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Illegaler Palisander-Handel: Obszön hohe Profite

Mit äußerster Brutalität wird der Kampf um Thailands Palisander ausgetragen. Lückenhafte Artenschutzbestimmungen ließen die Preise ins Unermessliche steigen.
Bewaffneter Ranger in Thailand

Nov Savom ist erst 26 Jahre alt und schon Witwe. Ihr Mann Po Chanthorn hatte sich im Februar als Holzfäller verdingt. Geschlagen werde sollte im kambodschanisch-thailändischen Grenzgebiet. Natürlich Siam-Palisander. Natürlich illegal. Von dem Einsatz ist Po Chanthorn nie zurückgekehrt.

Was ihm wiederfahren ist, wird nie ganz geklärt werden können. Am wahrscheinlichsten aber ist, dass der junge Tagelöhner von thailändischen Soldaten erschossen wurde. Ihr Baby muss Nov Savom jetzt allein großziehen. Der Kampf um die letzten Bestände des Thailändischen oder Siam-Palisanders (Dalbergia cochinchinensis) wird nicht weniger brutal geführt als die Bandenkriege der Mafia. Verboten ist der Handel mit der Kostbarkeit seit März 2013, als die Holzart auf eine Initiative von Thailand hin in den Anhang II des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) aufgenommen wurde. "Thailand meint es ernst mit dem Schutz", sagt Faith Doherty, Leiterin der Waldkampagne der Environmental Investigation Agency (EIA).

Undercover-Ermittler decken die Strukturen auf

Die gemeinnützige Organisation hat vor wenigen Wochen in Bangkok ihren umfassenden Bericht "Routes of Extinction: The Corruption und violence destroying Siamese rosewood in the Mekong" vorgelegt und erstmals Ross und Reiter im illegalen Holzhandel genannt. Für die Dokumentation (Video) hatten sich EIA-Mitarbeiter als potenzielle Käufer getarnt und in einem gefährlichen Undercover-Einsatz in Laos, Vietnam und China mit Schmugglern, Händlern und Fälschern getroffen.

Chinesisches Luxusbett aus thailändischem Palisander | Das Washingtoner Artenschutzabkommen erlaubt unter bestimmten Bedingungen den Handel mit Siam-Palisander. Deshalb sind entsprechende Produkte im Prinzip legal erhältlich. Doch häufig sind die entsprechenden Zertifikate gefälscht.

Die Kundschaft für diese Palisanderart ist die wachsende Zahl wohlhabender Chinesen. Sessel, Sofas, Tische und Schränke aus dem thailändischen Palisander, die so genannten Hongmu-Möbel, sind das Statussymbol schlechthin. Jeder Preis wird bezahlt. "Die Profite aus den Palisandergeschäft sind obszön hoch", sagt Doherty. Und hohe Nachfrage und zunehmende Beschaffungsschwierigkeiten als Folge der CITES-Listung treiben die Preise weiter: Im März dieses Jahres wurde den EIA-Ermittlern von Händlern im chinesischen Shenzen Siam-Palisander für umgerechnet knapp über 60 000 Euro pro Tonne angeboten.

Die thailändische Art gilt als die kostbarste unter den 33 Hongmu-Spezies. Die gigantische Nachfrage aber hat die Baumart an den Rand der Ausrottung gebracht. Schätzungen gehen davon aus, dass es 2011 in Thailand nur noch rund 100 000 Palisanderbäume gab, was etwa 63 500 Kubikmetern entspricht. Zum Vergleich: Zwischen 2000 und 2013 hatte China laut EIA 3,5 Millionen Kubikmeter Hongmu-Holz importiert. Davon stammte etwa die Hälfte aus der Mekongregion. Geschätzter Wert: 1,8 Milliarden Euro.

