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Pompeji: Wie Erdbeben den antiken Vesuvausbruch verschärften

Der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 löste eine Serie katastrophaler Ereignisse aus. Asche, Bims und heißes Gas zerstörten die antiken Städte am Golf von Neapel. Doch einen Faktor haben Fachleute wohl bislang noch unterschätzt: Erdbeben.
Gemälde des russischen Malers Karl Brjullow »Der letzte Tag von Pompeji« aus den Jahren 1830 bis 1833. Es zeigt Menschen auf der Flucht vor dem Ausbruch des Vesuvs.
Pompejaner auf der Flucht: Der russische Maler Karl Brjullow schuf das Gemälde »Der letzte Tag von Pompeji« in den Jahren 1830 bis 1833.

Was im Jahr 79 am Golf von Neapel geschah, ist einigermaßen gesichert: Beben kündeten eine massive Eruption des Vesuvs an. Dann explodierte der Berg. Eine kilometerhohe Rauchsäule stieg auf, es regnete Asche und hagelte Bimsbrocken. Danach kollabierte die Säule und jagte pyroklastische Ströme aus heißem Gas die Vulkanhänge hinab. Die extreme Hitze fegte alles Leben hinweg. Nach weniger als zwei Tagen lagen die Städte Pompeji, Herculaneum und Stabiae unter meterdickem vulkanischem Auswurf begraben.

Beim altbekannten Hergang des Vesuvausbruchs sei jedoch bislang ein Faktor unterschätzt worden, sagen nun Domenico Sparice vom Vesuv-Observatorium in Neapel, Gabriel Zuchtriegel vom Archäologischen Park Pompeji und ihre Kollegen. So sollen Erdbeben erheblich zur Zerstörung beigetragen haben. Die Menschen seien demnach nicht nur durch die Vulkanaktivitäten umgekommen, sondern auch durch herabstürzende Bauteile, schreiben die Fachleute im Fachjournal »Frontiers in Earth Science«.

Das Team aus Archäologen, Bauforschern, Vulkanologen und Anthropologen untersuchte einen Häuserblock im Zentrum von Pompeji, die »Insula dei Casti Amanti«. Dort war man bei den Ausgrabungen eines Gebäudes – des so genannten »Hauses der Maler bei der Arbeit« – auf die Skelette zweier Männer gestoßen, die auf einer Schicht vulkanischen Gesteins lagen. Folglich hatten die beiden die erste Phase des Ausbruchs, als Bims und Asche herabgeregnet waren, überlebt. Nachdem der Auswurf versiegt war, so vermuten die Forscher, erschütterten Beben die Region. Sie brachten Wände zum Einsturz, die die Männer unter sich begruben. Davon zeugen schwere Knochen- und Schädelbrüche an den Skeletten. Ähnliche Verletzungen kennen Experten auch von Erdbebenopfern aus heutiger Zeit.

Erdbeben während des Vesuvsausbruchs

Aus der Lage der Wände und des vulkanischen Materials, das teils durch Fenster und Türen in das »Haus der Maler bei der Arbeit« gerutscht war, folgern die Fachleute, dass Erdbeben die Mauern verschoben hatten. Bei den Ausgrabungen wurden in pompejanischen Häusern bislang die Überreste von 345 Menschen gefunden. Sie seien umgekommen, als Asche und Bims die Dächer eingedrückt hatten, so die Annahme. Sparice, Zuchtriegel und ihr Team vermuten nun, dass aber auch Erdbeben eine Rolle spielten. Die meisten der Opfer dürften allerdings durch die pyroklastischen Ströme umgekommen sein.

Opfer der Erdbeben | In Räumen des »Hauses der Maler bei der Arbeit« in Pompeji stießen Archäologen auf die Überreste zweier Männer. Sie waren durch umgestürzte Mauern umgekommen.

Dass die Erde tatsächlich auch während des Vulkanausbruchs bebte, bezeugt Plinius der Jüngere (61/62–113/115). Er erlebte die Eruption im benachbarten Misenum und beschrieb dem Historiker Tacitus (um 58–120) die Ereignisse in zwei Briefen. Darin erwähnt er, dass Karren in verschiedene Richtungen fortrollten, obwohl sie auf ebener Straße standen.

In den Jahren von 62 bis 79 erschütterten immer wieder Erdbeben die Region am Golf von Neapel – auch kurz vor der Katastrophe des Jahres 79. Die Menschen scheinen die Erschütterungen jedoch nicht zur Flucht bewogen zu haben, wie Plinius der Jüngere in einem Brief an Tacitus nahelegt: »Zuvor schon hatte die Erde viele Tage hindurch gezittert, was deswegen wenig beängstigend war, weil man das in Kampanien gewohnt ist.«

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