Schlaf-wach-Rhythmus: Nächtliche Mahlzeiten erhöhen Diabetesrisiko
Regelmäßig nachts zu essen, steigert das Risiko, die Zuckerkrankheit Diabetes Typ 2 zu bekommen. Mahlzeiten nur tagsüber einzunehmen, hilft diese Gefahr einzudämmen, selbst wenn der Schlafrhythmus verschoben ist. Zu dem Schluss ist ein Team um die Medizinerin Sarah Chellappa von der Harvard Medical School in Boston im Fachmagazin »Science Advances« gekommen.
Die Gruppe führte eine kleine Studie mit 19 Teilnehmern durch. Die Probanden – sieben Frauen und zwölf Männer – verbrachten zwei Wochen in einer streng kontrollierten Laborumgebung, in der sich die Hell-dunkel-Phasen immer weiter verschoben, bis sie sich um zwölf Stunden von den natürlichen Tageszeiten unterschieden. Diese erzwungene Störung des Schlaf-wach-Rhythmus diente dazu, die Auswirkungen nächtlicher Schichtarbeit zu simulieren.
Zehn Teilnehmer bekamen ihre Mahlzeiten angepasst an den veränderten Tagesablauf, also auch während der natürlichen Nachtstunden. Die übrigen neun Probanden durften trotz des verschobenen Schlaf-wach-Rhythmus lediglich während der natürlichen Tageszeiten essen.
Spätes Speisen irritiert den Stoffwechsel
In der ersten Gruppe, die nachts aß, entkoppelte sich der Blutzuckerspiegel zunehmend von der Körperkerntemperatur, wie das Team beobachtete. Während die Körpertemperatur in gleich bleibendem Rhythmus stieg und fiel, gerieten die Blutzuckerschwankungen um zwölf Stunden aus dem Takt. Die Forscherinnen und Forscher werten das als Zeichen dafür, dass die inneren Körperuhren der Teilnehmer auseinanderliefen. Es sei zu einer Fehlanpassung zwischen dem zentralen Taktgeber im Gehirn und den organeigenen Uhren der Leber oder des Darms gekommen, heißt es in der Studie. »Die Daten zeigen: Während der zentrale Schrittmacher noch auf Bostoner Zeit eingestellt war, hatten sich einige periphere Uhren, etwa in der Leber, dramatisch auf eine neue Zeitzone umgestellt«, sagt Frank Scheer, einer der beteiligten Wissenschaftler.
Zudem konnten die Teilnehmer, die nächtliche Mahlzeiten einnahmen, ihren Blutzuckerspiegel nur noch eingeschränkt kontrollieren. Nach dem Essen schnellte er stärker empor und blieb länger erhöht als bei den anderen; die Ausschüttung des blutzuckersenkenden Hormons Insulin setzte verzögert ein. Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg hatten diese Personen einen gesteigerten mittleren Blutzuckerwert.
Bei den Probanden hingegen, die nur während der natürlichen Tageszeiten Nahrung zu sich nahmen, blieben jene Effekte – trotz simulierter Nachtarbeit – aus. Weder kam es zu einer Entkopplung der Körperuhren noch zu einer schlechteren Blutzuckerkontrolle.
Es ist schon lange bekannt, dass häufige oder dauerhafte Verschiebungen des Schlaf-wach-Rhythmus, beispielsweise auf Grund von Schichtarbeit, das Diabetesrisiko erhöhen. Die Wissenschaftler um Sarah Chellappa vermuten basierend auf den aktuellen Erkenntnissen, dass dafür vor allem das veränderte Essverhalten betroffener Personen verantwortlich ist. Würden Nachtarbeiter ihre Essenszeiten weiterhin auf die natürliche Hellphase beschränken, könnte das eine Störung des Zuckerstoffwechsels möglicherweise vermeiden helfen und dazu beitragen, die inneren Körperuhren im Gleichtakt zu halten, schreibt das Team.
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