Sogar Wurzeln werden ausgegraben

In Thailands Nachbarländern ist die Situation offenbar noch dramatischer: Laos gilt als "logged out", als kahl geschlagen. Und auch in Vietnam gebe es keinen Siam-Palisander mehr, berichteten Händler der EIA in diesem Jahr. In Thailand geht die Mafia inzwischen sogar so weit, in gerodeten Gebieten die Wurzeln auszugraben. "Die Bäume können nicht mal mehr nachwachsen", klagt Doherty.

"Die Nachfrage ist außer Kontrolle geraten"Faith Doherty

International sind die vielen Palisanderarten zumeist unter dem Oberbegriff "rosewood" bekannt. Auch im Deutschen findet sich daher die falsche Übersetzung "Rosenholz" für asiatische Palisanderarten; dabei bezieht sich dieser Ausdruck hier zu Lande ausschließlich auf eine einzige südamerikanische Palisanderart, die Dalbergia decipularis. Mit Rosen oder Rosenstöcken aus der Familie der Rosaceae hat weder das ein, noch das andere zu tun. Frisch aufgeschnitten verströmt es einen rosenähnlichen Duft. Doch den vermutlich weitaus größeren Reiz übt es auf Grund seiner intensiven rötlichen Farbe aus. Rot ist für Chinesen die Glücksfarbe schlechthin.

Möglich machen den schwungvollen Handel zwei entscheidende Lücken im CITES-Reglement: Ganz legal gehandelt werden dürfen zum einen Halbfertigprodukte aus angearbeitetem Holz und zum anderen Holz aus behördlich beschlagnahmten Beständen. Beide Ausnahmen schlachtet die Holzmafia zu ihren Gunsten aus.

Behörden mischen beim Handel mit

In Laos ist laut dem EIA-Bericht das Militär einer der ganz großen Player im Geschäft, oftmals sind Verwandte der Offiziere die Komplizen. In der laotischen Stadt Pakse an der Grenze zu Thailand zum Beispiel ist eine Nichte des örtlichen Armeekommandeurs die Strippenzieherin. Über sie läuft der Verkauf des vom Militär beschlagnahmten Palisanders an Händler in Vietnam und China. "Sie weiß, dass mit den Dokumenten des beschlagnahmten Holzes die fünffache Menge illegalen Holzes gewaschen werden kann", heißt es im EIA-Report. In Vietnam indessen umgehen Händler die CITES-Bestimmungen durch die "Bearbeitung" des Holzes – ein Schnitzer hier, ein Schnitzer da, und schon gilt das Holz als halbfertiges, handelbares Produkt.

Bewaffneter Ranger in Thailand | Durch den Einsatz von Bewaffneten versucht Thailand den illegalen Handel einzudämmen.

Über allem schwebt die Korruption. Sie erlaubt es, dass mit Tonnen von Holzstämmen beladene LKWs ungesehen die Grenzen passieren. Auch profitiert die Fälscherbranche in Laos und Vietnam, die Zertifikate und Gütesiegel aller Art herstellt. Eine "Madame Lin" in Hongkong versicherte den EIA-Rechercheuren, sie könne Container mit Palisander binnen drei Tagen zu jedem Hafen in Guandong liefern. CITES-Exportzertifikate zum Preis von 550 Dollar pro Kubikmeter inklusive. Mit diesen Papieren, so Madame Lin, sei die Erteilung von Importgenehmigungen durch die Behörden in Beijing und Guangzhou kein Problem. Madame war sich ihrer Sache sogar so sicher, dass sie eine Ausfallentschädigung in Höhe von 6500 Dollar pro Tonne versprach, falls die Fracht gestoppt werden sollte.

"Lin vermittelte uns den Eindruck, dass Hongkong ein wichtiger Transitpunkt für Palisanderholzlieferungen ist, weil Dokumente manipuliert werden können. Die Orchestrierung der Schmuggeloperationen liegt jedoch in der Hand von Syndikaten auf dem chinesischen Festland", heißt es in dem Bericht. Darin ist auch von einem Herrn Deng Changhua aus Shenzen jenseits der Grenze von Hongkong die Rede. Deng vertraute den Undercover-Ermittlern von EIA an, er beziehe seine CITES-Genehmigungen aus Laos. "Zum Zeitpunkt unseres Treffens hatte Deng noch CITES-Genehmigungen für einige tausend Tonnen Palisander, wobei jede einzelne Genehmigung für 100 Kubikmeter Siam-Palisander gut war."

