Saturn: Abschied von Cassini
Am 15. September 2017 beendet die Raumsonde Cassini ihren Umlauf um Saturn. Auf eine Serie von letzten Kommandos hin stürzt sie in die Atmosphäre des Gasplaneten, aus dessen Orbit sie 13 Jahre lang durchaus Ehrfurcht gebietende, höchst detaillierte und geradezu intime Bilder geschickt hat (Hier können Sie den Absturz verfolgen). Dieses kontrollierte Ende soll jedes Risiko einer Kollision mit einem der Saturnmonde ausschließen; bald ließe sich die Raumsonde wegen der zur Neige gehenden Treibstoffvorräte nicht mehr steuern.
Meine Kollegen und ich sind seit 1990 ein Teil der Mission. Zunächst war die Raumsonde nur eine vage Idee, später begleitete ich sie als Leiterin des für die Kamera verantwortlichen Teams durch die Planung und den Bau und war schließlich beim Start am 15. Oktober 1997 in Cape Canaveral in Florida dabei. Wiederum sieben Jahre später verfolgte ich gebannt, wie Cassini 2004 am Ziel ankam. Nach all den Jahren des Wartens begann in diesem Augenblick eine neue Ära der Planetenforschung.
Keine Raumsonde hat jemals aus solcher Nähe und über einen so langen Zeitraum hinweg ein so vielfältiges System wie dasjenige des Planeten Saturn erkundet. Auf seinem Eismond Titan entdeckten wir Seen aus Kohlenwasserstoff und Umweltprozesse von geradezu irdisch anmutender Komplexität. Wir haben verfolgt, wie in Saturns Atmosphäre gewaltige Stürme ausbrachen und wieder abflauten. In seinen Ringen konnten wir bis dahin nie gesehene Vorgänge untersuchen, die sich ähnlich auf ganz anderen Skalen abgespielt haben dürften – nämlich bei der Entstehung unseres Planetensystems. Wir kartografierten die formenreichen Landschaften seiner Monde wie Seefahrer, entdeckten neue Begleiter und bizarre Objekte innerhalb der Ringe selbst. Und nicht zuletzt der meiner Meinung nach bemerkenswerteste Fund: Am Südpol des Monds Enceladus sprühen mehr als 100 Fontänen aus einem im Untergrund verborgenen Ozean, der vielleicht sogar lebensfreundliche Bedingungen bieten könnte. Cassinis Geschichte ist die einer einträglichen Expedition ins äußere Sonnensystem – eine Geschichte, die nun endgültig vorbei ist.
Miniaturausgabe des frühen Sonnensystems
Astronomen meldeten erstmals in den 1980er Jahren Bedarf an einer umfassenden Untersuchung des Saturnsystems an. Da waren gerade die beiden Raumsonden der Voyager-Mission auf ihrem Weg ins äußere Sonnensystem am Planeten und seinen Monden vorbeigeflogen und hatten erste interessante Erkenntnisse gebracht, letztlich aber mehr neue Fragen aufgeworfen. Die Daten legten die Komplexität von Saturns Innenleben, seiner Atmosphäre und seines Magnetfelds offen. In der gigantischen Eis- und Staubscheibe seiner Ringe waren ansatzweise die gleichen Prozesse der Strukturbildung zu erkennen, die wahrscheinlich unser Sonnensystem entstehen ließen und Planeten um ferne Sterne formen. Voyager entdeckte bei Saturn Hinweise auf dynamische Vorgänge auf zahlreichen Monden; die Oberfläche des größten Trabanten, Titan, blieb allerdings unter einer dichten Atmosphäre verborgen. In all diesen Erscheinungen sahen viele Astronomen ideale Ziele für eine neue Mission, die hier gleich mehrere Schlüsselprozesse des Sonnensystems aus der Nähe untersuchen könnte.
Cassini war von Anfang an ein internationales Projekt, bei dem die Partner der US-Raumfahrtbehörde NASA und der europäischen Raumfahrtagentur ESA das Voyager-Programm in allen Aspekten deutlich übertreffen wollten. Das gelang nicht nur bei der Größe des Gefährts, sondern auch bei seiner Ausstattung. Sie umfasste die bis dahin modernsten jemals ins äußere Sonnensystem geschossenen Geräte sowie die vier Meter große, aerodynamisch optimierte Landesonde Huygens, die mitsamt sechs wissenschaftlichen Instrumenten an Bord in die Atmosphäre des Monds Titan eintauchen sollte.
