Entomologie: Lohnt sich der Aufwand?
Es mag ja durchaus Sinn machen, die Kinder einer nahen Verwandten durchzufüttern - schließlich profitieren davon auch ein paar eigene Gene. Die Verwandtschaftsverhältnisse können aber nicht erklären, dass sich in einem Insektenstaat manche Tiere mehr und manche weniger für die Nachkommen der Königin aufopfern. Sollte stattdessen kühle Berechnung eine Rolle spielen?
Für die Königin gibt es nur eines im Leben: Nachwuchs produzieren. Alles andere interessiert sie nicht, selbst die Aufzucht und Pflege ihrer Kinder überlässt sie ihren zahlreichen Dienerinnen. Die übernehmen diese Aufgaben auch bereitwillig, ziehen fleißig aus auf Futtersuche und hegen und pflegen die Kleinen hingebungsvoll. Dabei gehen sie sogar so weit, zugunsten der Chefin auf eigenen Nachwuchs vollkommen zu verzichten. Allerdings strengen sich nicht alle Wespen bei ihrer Arbeit gleichermaßen an. Einige arbeiten unermüdlich, während andere sich um die Arbeit drücken, wo es nur geht. Woran liegt das nur?
Dieses Phänomen versuchten Wissenschaftler zunächst mit dem Verwandschaftsgrad zu begründen: Je enger die Tiere mit dem Nachwuchs, den sie aufziehen, verwandt sind, umso höher ist ihr Einsatz – schließlich unterstützen sie damit den Fortbestand eines Teils ihrer eigenen Gene. Umgekehrt gilt: Je geringer der Verwandschaftsgrad, umso geringer ist auch die Übereinstimmung der Gene – der Arbeitsaufwand lohnt sich nicht also sonderlich. Weitläufig Verwandte sollten demnach eher der Muße nachgehen, als fremden Nachwuchs zu pflegen.
Diese Theorie hält der Überprüfung im Insektenstaat jedoch nicht stand: Nur zehn Prozent der Variation in der Hilfsbereitschaft der Arbeiterinnen lassen sich mit ihr erklären. Jeremy Field, Adam Cronin und Catherine Bridge vom University College London testeten nur eine andere Hypothese. Sie vermuteten, dass die Tiere berechnen, wie viel sie die Hilfe für die Königin in Bezug auf ihr eigenes Leben kostet und dann entsprechend der Kosten-Nutzen-Rechnung mal mehr, mal weniger in die Arbeit investieren.
Field und seine Kollegen vermuteten, dass die ältesten Wespen, die weit vorne in der Warteschlange stehen, weniger Arbeit in den fremden Nachwuchs investieren sollten, da sie schließlich größere Chancen auf eigenen Nachwuchs haben als jüngere Exemplare. Gleichzeitig stehen ihre Chancen für ein längeres Leben besser, denn die Königin lebt deutlich länger als ihre Untertanen. Eine gewisse Faulheit wäre älteren Tieren also in doppelter Hinsicht von Vorteil. Jüngere Wespen hingegen könnten sich nur wenig Hoffnung darauf machen, jemals die Position der Königin einzunehmen – sie dürften also ihre Energie getrost in den Nachwuchs investieren.
Die Wissenschaftler markierten die Wespen nun entsprechend ihrem Alter und beobachteten den Fleiß der einzelnen Exemplare. Wie erwartet, waren die jüngeren Insekten deutlich häufiger als die älteren unterwegs, um Futter für die Kleinen heranzuschaffen, wobei der Verwandschaftsgrad der einzelnen Tiere zur Königin keinen Einfluss auf ihren Fleiß hatte.
Nun brachten die Biologen die Reihenfolge der Warteschlange für die Thronfolge durcheinander, indem sie das zweitälteste Tier der Kolonie entfernten. Dadurch rückte die an dritter Stelle stehende Wespe nach und übernahm den Rang des fehlenden Insekts. Sofort reduzierte das nachrückende Tier die Anzahl seiner Ausflüge entsprechend seinem nun höheren Rang drastisch. Es hatte offenbar erkannt, dass seine Chancen auf eigene Nachkommen gestiegen waren und den Arbeitsaufwand entsprechend adjustiert.
In einem zweiten Versuchsteil eliminierten die Forscher alle Tiere der Kolonie bis auf die Königin und die ranghöchste Wespe. Auf einmal legte sich die Rangzweite schwer ins Zeug und intensivierte ihre Brutpflege, arbeitete aber nicht mehr als die Rangzweite aus Staaten, die von Anfang an nur aus zwei Wespen bestanden. Die Insekten wussten demnach genau, dass sie, sollten sie den Platz der Königin übernehmen, keine Helfer für den eigenen Nachwuchs haben würden und strengten sich daher mehr für die fremden Nachkommen an.