Lücken sollen geschlossen werden

Die EIA warnt aber davor, in China den Hauptübeltäter zu sehen. "China gibt sich redlich Mühe, den illegalen Handel mit Palisander einzudämmen. Dazu gehört auch die Umsetzung der CITES-Bestimmungen", betont Doherty. Aber außer dem CITES-Abkommen gebe es in China keine Gesetze gegen den illegalen Handel mit Holz. "Zollbeamte und Polizisten, mit denen wir gesprochen haben, würden gerne mehr tun. Aber durch die fehlenden Rechtsgrundlagen sind ihnen die Hände gebunden." Und dank der exorbitanten Profite werden auch in China der Korruption Tür und Tor geöffnet.

Stapelweise Palisander | Auf dem Markt in Guanlan in der chinesischen Stadt Shenzhen wird Siam-Palisander angeboten – hier finden sich auch Geschäfte, die auf die begehrten Hongmu-Möbel spezialisiert sind.

Trotzdem zeigt die CITES-Listung, obwohl erst vor etwas über einem Jahr beschlossen, schon Wirkung. Händler erzählten den verdeckten EIA-Ermittlern von Beeinträchtigungen. Die Grenze zwischen Laos und Thailand werde zeitweise geschlossen, Kontakte seien nicht mehr bereit, das Risiko des Holzschmuggels aus Laos einzugehen. Früher hätten die "Paten" den sicheren Transport bis nach Hongkong garantiert, zuletzt jedoch keine einzige Lieferung durchführen können.

Händler orientieren sich in rechtsfreie Gebiete Birmas

Gleichwohl drängen die CITES-Vertragsstaaten, die Lücken in den Schutzbestimmungen zu stopfen. "Wir haben bereits konkrete Vorschläge an CITES geschickt", sagt Doherty.

Inzwischen orientieren sich die Händler vermehrt in Richtung Birma. Dort sind die Kontrollen mehr als lax, Korruption ist endemisch, und besonders die bewaldeten Regionen im Grenzgebiet zu Thailand und Laos gelten als weit gehend rechtsfreie Zonen. Birmanisches Militär und die Milizen der ethnischen Minderheiten mischen kräftig mit beim Handel mit Opium, Metamphetaminen, Rubinen, Smaragden und eben auch illegalem Holz.

So wird der Kampf um den Palisander immer brutaler ausgefochten. In Thailand wurden seit 2009 Dutzende Ranger umgebracht. Die Todeszahlen unter den illegalen Holzfällern ist laut EIA um einiges höher. Allein im Jahr 2012 sollen 45 Kambodschaner von thailändischen Sicherheitskräften erschossen worden sein. Es sind Menschen wie Po Chanthorn, die für die Profitgier der Holzmafiabosse und der chinesischen Lust an Luxusmöbeln mit ihrem Leben bezahlen.

Anmerkung (06.07.2016):
Bedauerlicherweise ist uns in der Ursprungsfassung dieses Texts der Fehler unterlaufen, den Siam-Palisander als "Rosenholz" zu bezeichnen. Diese Bezeichnung ist irreführend. Der Fehler wurde behoben, wir bitten um Entschuldigung. Informationen über den CITES-Schutzstatus und die diversen Bezeichnungen der Holzarten finden Sie unter anderem auf den Seiten des Bundesamts für Naturschutz. Auf der im September/Oktober 2016 stattfindenden CITES-Vertragsstaatenkonferenz soll der Schutz des Thailändischen Palisanders neu geregelt und künftig sämtliche Teile und Erzeugnisse des Holzes mit einem Handelsverbot belegt werden. So würden zumindest einige der in diesem Beitrag von 2014 angesprochenen Schlupflöcher geschlossen werden.
Die Redaktion.

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