Fossilfund: »Meerkatzen« am Nordseeboden
Am Grund der Nordsee finden sich keineswegs nur die Fossilien von Meeresbewohnern. Weil das Gebiet im Verlauf der jüngeren Erdgeschichte mehrfach trockenlag, wimmelt es in den Sedimenten geradezu vor Fossilien von Landwirbeltieren. »Allein die Menge von Mammut-Backenzähnen aus der Nordsee liegt bei mindestens 50 000 Stück«, schätzt der niederländische Fossilienexperte Dick Mol vom Naturhistorischen Museum in Rotterdam. Solche Fundstücke kommen etwa dann zum Vorschein, wenn der Meeresboden im großen Stil abgebaggert wird.
Die Fossilfunde helfen Wissenschaftlern die Flora und Fauna vergangener Zeiten zu rekonstruieren. Nun belegen jüngst entdeckte Zähne und ein Unterkieferbruchstück von Makaken, dass einst auch Affen im heutigen Nordseegebiet heimisch waren. Die Zähne stammen von Berberaffen (Macaca sylvanus), die heute in Teilen Nordafrikas leben. Bekannt ist beispielsweise die Berberaffenkolonie auf dem Felsen von Gibraltar.
Den Fund beschreibt Dick Mol gemeinsam mit seinen Kollegen Jelle W. F. Reumer von der Universität Utrecht und Ralf-Dietrich Kahlke von der Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie in einem Fachbeitrag für das Magazin »Revue de Paléobiologie«.
Heutzutage leben Berberaffen als gute Kletterer bevorzugt in felsigen Gebieten. Ein entsprechendes Terrain habe es aber im Gebiet der Nordsee nicht gegeben, so die Forscher. Vermutlich hielten sich die Tiere darum eher in baumbestandenen Landschaften auf, die während warmer Zeitabschnitte auftraten. Mol und Kollegen schätzen, dass das Unterkieferfragment aus der Eem-Warmzeit vor 126 000 bis 115 000 Jahren stammt, zwei weitere Zähne könnten »noch deutlich älter« sein, so Jelle Reumer in einer Mitteilung.
Noch genauer lasse sich das Alter der Funde nicht eingrenzen, erläutern die Forscher. Denn dazu wäre es notwendig, die ursprüngliche Lage der Fossilien und ihre unmittelbare Umgebung zu kennen. Alle Makakenfossilien kamen durch die Arbeiten zur Hafenergänzung »Maasvlakte 2« zum Vorschein: Vor der Küste Rotterdams wird eine künstliche Insel aufgeschüttet, indem Sediment aus der Tiefe abgebaggert und mit Hochdruck auf die langsam wachsende Insel gesprüht wird. Sämtliche Informationen über den Fundkontext gehen dabei verloren.
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