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Messinische Salinitätskrise: Wie das Mittelmeer einst austrocknete

Das liebste Reiseziel der Europäer war vor wenigen Millionen Jahren eine Salzwüste mit einigen Salzlaken. Die Austrocknung geschah in zwei dramatischen Phasen.
Computergeneriertes Profilbild des westlichen Mittelmeers und Südwesteuropas am Ende der Messinsichen Salinitätskrise. Der Blick geht von Gibraltar Richtung Italien. Das Mittelmeer in Blau ist deutlich geschrumpft. Unterschiedliche Höhenstufen sind durch unterschiedliche Farben gekennzeichnet: Orange dargestellt sind Regionen, die unter dem damaligen Spiegel des Atlantiks lagen, aber trockengefallen waren. Grün sind Tiefländer oberhalb des Meeresspiegels, dunkles Braun steht für Gebirge, Weiß für Bergspitzen.
Das Mittelmeer schrumpfte während der Messinischen Salinitätskrise beträchtlich.

Vor 5,96 Millionen Jahren begann im Mittelmeer eine der gravierendsten Veränderungen seiner Geschichte: Vom Atlantik strömte kein Wasser mehr ins Becken des Mittelmeers; die Straße von Gibraltar wurde durch Kräfte im Erdinneren abgeriegelt. Nur noch Flüsse wie der Nil oder die Rhone versorgten das Gebiet, doch ihr Zustrom reichte nicht aus, um das Meer zu erhalten. Innerhalb weniger zehntausend Jahre trocknete die Region fast vollständig aus. Mächtige Salzpakete entstanden, die Fauna an Land und im Wasser änderte sich dramatisch, Vulkane begannen verstärkt zu brodeln. Die Messinische Salinitätskrise hatte begonnen und sollte erst 600 000 Jahre später wieder enden. Ein Team um Giovanni Aloisi vom CNRS in Paris zeigte in einer Studie, wie schnell und welcher Reihenfolge das Mittelmeer 70 Prozent seines damaligen Wasservolumens verloren hat.

Aloisi und Co untersuchten dazu Chlorisotope aus den Salzsedimenten, die sich damals am Grund des Beckens abgelagert und teilweise sehr mächtige Schichten gebildet hatten. Über die veränderten Isotopenzusammensetzungen lässt sich rückverfolgen, wann die Salze ausfielen und sich am Meeresboden sammelten. Die Arbeitsgruppe konnte daraus zwei Hauptphasen ermitteln, in der das Mittelmeer einen Großteil seines Wassers verlor.

Während des ersten Abschnitts, der etwa 35 000 Jahre dauerte, sammelten sich fast ausschließlich Salze am Grunde des östlichen Mittelmeers an. Zu diesem Zeitpunkt existierte bereits fast kein Austausch mehr mit dem Atlantik, weshalb das Mittelmeer zunehmend versalzte. Dieser Prozess war im Osten stärker als im Westen: Salzärmeres Wasser aus dem Atlantik gelangte bereits nicht mehr dorthin, während zudem die klimatisch bedingte höhere Verdunstung bei gleichzeitig niedrigeren Niederschlägen die Versalzung begünstigte. Hier entstand also eine starke Sole, aus der das Salz ausfiel.

Der tektonisch bedingte Verschluss der Straße von Gibraltar riegelte jedoch im Lauf der Zeit das Mittelmeer komplett ab, was letztlich auch die Westhälfte in die Salzkrise führte: Innerhalb von nur 10 000 Jahren verdunsteten riesige Wassermengen; die Meeresspiegel fielen um 850 Meter im West- und um 1,7 bis 2,1 Kilometer im Ostteil der Region. Riesige Flächen fielen trocken und wurden zu Salzsteppen. Nur in den tiefsten Becken und in der Nähe großer Zuflüsse blieben Wasserflächen erhalten – bis der Atlantik wieder an der Straße von Gibraltar durchbrach und das Becken erneut flutete.

  • Quellen
Nature Communications 10.1038/s41467–024–53781–6, 2024

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