Sinneswahrnehmung: Nah und fern hören
Stellen Sie sich vor, Ihr Handy klingelt – und Sie wissen nicht, wo das verflixte Ding liegt. Wie schaffen Sie es, halbwegs sicher vom Klang auf die Entfernung des Telefons zu schließen? Wie unser Gehirn die Distanz eines Geräuschs einzuschätzen weiß, wurde bisher wenig untersucht. Nun konnten Forscher des Martinos Center for Medical Research zeigen, dass für diese Berechnung bestimmte Neurone im auditorischen Kortex zuständig sind.
Norbert Kopco und seine Kollegen spielten Probanden zunächst verschiedene Töne aus unterschiedlich großen Entfernungen vor. Die Versuchsteilnehmer sollten jeweils beurteilen, welche von zwei Tonquellen ihnen näher erschien. Oftmals hilft bei dieser Einschätzung die Schallintensität: Ein leiser Ton deutet auf eine größere Entfernung hin. Um diesen Faktor auszuschließen, verwendeten die Forscher Klänge von stetig wechselnder Lautstärke. Bei der Analyse der Fehlerraten zeigte sich, dass die Versuchsteilnehmer vor allem das Verhältnis des direkten und indirekten Schalls für die Entfernungsschätzung nutzten.
Mit Hilfe funktioneller Bildgebung erkannten die Forscher außerdem, dass es Bereiche im auditorischen Kortex gibt, die für die Distanzschätzung verantwortlich sind. Vor allem Neurone im temporalem Planum (PT) sowie in der oberen Windung des Schläfenlappens (superiorer temporaler Gyrus, kurz: STG) waren bei der Entfernungsverarbeitung aktiv. Diese Hirnregionen liegen ganz in der Nähe des so genannten "Wo"-Pfades der Hörbahn, der unter anderem die Richtung erkennt, aus der ein Ton kommt. Unabhängig von Lautstärke, Tonhöhe und Klangfarbe berechnen offenbar spezielle Neurone auch die Distanz einer Geräuschquelle.
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