jahre wurde hunderttausende Tiere erschlagen, zahlreiche Kolonien komplett ausgerottet. Allein dem unübersichtlichen Gelände verdanken es Arten wie der Antarktische (Arctocephalus gazella) und Subantarktische Seebär (Arctocephalus tropicalis), dass kleine Gruppen überlebten und die Arten nicht ausstarben. Die Adéliepinguine verloren damit nicht nur Jäger, die sie selbst bedrohten, sondern auch Rivalen beim Garnelensalat.
Dann startete im 20. Jahrhundert die Waljagd. Wiederum binnen kurzer Zeit dezimierten Walfänger die zweite große Gruppe der Krebsliebhaber, die den Pinguinen das Futter streitig gemacht hatten. Und während sich die Populationen zumindest der Seebären langsam erholen – bei den Walen verläuft diese Entwicklung bedeutend zögerlicher –, verdanken die Vögel dem Ausbeutungstrieb des Menschen eine neue Hauptkost und sogar einen Bestandszuwachs in vergangenen Zeiten wie zum Beispiel von 1940 bis 1970 auf der Antarktischen Halbinsel.
Etwa 150 Millionen Tonnen mehr Krill, so rechnen Forscher, schwamm den Pinguinen durch das Ausschalten der Konkurrenz vor dem Schnabel. Da lohnt sich der Umstieg beim Grundnahrungsmittel. Doch nun droht ihnen ausgerechnet daraus Gefahr – durch einen neuen Rivalen, den Menschen. Er will Krill zunehmend für die Aquakultur einsetzen – und das, obwohl die Krebspopulationen durch Klimawandel und Fischerei inzwischen schwinden. "Angesichts der bereits ausgebeuteten Fischbestände in dieser Region und dem vergleichsweise jungen Wechsel der Pinguine zu Krill ließe eine weitere Reduktion dieser Beute den Vögeln zukünftig nur noch wenige Futteroptionen", mahnen die Wissenschaftler. Ob das die Entscheider interessiert?
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.