Zumindest die Wespenart Liostenogaster flavolineata scheint demnach eine Art Kosten-Nutzen-Rechnung anzustellen und ihren Arbeitsaufwand für fremden Nachwuchs den Chancen auf eine eigene Nachkommenschaft anzupassen.
Dieses Phänomen versuchten Wissenschaftler zunächst mit dem Verwandschaftsgrad zu begründen: Je enger die Tiere mit dem Nachwuchs, den sie aufziehen, verwandt sind, umso höher ist ihr Einsatz – schließlich unterstützen sie damit den Fortbestand eines Teils ihrer eigenen Gene. Umgekehrt gilt: Je geringer der Verwandschaftsgrad, umso geringer ist auch die Übereinstimmung der Gene – der Arbeitsaufwand lohnt sich nicht also sonderlich. Weitläufig Verwandte sollten demnach eher der Muße nachgehen, als fremden Nachwuchs zu pflegen.
Diese Theorie hält der Überprüfung im Insektenstaat jedoch nicht stand: Nur zehn Prozent der Variation in der Hilfsbereitschaft der Arbeiterinnen lassen sich mit ihr erklären. Jeremy Field, Adam Cronin und Catherine Bridge vom University College London testeten nur eine andere Hypothese. Sie vermuteten, dass die Tiere berechnen, wie viel sie die Hilfe für die Königin in Bezug auf ihr eigenes Leben kostet und dann entsprechend der Kosten-Nutzen-Rechnung mal mehr, mal weniger in die Arbeit investieren.
Die Londoner Entomologen überprüften die Hypothese an der Wespenart Liostenogaster flavolineata, die in kleinen Staaten von maximal zehn Tieren im tropischen Regenwald lebt. Ein einziges Weibchen, das sich äußerlich nicht von den anderen unterscheidet, legt alle Eier. Die anderen Wespen ernähren den Nachwuchs und warten geduldig auf den Moment, an dem sie die Chance erhalten, selbst Eier zu legen. Die Thronfolge ist dabei streng nach dem Alter geregelt: Jeweils das älteste Weibchen übernimmt den Platz der Königin, sollte diese sterben. Die Insekten stehen also brav nach Alter gestaffelt in der Schlange und harren ihrer Fortpflanzungschance.
Field und seine Kollegen vermuteten, dass die ältesten Wespen, die weit vorne in der Warteschlange stehen, weniger Arbeit in den fremden Nachwuchs investieren sollten, da sie schließlich größere Chancen auf eigenen Nachwuchs haben als jüngere Exemplare. Gleichzeitig stehen ihre Chancen für ein längeres Leben besser, denn die Königin lebt deutlich länger als ihre Untertanen. Eine gewisse Faulheit wäre älteren Tieren also in doppelter Hinsicht von Vorteil. Jüngere Wespen hingegen könnten sich nur wenig Hoffnung darauf machen, jemals die Position der Königin einzunehmen – sie dürften also ihre Energie getrost in den Nachwuchs investieren.
Die Wissenschaftler markierten die Wespen nun entsprechend ihrem Alter und beobachteten den Fleiß der einzelnen Exemplare. Wie erwartet, waren die jüngeren Insekten deutlich häufiger als die älteren unterwegs, um Futter für die Kleinen heranzuschaffen, wobei der Verwandschaftsgrad der einzelnen Tiere zur Königin keinen Einfluss auf ihren Fleiß hatte.
Nun brachten die Biologen die Reihenfolge der Warteschlange für die Thronfolge durcheinander, indem sie das zweitälteste Tier der Kolonie entfernten. Dadurch rückte die an dritter Stelle stehende Wespe nach und übernahm den Rang des fehlenden Insekts. Sofort reduzierte das nachrückende Tier die Anzahl seiner Ausflüge entsprechend seinem nun höheren Rang drastisch. Es hatte offenbar erkannt, dass seine Chancen auf eigene Nachkommen gestiegen waren und den Arbeitsaufwand entsprechend adjustiert.
In einem zweiten Versuchsteil eliminierten die Forscher alle Tiere der Kolonie bis auf die Königin und die ranghöchste Wespe. Auf einmal legte sich die Rangzweite schwer ins Zeug und intensivierte ihre Brutpflege, arbeitete aber nicht mehr als die Rangzweite aus Staaten, die von Anfang an nur aus zwei Wespen bestanden. Die Insekten wussten demnach genau, dass sie, sollten sie den Platz der Königin übernehmen, keine Helfer für den eigenen Nachwuchs haben würden und strengten sich daher mehr für die fremden Nachkommen an.
Zumindest die Wespenart Liostenogaster flavolineata scheint demnach eine Art Kosten-Nutzen-Rechnung anzustellen und ihren Arbeitsaufwand für fremden Nachwuchs den Chancen auf eine eigene Nachkommenschaft anzupassen.
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