Evolution: Mein Ohr, dein Ohr
Wenn eng verwandte Tiere dieselben Merkmale aufweisen, dürfte sie wohl der gemeinsame Vorfahr schon besessen und vererbt haben. Insbesondere bei komplexen Geschichten liegt dieser Schluss nahe. Aber nicht immer ist die einfachste Lösung eines Rätsels auch die richtige.
Da war doch was. Plötzlich beginnt das Trommelfell zu schwingen, setzt im Mittelohr Hammer, Amboss und Steigbügel in Bewegung, die ihrerseits noch verstärkend am so genannten ovalen Fenster rütteln. Jene Membran löst durch ihre mechanischen Schwingungen Wellen in den flüssigkeitsgefüllten Röhren der Schnecke oder Cochlea in Gang, wo schließlich die Schwingungsenergie in Aktionspotenziale umgesetzt wird. Dadurch gelangt der ursprüngliche Reiz weiter über den Hörnerv ins Gehirn – aha, hinter mir hat ein Auto gehupt.
Selbst so verkürzt dargestellt, wird klar: Hören ist eine verflixt komplizierte Angelegenheit. Und das dafür notwendige knöcherne wie häutige Inventar des Säugetierohr-Baukastens wirkt so hochspezialisiert, dass man nur staunen kann, wer wann im Laufe der Evolution dieses ausgeklügelte System entwickelt und seinen zahlreichen Nachfahren vom Schnabeltier bis zum Menschenkind hinterlassen hat. Ein gemeinsamer Säuger-Urahn, so nahmen Wissenschaftler bislang an, hatte wohl vor mehr als 200 Millionen Jahren diese Neuerung erfolgreich eingeführt. Ein entscheidender Schritt dabei war, ein paar im Kiefergelenk nicht mehr nötige Knöchelchen ins Mittelohr zu verlagern. Sie hatten zuvor als unabhängige Einzelteile Stabilisierungsaufgaben übernommen, doch wurden diese mit Umgestaltung des Kiefers überflüssig.
Seit ihrem Umzug nun leisten sie unter anderem als Paukenbein, Hammer und Amboss ihren Dienst. Und als die einzelnen Linien der Kloakentiere, Beuteltiere und Plazentatiere – zu denen auch der Mensch gehört – dann eigene Wege einschlugen, nahmen sie alle diesen Ohraufbau mit. Schließlich kennt zwar niemand diesen gemeinsamen Vorfahren, aber so etwas Raffiniertes würde selbst die höchst einfallsreiche Evolution wohl kaum zweimal erfinden, so verschlungen und überraschend deren Ideen auch manchmal sein konnten. Dachte man.
Und so verliert ein für viele Wissenschaftler herausragendes, weil gegen andere deutlich abgrenzendes Merkmal der Säugetiere – die Gehörknöchelchen – seine einzigartige Stellung. Der Sache an sich tut das keinen Abbruch, im Gegenteil: Wie viel erstaunlicher ist nun die Erkenntnis, dass Mutter Natur den raffinierten Trick unabhängig ein zweites Mal entwickelte. Evolution sollte man einfach nie unterschätzen.
Selbst so verkürzt dargestellt, wird klar: Hören ist eine verflixt komplizierte Angelegenheit. Und das dafür notwendige knöcherne wie häutige Inventar des Säugetierohr-Baukastens wirkt so hochspezialisiert, dass man nur staunen kann, wer wann im Laufe der Evolution dieses ausgeklügelte System entwickelt und seinen zahlreichen Nachfahren vom Schnabeltier bis zum Menschenkind hinterlassen hat. Ein gemeinsamer Säuger-Urahn, so nahmen Wissenschaftler bislang an, hatte wohl vor mehr als 200 Millionen Jahren diese Neuerung erfolgreich eingeführt. Ein entscheidender Schritt dabei war, ein paar im Kiefergelenk nicht mehr nötige Knöchelchen ins Mittelohr zu verlagern. Sie hatten zuvor als unabhängige Einzelteile Stabilisierungsaufgaben übernommen, doch wurden diese mit Umgestaltung des Kiefers überflüssig.
Seit ihrem Umzug nun leisten sie unter anderem als Paukenbein, Hammer und Amboss ihren Dienst. Und als die einzelnen Linien der Kloakentiere, Beuteltiere und Plazentatiere – zu denen auch der Mensch gehört – dann eigene Wege einschlugen, nahmen sie alle diesen Ohraufbau mit. Schließlich kennt zwar niemand diesen gemeinsamen Vorfahren, aber so etwas Raffiniertes würde selbst die höchst einfallsreiche Evolution wohl kaum zweimal erfinden, so verschlungen und überraschend deren Ideen auch manchmal sein konnten. Dachte man.
Wäre da nicht Teinolophos trusleri. Von diesem bislang ursprünglichsten bekannten Verwandten des Schnabeltiers entdeckten Forscher um Thomas Rich vom Museum Victoria in Australien und seine Kollegen nun einen 115 Millionen Jahre alten Kieferknochen – also schon aus Zeiten, als Beuteltiere und Plazentatiere einen eigenen Abstammungsast eröffnet hatten. Und dieser Fund wirft nun Fragen auf – oder besser gesagt, er klärt einen alten Streit. Denn er besitzt eine tiefe Kerbe, ein typisches Anzeichen für darin sitzende Zusatzknöchelchen, wie es Paukenbein, Hammer und Amboss einst gewesen waren. Offenbar, so schließen Rich und seine Mitarbeiter, war der Knochenumzug bei Teinolophos noch nicht vollzogen worden. Was bedeutet: Das so kompliziert aufgebaute Hörorgan der Säugetiere war nicht gemeinsames Erbe, sondern muss mindestens zweimal unabhängig voneinander entstanden sein.
Nun steht dieser Fund nicht alleine da, weshalb der Streit um eine Mehrfachentstehung bereits entbrannt war: Auf der einen Seite ist bei Zeitgenossen von Teinolophos aus der Beuteltier- und Plazentatier-Verwandtschaft diese Kerbe bereits verschwunden, die Knöchelchen hatten ihre neue Heimat also bereits erreicht und den zuvor bestehenden sehnigen Kontakt zum Unterkiefer verloren – und zwar womöglich schon etliche Millionen Jahre zuvor. Auf der anderen Seite gibt es zeitgleich weitere säugernahe Verwandtschaft, die noch eine Kerbe und Spuren der früheren Verbindung aufweisen. Ihre verschwommenen Beziehungen zu den späteren Kloaken-, Beutel- und Plazentatieren lassen aber keine klare Einordnung in einen Stammbaum und damit Rückschlüsse auf den Entstehungszeitpunkt zu. Teinolophos aber macht nun deutlich wie keiner zuvor: Einmal reicht nicht, Meister Evolution wurde zweimal gleichermaßen aktiv.
Und so verliert ein für viele Wissenschaftler herausragendes, weil gegen andere deutlich abgrenzendes Merkmal der Säugetiere – die Gehörknöchelchen – seine einzigartige Stellung. Der Sache an sich tut das keinen Abbruch, im Gegenteil: Wie viel erstaunlicher ist nun die Erkenntnis, dass Mutter Natur den raffinierten Trick unabhängig ein zweites Mal entwickelte. Evolution sollte man einfach nie unterschätzen.
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