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News: Leiser Takt

Wenn ältere Menschen über Schlafstörungen klagen, wird das häufig mit Unregelmäßigkeiten ihrer inneren Uhr in Verbindung gebracht. Neue Untersuchungen lassen vermuten, dass der Fehler aber nicht im Rhythmus des zentralen Taktgebers selbst, sondern vielmehr in der Abstimmung zwischen ihm und der Peripherie liegt.
Es ist nichts Ungewöhnliches daran, wenn man seine Armbanduhr alle paar Wochen nachstellt, weil sie nicht mehr ganz richtig tickt. Und je älter eine Uhr wird, desto selbstverständlicher ist es auch, dass sie mal falsch geht.

In unserem Körper tickt ebenfalls eine Uhr, die durch äußere Einflüsse ständig nachgestellt wird. Sie versendet Signale, welche die peripheren Organe im Takt halten. Mit den Jahren kann aber auch dieser innere Taktgeber unzuverlässig werden; zu den Folgen gehören beispielsweise Schlafstörungen, an denen viele ältere Menschen leiden.

Bisher gingen Forscher davon aus, dass das zentrale Uhrwerk selbst, das im suprachiasmatischen Nucleus (SCN) im Gehirn sitzt, den eigenen Takt nicht mehr halten kann. Doch das stimmt anscheinend nicht: Unser cerebraler Galeerentrommler trommelt noch genau so exakt wie vorher – nur leiser.

Für ihre Untersuchungen hatten Shin Tamazaki und seine Kollegen an der University of Virginia eines der Schrittmacher-Gene namens Period1 (Per1), das in einem regelmäßigen Rhythmus abgelesen wird, genauer betrachtet. Sie entnahmen Mäusen sowohl Gewebe aus dem SCN als auch Zellen verschiedener Organe und kultivierten diese im Labor. So konnten sie über mehrere Wochen die Per1-Aktivität messen und beobachten, ob diese sich mit zunehmenden Zellalter verändert.

Genau das war bei den Zellen des SCN nicht der Fall: Sie behielten ihren Rhythmus bei. Dagegen schlugen die Uhren in Gewebe aus beispielsweise Leber oder Niere öfter entweder nicht synchron oder überhaupt gar nicht mehr.

Die Wissenschaftler schließen daraus, dass es sich bei der Ursache für die mangelnde Synchronität eher um eine Abschwächung des gesendeten Signales handelt, als um Unregelmäßigkeiten bei dessen Entstehung.

Die Ergebnisse ihrer Studie zeigen zudem, dass die molekularen Mechanismen im SCN wohl auch bei älteren Menschen noch normal ablaufen. Das Problem liegt vielmehr in der Übersetzung des molekularen Rhythmus' in elektrische oder humorale Signale. Schon bei früheren Messungen der Gehirnströme hatte man entdeckt, dass die Signale in dieser Hirnregion bei älteren Menschen weniger stark ausgeprägt sind als bei jungen – so kommen periphere Organe leichter aus dem Takt und finden möglicherweise gar nicht wieder hinein.

Die Forscher vermuten aber, dass sie die Fähigkeit zum Schlagen nicht völlig verloren haben, sondern nach einer geeigneten Behandlung dazu auch wieder angeregt werden könnten. Eine solche Therapie würde ein völlig neues Konzept zur Behandlung von Krankheiten bieten, die auf altersbedingten Synchronisationsstörungen der inneren Uhr beruhen. Und allein bei Schlafstörungen verspricht das schon ein deutliches Stück mehr Lebensqualität.

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