Nach seiner Reise durch das innere Sonnensystem erreichte Cassini am 1. Juli 2004 den Saturn und trat in eine Serie von Umlaufbahnen ein, die auf den ersten Blick verworren wirken, tatsächlich aber höchst präzise berechnet waren. Damit wir das System unter möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln, Lichtverhältnissen und Abständen betrachten konnten, führten wir Cassini mal enger, mal weiter sowie in verschiedenen Bahnneigungen um den Planeten. Manchmal entdeckten wir etwas besonders Spannendes und änderten bestehende Pläne, um die Kamera der Sonde noch ein weiteres Mal – und manchmal viele Male – auf dieselbe Stelle auszurichten.
Die Länge der Mission war von entscheidender Bedeutung für ihren Erfolg. Einerseits stiegen so die Chancen, Zeugen zufälliger Ereignisse wie Kollisionen in den Ringen zu werden. Andererseits konnten wir nur so die jahreszeitlichen Änderungen verfolgen, die sich durch die wechselnde Beleuchtung während der langsamen Bahnbewegungen des Planeten und seiner Monde ergaben – ein Jahr auf Saturn entspricht 29,5 irdischen. Die Primärmission von Cassini dauerte vier Jahre, doch die bis 2008 erzielten Erfolge erleichterten es uns, erfolgreich mehrere Verlängerungen durchzusetzen. Ein erster Lohn war die Tag-und-Nacht-Gleiche im August 2009: Wir wurden Zeugen, wie das Licht der Sonne genau parallel über die Ebene der Ringe streifte und jede Erbhebung darauf lange und deutlich erkennbare Schatten warf.
Insgesamt blieb Cassini beinahe ein halbes Saturnjahr im Orbit. Die Raumsonde erreichte den Planeten in seinem späten Südsommer und beendete ihre Arbeit im Nordsommer. Wir konnten also fast alle Jahreszeiten beobachten, freilich nicht auf der gleichen Halbkugel: Wir verfolgten anhand der südlichen Hemisphären von Saturn und Titan, wie diese Welten vom Sommer in den Winter übergingen, und mittels der nördlichen Hemisphären die Veränderungen zwischen Winter und Sommer.
Saturns Monde – spannende Welten statt öder Eisklumpen
Bis zum Beginn des Raumfahrtzeitalters dachten Wissenschaftler noch, die Monde im äußeren Sonnensystem wären geologisch betrachtet tote, öde Eisklumpen. Seit Voyager war klar, dass es sich dabei um einen gewaltigen Irrtum handelte; die Cassini-Mission sollte nun dabei helfen, die Entstehungsgeschichte der unterschätzten Trabanten aufzuklären.
Im Fall des Mondes Iapetus war dessen Zweiteilung lange ein Rätsel: Eine Hälfte von ihm schien weiß wie Schnee, die andere tiefschwarz. Cassinis hochauflösende Bilder und seine Temperaturmessungen enthüllten, dass der Mond sogar auf kleineren Skalen schwarz-weiß gescheckt ist, und lieferten zugleich eine mögliche Erklärung. Offenbar handelt es sich um einen selbstverstärkenden Prozess, der so nur auf dem langsam rotierenden Mond auftritt. Anfangs etwas dunklere Regionen heizen sich durch die stärkere Lichtabsorption auf, verdampfen Eis und werden dadurch immer dunkler und heißer. Hellere Bereiche hingegen kühlen aus und fangen das sublimierte Eis wieder ein, wodurch sie noch heller werden.
Aber wie konnte sich diese Zweiteilung über eine ganze Hemisphäre erstrecken? Während Iapetus Saturn umkreist, durchkreuzt er Regionen mit dunklem, fein verteiltem Material, das von einem weiter entfernten, irregulären Satelliten namens Phoebe stammt. Die in Iapetus' Bewegungsrichtung gelegene Mondhälfte sammelt diesen Staub ein und wird dadurch dunkler, wärmer und eisfrei. Rätsel gelöst.
