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Sozialverhalten: Rachsüchtige Babys

Kleinkinder entwickeln Gerechtigkeitssinn schon im ersten Lebensjahr.
Puppen

Kinder wie Erwachsenen verurteilen üblicherweise asoziales Verhalten. Doch wenn es sich gegen jenen richtet, der selbst Böses begangen hat, drückt man gerne ein Auge zu. Wie Psychologen um Kiley Hamlin von der University of British Columbia in Vancouver zeigen, machen Babys es nicht anders: Sie wenden sich eher denjenigen zu, die böse Taten bestrafen, als denen, die sie ungerührt dulden.

Puppentheater | Kleinkinder beobachten "liebe" und "böse" Puppen. Anschließend greifen sie meist zur "lieben" Puppe – es sei denn, die "böse" Puppe hat eine anderen Bösewicht betraft.

Die Forscher hatten bereits 2007 herausgefunden, dass Kleinkinder schon sehr früh die "Guten" von den "Bösen" unterscheiden. So ziehen Babys eine Handpuppe, die sich einer anderen gegenüber hilfsbereit verhalten hat – etwa beim Öffnen einer Box, in der sich ein Spielzeug befindet – dem Störenfried vor, der das verhindert (siehe Video unten). Ihr Werturteil drücken die kleinen Versuchsteilnehmer aus, indem sie spontan nach der guten, helfenden Puppe greifen und die asoziale missachten. Doch wie werden nun Drittpuppen gewertet, die sich wiederum lieb oder unartig dem Bösewicht gegenüber verhalten – zum Beispiel, indem sie ihm den eben verlorenen Ball zurückgeben oder stibitzen?

Das Experiment zeigte: Fünf Monate alte Kinder nahmen sich lieber die hilfsbereite Puppe – unterstützten also stets das kooperative Verhalten. Acht Monate alte Probanden schlossen sich dagegen eher dem Ballräuber an. Ab diesem Alter waren also die Babys in der Lage, die Tat nicht mehr nur nach ihrer Natur zu beurteilen – lieb oder böse –, sondern entwickelten auch einen Sinn für Gerechtigkeit: Eine hilfsbereite Geste erschien nur noch dann als gut, wenn sie verdient war. Mit 21 Monaten schlüpften sie gar selbst in die Rolle des Rächers und setzten ihr moralisches Urteil in Taten um: Während sie meist die liebe Puppe mit einer Süßigkeit belohnten, wurde sie der bösen entnommen.

Laut den Psychologen dient dieses Gerechtigkeitsbedürfnis dem Selbstschutz: Asoziales Verhalten werde früh als potenzielle Gefährdung erkannt. Die Tendenz, sich denjenigen anzuschließen, die Untaten zügeln, scheint nach Ansicht der Forscher nicht nur angelernt zu sein. Ihre frühe Ausprägung deute vielmehr darauf hin, dass sie zumindest teilweise auch angeboren ist. (ev)

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