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Navigation: Polarisiertes Mondlicht führt Ameisen zurück zum Nest

Erstmals weisen Fachleute nach, dass der auf polarisiertem Licht basierende Himmelskompass bei Ameisen selbst nachts funktioniert. Und das, obwohl Mondlicht zigtausendfach schwächer ist als Sonnenlicht.
Ameisen-Silhouette vor einem Vollmond am Horizont.
Selbst das schwache Mondlicht reicht aus, um den auf polarisiertem Licht basierenden Himmelskompass von Ameisen zu kalibrieren.

Viele Tiere finden sich mit Hilfe der Sonne im Gelände zurecht. Das funktioniert sogar, wenn Wolken das Gestirn verdecken: Die Schwingungsrichtung der Lichtwellen, Polarisation genannt, verrät, woher das Licht kommt. Auch wenn man die Quelle nicht direkt sehen kann, prägt sie dem diffusen Umgebungslicht ihr Muster auf. Zahlreiche Tiere können es wahrnehmen und sich daran orientieren. Bulldoggenameisen gelingt jedoch ein besonderes Kunststück: Sie nutzen die Polarisation des mehr als 50 000-fach schwächeren Mondlichts. Das hat ein Team um Cody A. Freas von der Macquarie University (Sydney) in Experimenten mit der Ameisenart Myrmecia midas gezeigt. Die Forschungsgruppe platzierte Polarisationsfilter über den Ameisen, woraufhin diese ihre Laufrichtung änderten.

Bulldoggenameisen sind vor allem dämmerungsaktiv und verlassen sich auf die Polarisationsrichtung des Sonnenlichts, um sich bei der Nahrungssuche zu orientieren. Sie kombinieren dabei Merkmale der Landschaft mit dem »Himmelskompass« aus polarisiertem Licht und finden so die Richtung zu ihrem Nest. Manche Arbeiterinnen kehren allerdings erst weit nach Sonnenuntergang von der Nahrungssuche zurück – und das genauso sicher und präzise wie tagsüber. Es war zwar naheliegend, dass die Tiere hierbei das Mondlicht nutzen, aber ob dessen geringe Intensität genug Informationen für den Himmelskompass liefern kann, schien fraglich.

Wie die Gruppe um Freas berichtet, reicht die Stärke des Mondlichts jedoch dafür aus. Und das keineswegs nur bei Vollmond, sondern ebenso beim Schein der Mondsichel, der noch einmal um einige Größenordnungen schwächer ist. Das Team nutzte einen Polarisationsfilter auf einem Drahtgestell, den es über wandernde Ameisen stellte. Der Filter veränderte das Polarisationsmuster des sichtbaren Himmels, das die Tiere wahrnahmen.

Ein Vergleich der Insekten-Laufwege vor und nach dem Erscheinen des Filters zeigte: Entsprechend der veränderten Polarisation schlugen die Tiere eine andere Bewegungsrichtung ein, und zwar unabhängig von der Mondphase. Dabei folgten sie dem Himmelskompass allerdings nicht völlig stur: Je näher sie am Heimatnest waren, desto weniger modifizierten sie ihre Richtung. Das liege daran, dass die Ameisen weitere Navigationshilfen mit dem Himmelskompass »verrechnen« – etwa Merkmale des Geländes. Letztere bekämen in Nestnähe ein immer größeres Gewicht. Dieses Verhalten entspreche exakt der bereits bekannten Navigation anhand polarisierten Sonnenlichts.

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  • Quellen
eLife 10.7554/eLife.97615.1, 2024

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