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Nanomechanik: Molekulare Achse

In den vergangenen Jahrzehnten sind nach elektronischen auch mechanische Bauteile auf immer kleinere Dimensionen geschrumpft. Einen neuen Grenzstein in Sachen Miniaturisierung stellen nun mikroskopisch kleine "Paddel" aus Metall dar, die schwenkbar auf Kohlenstoff-Nanoröhrchen von nur eineinhalb millionstel Millimeter Durchmesser lagern.
Kohlenstoff-Nanoröhrchen verblüffen immer wieder aufs Neue durch ihre außerordentlichen elektrischen und mechanischen Eigenschaften. Insbesondere einwandige Nanoröhrchen bieten sich für elektronische Anwendungen an. Ihr Durchmesser beträgt ein bis drei Nanometer (millionstel Millimeter), etwa vergleichbar dem Durchmesser der DNA-Doppelhelix. Welches Aufgabenspektrum sie erwartet, tüfteln Forscher weltweit derzeit aus.

Schema der Paddel-Konstruktion | Schema eines auf einem einwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen aufgehängten beweglichen Metallblocks. Wird der Metallblock gedreht, verformt sich das Nanoröhrchen und funktioniert als Torsionsfeder.
Wissenschaftler um Jannik Meyer vom Stuttgarter Max-Planck-Institut für Festkörperforschung haben untersucht, ob sich mit einwandigen Nanoröhrchen auch mechanische und elektromechanische Komponenten mit winzigen Abmessungen herstellen lassen. Dazu hängten sie lithografisch erzeugte Metallblöcke an einem einzelnen einwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen auf. Diese Metallblöcke sind unter einem optischen Mikroskop sichtbar, werden aber durch ein fast tausendmal kleineres einzelnes Molekül getragen. Im optischen Mikroskop – wie auch bei kleinerer Vergrößerung im Elektronenmikroskop – sieht man daher ein scheinbar frei schwebendes Objekt. Erst bei höherer Vergrößerung im Transmisions-Elektronenmikroskop lässt sich das Molekül erkennen, das die Struktur trägt.

TEM-Aufnahme | Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme eines beweglich aufgehängten Objekts. Eine allein durch die thermische Energie angeregte Torsionsschwingung ist als unscharfe Kante zu erkennen. Die stark vergrößerte Abbildung rechts oben zeigt das rohrförmige Molekül, auf dem der Metallblock befestigt ist. Es hat einen Durchmesser von nur 1,5 Nanometer und ist somit kleiner als die Doppelhelix der DNA. Der Maßstab entspricht 200 Nanometer und – im vergrößerten Ausschnitt – zwei Nanometer.
Das aufgehängte Objekt kann zudem durch ein elektrisches Feld bewegt werden. Dabei dient das Nanoröhrchen als molekulare Achse, die durch Torsion deformiert wird. Die Struktur wird dabei von nur wenigen molekularen Bindungen getragen: Auf einem Querschnitt durch eine Kohlenstoff-Nanoröhre liegen nur etwa zwanzig Kohlenstoff-Bindungen; die genaue Struktur der Röhrchen bestimmten die Wissenschaftler durch Elektronenbeugung.

Derartige Bauteile könnten als Funktionselemente in nanoelektromechanischen Systemen dienen – etwa als winzige bewegliche Spiegel in optischen Anwendungen, beispielsweise für die Telekommunikation. Ebenso ließen sie sich als Sensoren verwenden, da bereits sehr kleine Kräfte eine Drehung des Metallblocks und damit auch eine Verformung der Nanoröhrchen bewirken. Meyer erwartet, dass sich die elektrische Leitfähigkeit der Nanoröhrchen stark mit deren Verformung ändert – dass also diese Verformung einfach elektrisch detektierbar wäre. So beobachteten die Wissenschaftler, dass bereits die thermische Energie bei Raumtemperatur eine deutlich sichtbare Vibration des Metallblocks hervorruft, was die Empfindlichkeit dieses Systems zeigt.

Meyer und seine Kollegen halten auch kompliziertere mechanische Systeme für denkbar, in denen mehrere frei aufgehängte Objekte untereinander über Nanoröhrchen verbunden sind. Zunächst allerdings geht es darum, das Verhalten von Kohlenstoff-Nanoröhrchen unter Verformung genau zu analysieren. Und so dient das Stuttgarter "Nanopaddel" in jedem Fall als wertvolles Instrument der Grundlagenforschung.

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