Ein weiterer bemerkenswerter Mond ist Titan. Die Kameras von Cassini waren dafür ausgelegt, im sichtbaren und nahinfraroten Spektralbereich möglichst tief in den Dunst der Atmosphäre zu blicken; insbesondere das Radarinstrument konnte diese Schicht gut durchdringen. Dazu kam die Sonde Huygens, die während ihres Abstiegs 2005 ganze zweieinhalb Stunden lang Panoramabilder aufnahm, die Atmosphärenzusammensetzung vermaß und Wind- und Temperaturdaten aufzeichnete, bevor sie schließlich auf dem Boden landete. Die Welt wirkte wie aus einem Sciencefiction-Roman – die Landschaften und die Strömungen und Schichtungen der Atmosphäre sahen zwar irgendwie vertraut aus, waren aber aus ganz anderen Substanzen als ihre irdische Entsprechung.
Wie wir herausfanden, bestehen die Seen auf Titan nicht aus Wasser, sondern aus flüssigem Methan. Am Südpol des Mondes sichtete die hochauflösende Kamera von Cassini ein solches Reservoir etwa von der Größe des amerikanischen Lake Ontario. Weitere Instrumente bestätigten, dass der (deswegen Ontario Lacus genannte) See tatsächlich mit Methan gefüllt ist. Wir haben noch weitere solcher Seen von sehr unterschiedlicher Größe gefunden, von denen die meisten in den nördlichen Breiten vorkommen. Radarbilder enthüllten zerklüftete Küstenlinien, die aber nicht aus Felsen bestehen, sondern aus steinhartem Eis. Huygens war dagegen auf einer der am Äquator gelegenen Ebenen gelandet. Sie sind eher trocken und mit Dünen bedeckt, werden gelegentlich von Hochebenen unterbrochen und erstrecken sich einmal um den ganzen Mond.
Die mit flüssigen organischen Substanzen gefüllten Seen boten viel Anlass zu Spekulationen über mögliches Leben darin. Allerdings ist die Oberfläche minus 180 Grad Celsius kalt. Ähnliche Reaktionen wie die, die in unserer Vorstellung für Leben nötig sind, finden unter solchen Bedingungen wohl kaum statt.
Die meiner Ansicht nach größte Entdeckung gelang jedoch auf einem zehnmal kleineren Eismond als Titan: auf Enceladus. Bereits die Voyager-Mission lieferte faszinierende und unerwartete Bilder, die eine sehr ebene Mondoberfläche offenbarten und auf eine Aktivität im Inneren schließen ließen, möglicherweise sogar auf flüssiges Wasser unter der Eiskruste. Das hatten Astronomen bei einem so kleinen Mond nicht erwartet.
Cassini lieferte die ersten Anzeichen für eine solche Aktivität bereits im Januar 2005. Wir sahen eine Fontäne von Eispartikeln am Südpol – und nicht nur wir, sondern die ganze Welt, da alle Bilder sofort für die Öffentlichkeit verfügbar waren. Im Internet machte sich Aufregung breit. Kurz darauf bestätigten Messdaten von anderen Instrumenten, dass es sich um ein reales Phänomen handelte. Die Missionsplaner machten sich sofort daran, die Umlaufbahnen der Sonde anzupassen, um das Ereignis näher betrachten zu können. Diese ersten Beobachtungen waren vollkommen verblüffend, doch erst die Verlängerung der Mission 2008 erlaubte es uns, diesen Vorgängen mehr Zeit und Ressourcen zu widmen.
Enceladus präsentierte sich als Mond, der von der starken Anziehung seines Planeten regelrecht durchgeknetet wird. Diese Gezeitenkräfte erzeugen eine enorme Wärme im Inneren, genug, um einen bis zu 50 Kilometer tiefen Ozean unter dem wenige Kilometer dicken Eis der Oberfläche flüssig zu halten. Am Südpol schießen mehr als 100 Geysire aus Rissen und schleudern Eis und Dampf hunderte Kilometer in die Höhe. Der Großteil davon fällt wieder zurück auf Enceladus, doch etwas Material entkommt und erzeugt Saturns diffusen, aber ausgedehnten so genannten E-Ring.
Cassini ist einige Male durch diese Dämpfe geflogen und hat ihre Zusammensetzung analysiert. Die Tröpfchen enthielten komplexe organische Moleküle und andere Verbindungen, die insgesamt frappierend an hydrothermale Tiefseequellen auf der Erde erinnerten. Auch der Salzgehalt schien irdischen Verhältnissen zu entsprechen. Der Dampf enthielt einfachere organische Verbindungen, Kohlenstoffdioxid und Ammoniak.
