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Ozeane: Unbekanntes Tiefseeriff vor Galapagos aufgespürt

Nur fünf Prozent des Meeres um die Inselgruppe gelten als annähernd erforscht. Dabei ist der Pazifik hier besonders artenreich und unberührt.
Einblick in das neu entdeckte Tiefseeriff vor den Galapagosinseln
Korallen wachsen auch in der kalten Tiefsee. Das bestätigen neue Funde vor den Galapagosinseln.

Die Galapagosinseln im Pazifik sind bekanntermaßen ein meisterhaftes Beispiel für die Evolution von Arten. Doch während die Natur an Land ziemlich gut erforscht ist, bilden die Gewässer um die Eilande noch weiße Flecken: Nur fünf Prozent gelten als einigermaßen gut untersucht. Jede Expedition in den riesigen Meeresnationalpark kann also sensationelle Entdeckungen liefern. Eine gelang nun »Galápagos Deep 2023«, einer Forschungsfahrt verschiedener Institutionen um die Woods Hole Oceanographic Institution mit Hilfe des U-Boots »Alvin«, bekannt von seinen Tauchfahrten zur »Titanic«: Auf bislang nicht kartierten Unterwasserbergen stieß das Team um Michelle Taylor von der University of Essex auf ausgedehnte, völlig unberührte Tiefseeriffe mit reicher Artenvielfalt.

Die Riffe erstrecken sich demnach in 400 bis 600 Meter Tiefe entlang des Kraterrands eines erloschenen Vulkans, den noch kein Mensch registriert oder gar untersucht hatte. Die Forschungsgruppe profitierte dabei von dem technologisch aufgerüsteten »Alvin«: Unter anderem verfügt das Gefährt jetzt über ein sehr leistungsfähiges Kamerasystem, das hoch aufgelöste Videos und Fotos ermöglicht. Zudem wurde das Tauchboot mit neuen Greifarmen ausgestattet, die flexibler und sensibler als ihre Vorgänger sind – die Probenentnahme gelingt damit besser und schonender.

»Das Faszinierende an diesen Riffen ist, dass sie sehr alt und im Wesentlichen unberührt sind, anders als die Riffe in vielen anderen Teilen der Weltmeere«, sagt der an der Studie beteiligte Stuart Banks von der Charles Darwin Foundation. Neben der Hoffnung, viele Arten, die andernorts gefährdet oder ausgestorben sind, erhalten zu können, bieten die Galapagos-Riffe laut Banks zudem ein Fallbeispiel für ein gesundes Riff, das bei der Wiederherstellung geschädigter Riffe genutzt werden könnte.

Bisher kannte man von der ecuadorianischen Inselgruppe nur Korallenökosysteme in flacherem Wasser. Der schwere El Niño 1982/83 hatte jedoch dafür gesorgt, dass viele davon zerstört wurden. Das überdurchschnittlich warme Wasser des damaligen Ereignisses ließ die an die normalerweise kühlen Meerestemperaturen angepassten Korallen ausbleichen, wovon sie sich bis heute kaum erholt haben. Das Wellington-Riff vor der Küste der Insel Darwin ganz im Norden des Archipels gehört zu den wenigen Ausnahmen, die den El Niño überstanden haben.

Das neu entdeckte Tiefseeriff ist zudem aus verschiedenen Gründen ein herausragender Fund: Während in flachen Riffen ein Korallenbewuchs von 10 bis 20 Prozent als relativ ungesund angesehen wird, ist dies in der Tiefsee die Norm. Die verbleibenden 80 bis 90 Prozent an abgestorbenen Korallenskeletten bieten immer noch einer großen Vielfalt an Organismen einen Lebensraum. »Alvins« Tauchfahrt führte jedoch in ein Ökosystem, das mindestens zur Hälfte mit lebenden Korallen bewachsen ist, was bis dahin nur sehr selten beobachtet wurde. »Das Riff ist unberührt und wimmelt nur so vor Leben wie rosa Tintenfischen, Fledermausfischen, Langusten und einer Vielzahl von Tiefseefischen, Haien und Rochen. Das ist ein Ort, an dem wir im Lauf der Zeit beobachten können, wie sich ein unberührter Lebensraum in unserer aktuellen Klimakrise entwickelt«, sagt Michelle Taylor.

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