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Das aktuelle Stichwort: Kürbis

Vom verehrten frühen Zeugnis der Bauernkultur über gering geschätztes, als geschmacksneutral verunglimpftes Viehfutter zum gesunden Gourmetgenuss: Das ist kurz gefasst die Geschichte des Kürbis. Eine kleine Widmung.
Man nehme einen Kürbis der Sorte Hokkaido, Riesen- oder Gartenkürbis, entferne mit einem Löffel die Kerne und höhle den Rest aus. Brate dann das Fruchtfleisch in der Pfanne mit Zwiebeln und Kartoffeln an, gieße reichlich mit Brühe auf und lasse die Masse köcheln, bis die Ingredenzien weich sind. Püriere dann den Inhalt, verfeinere abschließend mit einem Schuss Sahne sowie reichlich Pfeffer und bestreue die Suppe vor dem Servieren noch mit einigen gerösteten und geschälten Kürbiskernen – fertig ist ein feines Herbstgericht. Der ausgehöhlte Fruchtkörper lässt sich übrigens je nach Größe als temporäre Suppenterrine oder – zur Freude der Kinder – als makaber geschnitztes Windlicht verwenden.

Befeuert auch durch den aus Nordamerika herüberschwappenden, ursprünglich keltischen, Brauch, am 31. Oktober Halloween zu feiern, erlebt der Kürbis hierzulande eine bemerkenswerte Renaissance. Früher eher ein Arme-Leute-Essen, erhält man nun selbst in Sterne-Restaurants Schmankerl dieser eigentlich zu den Beeren zählenden Frucht, die vielfach neben Suppen und Gemüsebeilagen auch zu Marmeladen oder Eingemachtem verarbeitet wird. Die Samen finden Verwendung als würziges Öl oder schlicht als gesunde Knabberei, die beruhigend auf eine vorhandene Reizblase wirken kann. Und selbst die Blüten bieten frittiert eine schmackhafte, wenngleich wegen der Zubereitung etwas kalorienhaltige Delikatesse.

Schon die Indianer Nord- und Südamerikas schätzten Geschmack und Wirkung der Pflanze, sodass sie schnell in den Rang einer der ersten Kulturpflanzen der Menschheit erhoben wurde: Möglicherweise wurden schon vor 10 000 Jahren Kürbisse in der Neuen Welt angepflanzt – in unterschiedlichen Sorten. So eroberte der Gewöhnliche oder Speisekürbis (Cucurbita pepo) die Gärten der Ureinwohner Mexikos, während der stattliche Riesenkürbis (Cucurbita maxima) den Speiseplan der frühen Peruaner bereicherte. Mit den spanischen Kolonisatoren gelangten diese Sorten nach Europa, wo ihr Anbau wenig später im 16. Jahrhundert erstmalig einwandfrei durch Dokumente verbürgt ist; bis zum 17. Jahrhundert verbreitete sich dann ihre Nutzung bis nach Ostdeutschland. Während heute in Lateinamerika, im Süden der USA und in Japan sowie in Italien und Spanien Kürbisse in großem Stil angebaut werden – und mitunter Hobbyzüchter Rekordkolosse mit bis zu 681,3 Kilogramm Gewicht erzielen –, fristet die kommerzielle Nutzung in Deutschland eher ein Nischendasein. Nur wenige hundert Hektar bleiben ihrer Produktion vorbehalten.

Zumindest europaweit lassen sich die Daten aber schlecht vergleichen, denn vielfach unterscheiden die Statistiken nicht zwischen den "klassischen" Kürbissen und ihren nahen Verwandten dieser großen Familie. Die Zucchini (Cucurbita pepo giromontiina) zählt dazu ebenso wie diverse Melonen (Gattung Cucumis), die Gurke (Cucumis sativus) und zahllose Kreuzungen untereinander, die zu einer nahezu unüberschaubaren Sortenvielfalt mit kunterbunten Farben und Formen geführt haben. Die Pflanzen sind einhäusig, aber mit getrennt geschlechtlichen Blüten: Männliche wie weibliche Organe sitzen als zwar auf dem selben Individuum, aber nicht im gleichen Kelch. Ihre bei Speise- und Zierkürbissen stets gelbe Farbe lockt vornehmlich Hummeln an, welche die Pollen von dem einen zur anderen übertragen.

Als weiteres typisches Merkmal entwickeln viele Arten Sprossranken – speziell umgebildete Blätter, mit denen sie sich an Bäumen oder wahlweise auch an Zäunen emporwinden. Zum Teil geschieht dies in atemberaubenden Geschwindigkeiten, denn zumindest in den gemäßigten Breiten nutzen die Kürbisse die vergleichsweise kurze Vegetationsperiode von Mai bis Oktober, um Triebe bis zu 15 Meter Länge in die Umgebung zu schicken. Das Fleisch all ihrer Früchte ist dabei ausgesprochen wasserreich – und damit kalorienarm: Mit nur rund 25 Kalorien pro 100 Gramm Masse erfeut es gesundheitsbewusste Menschen besonders.

Dennoch sind die Gewächse wahre Gesundbrunnen, denn sie verfügen über reichlich Vitamin A, C und E sowie Karotinoide, die nicht nur die echten Kürbisse gelb machen, sondern auch als wirksame Antioxidanzien potenziell Krebs auslösende Sauerstoffradikale eliminieren. Das Fruchtfleisch enthält weiterhin noch Kieselsäure, die Haut, Bindegewebe und Nägel positiv beeinflussen, sowie reichlich Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium oder Eisen. In den Kernen angesammelte Phytosterine schließlich verlangsamen gutartige Prostatavergrößerungen bei Männern jenseits der Fünfzig oder unterbinden sie im Initialstadium gar völlig. Angesichts all dieser positiven Eigenschaften ist es dann durchaus lässlich, nach einem ausgiebigen Kürbismahl ruhig auch einen kleinen Kürbislikör zu verköstigen, wie er im slowenischen Dobrovnik gebrannt wird – die Kinder können ja derweil mit Kürbisfratzen die Nachbarschaft erschrecken.

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