Nun war offensichtlich: Unter der Oberfläche von Enceladus herrschen die richtigen Bedingungen. Dort sind alle Zutaten vorhanden, um Leben aufrechterhalten oder möglicherweise sogar aufkommen zu lassen. Auf keinem anderen Himmelskörper passen nach aktuellem Wissensstand alle Umstände besser zusammen als hier, um einige der bedeutendsten Fragen der Astrobiologie zu beantworten. Ist hier ein zweites Mal in unserem Sonnensystem Leben entstanden? Lässt es sich in den Fontänen nachweisen? Einige meiner Kollegen sind davon so fasziniert, dass sie bereits Missionen planen, um dem nachzugehen.
Überwältigend komplexe Wechselspiele: Die Ringe
Das, was Saturn berühmt gemacht hat, sind freilich seine imposanten Ringe. Ein Hauptziel der Cassini-Mission war, ihre Entstehungsgeschichte, ihren Aufbau und die dynamischen Vorgänge darin zu verstehen. Die Ringe sind ein natürliches Endprodukt beim Kollaps einer rotierenden Staubwolke. Somit sind sie zugleich ein gutes Modell für die Entstehung von Planetensystemen.
An einigen Stellen beeinflusst die Gravitation eines der weiter außen gelegenen Monde die Umlaufbahnen der Staubteilchen und regt beispielsweise wellenförmige Störungen an, die sich in Spiralmustern nach außen ausbreiten. In anderen Regionen befinden sich Monde innerhalb der Ringe, was für interessante Effekte sorgt. So trägt beispielsweise der nur 30 Kilometer große Mond Pan entlang seines Äquators eine Art Halskrause aus Ringmaterial, das er auf seinem Weg aufliest.
Wo in den Ringen eine besonders hohe Dichte herrscht, haben wir Wellen mit Längen zwischen 100 Metern und hunderten Kilometern entdeckt. Sie prallen von abrupten Unterschieden in der Staubkonzentration ab und interferieren miteinander, was für eine auf den ersten Blick chaotische Gestalt sorgt. Unser Verständnis von den Vorgängen umfasst nun auch Prozesse, die mein Kollege Mark Marley von der NASA und ich bereits 1993 vorhergesagt haben: Akustische Oszillationen auf Saturn wirken sich auf die Struktur der Ringe aus. Diese sind somit eine Art riesiger Seismograf.
Die Tag-und-Nacht-Gleiche 2009 hielt für uns die meisten Überraschungen bereit. Entlang der scharfen Außengrenze des massereichsten B-Rings fanden wir eine 20 000 Kilometer lange Reihe von spitz zulaufenden Schatten, durch die sich eine Art Bergkette verriet – Wellen von Staubteilchen, die bis zu drei Kilometer hoch aus der Ringebene herausragten. Sie entstehen möglicherweise durch die extreme Kompression von Material in der Umgebung so genannter Moonlets, sehr kleiner Trabanten am Rand der Ringe, analog zu irdischen Wasserwellen, die auf eine Steilküste prallen und in die Höhe schießen.
Außerdem fanden wir ein sehr subtiles Spiralmuster, das sich ohne Unterbrechung 19 000 Kilometer weit quer durch die inneren C- und D-Ringe erstreckte. Durch hartnäckige Detektivarbeit konnte ein Team um Matthew Hedman, der nun an der University of Idaho forscht, dieses Phänomen schließlich mit Einschlägen von Material aus einem Kometen erklären. Sie fanden vermutlich im Jahr 1983 statt. Dieses Ereignis brachte alle Ringteilchen in der Impaktregion in leicht geneigte Umlaufbahnen und führte zu Taumelbewegungen, deren Wechselspiel im Lauf der Jahre zu einem Riffelmuster geführt hat. Das alles existierte zum Zeitpunkt des Vorbeiflugs der Voyager-Sonden noch nicht. Die Entstehung und Verwandlung solcher Strukturen verdeutlichen nicht nur, auf welch faszinierende Weise sich Saturns Ringsystem in kleinen Zeiträumen verändern kann, sondern führen uns zugleich die unvorstellbare Dynamik und Komplexität des gesamten Sonnensystems vor Augen, das ja den gleichen Gravitationsgesetzen gehorcht, lediglich auf anderen Zeit- und Größenskalen.
