Verwirrender Erbgutaustausch : Nutzen Phagen Spinnengene in Insektenbakterien?
Ein Bakterium, das Insekten infiziert, kann von Viren gekapert werden, die dafür Gene von Spinnen einsetzen: So fasst das Forscherpaar Sarah und Seth Bordenstein von der Vanderbilt University seine Erkenntnisse aus Metagenomanalysen zusammen, bei denen es das Erbgut des Bakteriophagen WO aus Wolbachia-Bakterien genauer als zuvor unter die Lupe genommen hatte. Die beiden haben damit womöglich zum ersten Mal einen Hinweis darauf gefunden, dass Gene aus höheren Organismen über Umwege des horizontalen Gentransfers und verschiedene Organismenreiche hinweg bis ins Erbgut von Phagen wandern können.
Im WO-Phagen, der sich in Wolbachia-Bakterien vermehrt, entdeckten die Forscher gleich eine ganze Serie von DNA-Abschnitten, die man ähnlich aus dem Erbgut verschiedener Eukaryonten kennt – so zum Beispiel Sequenzen, die in Spinnen und Insekten verschiedene Toxine kodieren, aber auch solche, die bei der Zell-Zell-Interaktion und Transportprozessen über Zellmembranen der höheren Organismen hinweg beteiligt sind. Unter den hübschesten Fundstücken sind die Gene von Latrotoxin, einem der Inhaltsstoffe des Giftcocktails der Schwarzen Witwe.
Das Genom des Phagen ist wohl auch wegen der Importgene mit seinen 14 256 Basenpaaren ungewöhnlich umfangreich. Bisher ist aber nicht geklärt, ob die Wolbachia-Phagen die übernommenen Eukaryontengene auch selbst nutzbringend einsetzen. Denkbar wäre das durchaus, spekulieren die Bordersteins: So könnte der Phage etwa Zellmembrantransporter von Insekten einsetzen, um in jene Insektenzellen einzudringen, in denen ihre Wirte, die Wolbachia-Bakterien, sich vermehren. Ein solcher Zutritt könnte Phagen ohne Hilfe sonst schwerfallen: Sie infizieren nur Prokaryonten, nicht aber die Zellen von Pflanzen, Pilzen oder Tieren.
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