News: Reparatur mit Fehlern
Für die Verdopplung unseres Erbgutes sorgen spezielle Enzyme, die jedoch ihre Arbeit einstellen, sobald sie auf einen Fehler im DNA-Strang treffen. Dann springen "Notfall-Spezialisten" ein, die es mit der Fehlertoleranz nicht so genau nehmen.
Die DNA, der Träger unserer Erbinformation, ist ein reaktives Molekül, das durch verschiedene Umwelteinflüsse wie UV-Licht oder Chemikalien, aber auch ohne äußere Einwirkungen ständig in seiner Stabilität gefährdet ist. Um sich gegen den drohenden Verlust von Erbinformation zu wehren, haben die Zellen ausgefeilte Mechanismen zur Reparatur ihres genetischen Materials entwickelt, die in allen Organismen sehr ähnlich ablaufen.
Als doppelsträngiges Molekül trägt die DNA sämtliche Information in zweifacher Form. Deshalb lassen sich Schäden in einem der beiden Stränge fehlerfrei mit Hilfe der Information des intakten gegenüberliegenden Stranges reparieren. Kritisch wird jedoch die Situation für die Zelle während der Replikation, also der Verdopplung der DNA, wenn sich die beiden Stränge voneinander trennen. Denn DNA-Polymerasen, also jene Enzyme, die für die Replikation verantwortlich sind, können geschädigte Abschnitte nicht überwinden, da hier die genetische Information für sie nicht ablesbar ist. Bleibt die DNA-Replikation deshalb stecken, kann sich die Zelle selbst nicht mehr vermehren.
In diesem Fall steht der Zelle ein Notprogramm zur Verfügung. Dieses erlaubt ihr, trotz des DNA-Schadens die Verdopplung des Genoms zu vollenden. Dazu übernehmen alternative DNA-Polymerasen zeitweilig die Replikation, die weniger "penibel" sind und es hinsichtlich ihrer Kopiervorlage nicht so genau nehmen. Diese "Notfallkopierer" arbeiten allerdings auf Kosten der Genauigkeit, denn ihre Toleranz gegenüber DNA-Schäden erkaufen sich diese Enzyme durch eine wesentlich höhere Fehlerrate beim Kopieren. So entstehen durch ihre Aktivität Mutationen im Genom, die in höheren Organismen eine unkontrollierte Vermehrung der Zelle auslösen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Krebsentstehung leisten können.
Die Notfall-Polymerasen sind also ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite sorgen sie dafür, dass eine Zelle sich selbst unter ungünstigen Bedingungen noch erfolgreich vermehren kann. Auf der anderen Seite nimmt der Organismus damit unerwünschte Mutationen in Kauf, die in der Zukunft Gesundheit und Funktionstüchtigkeit seiner selbst sowie seiner Nachkommen beeinträchtigen könnten. Deshalb ist es nicht überraschend, dass eine Zelle den Einsatz dieser Spezialisten sehr genau überwacht und sie nicht unkontrolliert agieren lässt.
Erste Hinweise, wie die Zelle hier regulierend eingreift, hatten im Jahr 2002 Zellbiologen am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried gefunden. Die Forscher hatten damals gezeigt, dass ein Protein namens PCNA, das in der Zelle als Helfer der DNA-Polymerasen fungiert, durch Verknüpfung mit einem weiteren Protein, dem Ubiquitin, verändert wird, wenn die Zellen DNA-schädigenden Substanzen ausgesetzt sind. Diese Veränderung erfolgt durch die schrittweise Ankopplung von mehreren Ubiquitin-Molekülen zu einer Kette und fördert die Reparatur von DNA-Schäden, ohne die Notfall-Polymerasen in Anspruch zu nehmen.
Jetzt entdeckten Philipp Stelter und Helle Ulrich vom Marburger Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie bei der Bäckerhefe überraschend, dass die Notfall-Polymerasen bei der Verknüpfung von PCNA mit nur einem einzigen Ubiquitin-Molekül zur Mitwirkung an der Replikation herangezogen werden. Als die Wissenschaftler diese Art der Verknüpfung durch gentechnische Veränderung verhinderten, konnten DNA-Schäden in den entsprechenden Zellen ihre mutationsauslösende Wirkung nicht mehr entfalten. Sogar die Entstehung von spontanen Mutationen ohne äußere Einwirkung von erbgutschädigenden Faktoren war vom Zustand des PCNA-Proteins abhängig.
Wie die beiden Forscher berichten, konnte eine der Notfall-Polymerasen nicht nur durch die Verknüpfung von PCNA mit Ubiquitin, sondern auch durch Anhängen eines Ubiquitin-ähnlichen Proteins namens SUMO aktiviert werden. Diese Form der Verknüpfung trat regelmäßig während der Verdopplung der DNA auf und trug damit zu spontanen Erbgutveränderungen bei.