Eine stürmische und dichte Atmosphäre
Auch in der Atmosphäre des Saturn deckte Cassini einige unerwartete Vorgänge auf. Mit ihren Instrumenten konnte die Sonde in verschiedene Höhen blicken und identifizierte globale Windmuster sowie vertikale Strukturen und die Zusammensetzungen der einzelnen Schichten. Wie sich herausstellte, teilt sich Saturns Atmosphäre in ähnlicher Weise in Bänder auf wie die seines größeren Nachbarn Jupiter. Allerdings ist das von außen nicht so leicht zu erkennen, da ein dichter Nebel die oberste Wolkenschicht aus Ammoniak einhüllt.
Als Cassini dort hindurch in die Troposphäre schaute, wurde klar, dass die Abfolge der Bänder vom Breitengrad abhängt. Schmalere sind dunkler und zeigen Starkwindregionen an, während breitere Bänder tendenziell heller und von geringeren Sturmgeschwindigkeiten geprägt sind, vielleicht bis hin zum Stillstand relativ zur Eigendrehung des Planeten. Insgesamt scheint die Atmosphäre Saturns ein recht dauerhaftes Gebilde zu sein. Selbst eine interessante hexagonale Struktur über dem Nordpol, die Voyager entdeckt hat, hat sich seither kaum verändert. Wie sich langsam herauskristallisiert, scheint Stabilität eine charakteristische Eigenschaft der Gasplaneten zu sein: Da es keine feste Oberfläche unter den Strömungen gibt, welche die Bewegungen durch Reibung verlangsamen könnte, halten sich Muster sehr lange, sobald sie einmal angeregt worden sind.
Saturns Atmosphäre ist allerdings nicht vollkommen unveränderlich; sie wechselt mit den Jahreszeiten. Als Cassini den Planeten erreichte, erwartete uns in der nördlichen, winterlichen Atmosphäre ein unerwarteter Anblick: Der Himmel war blau! Durch die geringere Einstrahlung von ultraviolettem Licht sowie die Abschattung durch die zur Sonne gekippten Ringe dünnte die Dunstglocke über der Winterhemisphäre aus. Die Atmosphäre wurde klarer und ermöglichte eine stärkere Streuung des Sonnenlichts analog zu den Effekten im blauen Himmel der Erde; außerdem schluckte das enthaltene Methan die roten Wellenlängen.
Seit gut einem Jahrhundert sehen Astronomen, dass auf Zeitskalen von Jahrzehnten gigantische Stürme ausbrechen und wieder abflauen. Wir hatten das Glück, gegen Ende des Jahres 2010 einen solchen zu erleben. Gebannt verfolgten wir, wie in der nördlichen Hemisphäre eine kleine Störung über einen Zeitraum von etwa 270 Tagen anwuchs, allmählich einmal um den ganzen Planeten griff und wieder verschwand. Auch das war etwas, was zuvor noch keine Raumsonde beobachtet hatte. Wir vermuten, dass relativ warmes Wasser einige Jahrzehnte lang in der untersten Atmosphärenschicht gefangen bleibt, während die leichtere äußere Schicht aus Wasserstoff Energie an den Weltraum abgibt. Erst wenn sie kühl genug ist, beginnen plötzlich Konvektionsströme: Der Auftrieb gewinnt Oberhand, und die großen Gasmengen können sich ihren Weg nach außen bahnen.
Vom Beginn 1990 bis zu ihrem dramatischen Ende im September 2017 war die Mission Cassini eine der erfolgreichsten Entdeckungsreisen in der sechs Jahrzehnte dauernden Geschichte der Erkundung anderer Planeten. Dank Cassini verstehen wir nun die Bedingungen, unter denen Saturn entstand und unter denen er sich verändert, wesentlich besser – und damit auch die Umstände, unter denen sich unser ganzes Sonnensystem gebildet hat und weiterentwickelt.
Während all dieser Jahre Teil dieses großartigen Abenteuers gewesen zu sein, war ebenso strapaziös wie segensreich. In absehbarer Zukunft werden wir wohl keine Saturnmission erleben, die sich mit dieser messen kann. Unser Team verabschiedet sich von der Raumsonde Cassini mit großem Dank und im Wissen, dass ihre Erkenntnisse die Menschheit noch einige Zeit lang beschäftigen werden.
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