Die Marburger Wissenschaftler hoffen, mit ihren Forschungsergebnissen einen Weg gefunden zu haben, der in Zellen die Entstehung unerwünschter Mutationen verhindert, ohne dass dadurch wichtige fehlerfreie Reparaturvorgänge beeinträchtigt werden. Das könnte ein wichtiger neuer Schritt zur Bekämpfung der Krebsentstehung sein.
Als doppelsträngiges Molekül trägt die DNA sämtliche Information in zweifacher Form. Deshalb lassen sich Schäden in einem der beiden Stränge fehlerfrei mit Hilfe der Information des intakten gegenüberliegenden Stranges reparieren. Kritisch wird jedoch die Situation für die Zelle während der Replikation, also der Verdopplung der DNA, wenn sich die beiden Stränge voneinander trennen. Denn DNA-Polymerasen, also jene Enzyme, die für die Replikation verantwortlich sind, können geschädigte Abschnitte nicht überwinden, da hier die genetische Information für sie nicht ablesbar ist. Bleibt die DNA-Replikation deshalb stecken, kann sich die Zelle selbst nicht mehr vermehren.
In diesem Fall steht der Zelle ein Notprogramm zur Verfügung. Dieses erlaubt ihr, trotz des DNA-Schadens die Verdopplung des Genoms zu vollenden. Dazu übernehmen alternative DNA-Polymerasen zeitweilig die Replikation, die weniger "penibel" sind und es hinsichtlich ihrer Kopiervorlage nicht so genau nehmen. Diese "Notfallkopierer" arbeiten allerdings auf Kosten der Genauigkeit, denn ihre Toleranz gegenüber DNA-Schäden erkaufen sich diese Enzyme durch eine wesentlich höhere Fehlerrate beim Kopieren. So entstehen durch ihre Aktivität Mutationen im Genom, die in höheren Organismen eine unkontrollierte Vermehrung der Zelle auslösen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Krebsentstehung leisten können.
Die Notfall-Polymerasen sind also ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite sorgen sie dafür, dass eine Zelle sich selbst unter ungünstigen Bedingungen noch erfolgreich vermehren kann. Auf der anderen Seite nimmt der Organismus damit unerwünschte Mutationen in Kauf, die in der Zukunft Gesundheit und Funktionstüchtigkeit seiner selbst sowie seiner Nachkommen beeinträchtigen könnten. Deshalb ist es nicht überraschend, dass eine Zelle den Einsatz dieser Spezialisten sehr genau überwacht und sie nicht unkontrolliert agieren lässt.
Erste Hinweise, wie die Zelle hier regulierend eingreift, hatten im Jahr 2002 Zellbiologen am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried gefunden. Die Forscher hatten damals gezeigt, dass ein Protein namens PCNA, das in der Zelle als Helfer der DNA-Polymerasen fungiert, durch Verknüpfung mit einem weiteren Protein, dem Ubiquitin, verändert wird, wenn die Zellen DNA-schädigenden Substanzen ausgesetzt sind. Diese Veränderung erfolgt durch die schrittweise Ankopplung von mehreren Ubiquitin-Molekülen zu einer Kette und fördert die Reparatur von DNA-Schäden, ohne die Notfall-Polymerasen in Anspruch zu nehmen.
Jetzt entdeckten Philipp Stelter und Helle Ulrich vom Marburger Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie bei der Bäckerhefe überraschend, dass die Notfall-Polymerasen bei der Verknüpfung von PCNA mit nur einem einzigen Ubiquitin-Molekül zur Mitwirkung an der Replikation herangezogen werden. Als die Wissenschaftler diese Art der Verknüpfung durch gentechnische Veränderung verhinderten, konnten DNA-Schäden in den entsprechenden Zellen ihre mutationsauslösende Wirkung nicht mehr entfalten. Sogar die Entstehung von spontanen Mutationen ohne äußere Einwirkung von erbgutschädigenden Faktoren war vom Zustand des PCNA-Proteins abhängig.
Wie die beiden Forscher berichten, konnte eine der Notfall-Polymerasen nicht nur durch die Verknüpfung von PCNA mit Ubiquitin, sondern auch durch Anhängen eines Ubiquitin-ähnlichen Proteins namens SUMO aktiviert werden. Diese Form der Verknüpfung trat regelmäßig während der Verdopplung der DNA auf und trug damit zu spontanen Erbgutveränderungen bei.
Die Marburger Wissenschaftler hoffen, mit ihren Forschungsergebnissen einen Weg gefunden zu haben, der in Zellen die Entstehung unerwünschter Mutationen verhindert, ohne dass dadurch wichtige fehlerfreie Reparaturvorgänge beeinträchtigt werden. Das könnte ein wichtiger neuer Schritt zur Bekämpfung der Krebsentstehung sein.
© Max-Planck-Gesellschaft
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist eine vorwiegend von Bund und Ländern finanzierte Einrichtung der Grundlagenforschung. Sie betreibt rund achtzig Max-Planck-Institute.
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