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Innovationen: Revolutionen in der Energieerzeugung

Die Ideen klingen fantastisch - und lassen sich vielleicht nie umsetzen. Falls doch, könnten diese exotischen Verfahren aber unsere Energieversorgung sicherer und besser machen. In einer zweiteiligen Serie stellen wir sieben außergewöhnliche Forschungsvorhaben vor.
Verschrottete Kühlschränke
Stoßwellenmotor

Autos mit Gasturbinen haben eine fünfmal größere Reichweite als Hybridfahrzeuge mit Kolbenmotoren (von Steven Ashley)

Seit über einem Jahrhundert treiben Kolbenmotoren nahezu alle Kraftfahrzeuge an. Selbst moderne Hybridfahrzeuge und die neuen Reichweitenvergrößerer wie beim "Volt" von Chevrolet benutzen kleine Kolbenmotoren, um die Leistung zu erhöhen und die Batterien effizient aufzuladen. Doch Forscher der Michigan State University entwickeln mit dem so genannten Wellenscheiben- oder Stoßwellenmotor einen vollständig anderen Antrieb, der ohne Kolben auskommt. Wenn das Projekt erfolgreich ist, könnten künftige Hybridfahrzeuge mit der gleichen Treibstoffmenge fünf Mal so weit fahren.

Dieser kompakte Motor ist etwa so groß wie ein Kochtopf und benötigt erheblich weniger Ausrüstungsteile als ein Kolbenmotor, erklärt Miterfinder Norbert Müller, Professor für Maschinenbau an der Michigan State University. Weder Kolben noch Pleuel noch Motorblock sind nötig.
Weitere revolutionäre Ideen für die Energieversorgung von morgen finden Sie in Teil 1 der Serie hier.
Die geringere Masse und die höhere Treibstoffeffizienz könnte ein "Hybridfahrzeug mit regenerativem Bremssystem mit der gleichen Treibstoffmenge fünf Mal so weit fahren lassen und so den Ausstoß an Kohlendioxid entsprechend senken", so Müller weiter. Ein solches System würde zudem die Herstellungskosten um bis zu 30 Prozent senken.

Hybridantrieb | Viele Autobauer setzen auf Hybridantriebe, um ihre Fahrzeuge abgasärmer zu machen. Die Zukunft liegt aber vielleicht in Solarkraftstoffen, bei denen mit Hilfe von Sonnenenergie die nötigen Brennstoffe erzeugt werden.
Müller und sein Team testen gegenwärtig den Prototyp eines Wellenscheiben-Generators in einem Labor in East Lansing. Ihr Ziel ist es, die Funktionsfähigkeit eines 25-Kilowatt-Motors (entspricht 33 PS) zu demonstrieren. Müller erwartet, dass dr Wirkungsgrad seiner ersten Maschine bei 30 Prozent liegt, also noch deutlich unterhalb der 45 Prozent, die von den besten Dieselmotoren momentan erreicht werden. Doch er ist optimistisch, dass weitere Verbesserungen die Effizienz auf bis zu 65 Prozent steigern,

In einem konventionellen Motor mit Funkenzündung entzündet eine Zündkerze in einer Kammer eine Mischung aus Benzin und Luft, dadurch wird ein Kolben angetrieben, der wiederum eine Kurbelwelle in Drehung versetzt, die schließlich die Räder des Wagens antreibt. In einem Dieselmotor komprimiert der Kolben das Luft-Treibstoff-Gemisch vor der Zündung. Die Verbrennungsgase dehnen sich aus und drücken dabei den Kolben zurück, dadurch dreht sich die Kurbelwelle. Bei einem Wellenscheiben-Motor wird die Antriebsenergie dagegen in einer rotierenden Turbine erzeugt: Der Motor ähnelt einem kleinen, horizontal liegenden Ventilator mit welligen Rotorblättern, der in einem abgeschlossenen Gehäuse untergebracht ist.

Heiße komprimierte Luft und Treibstoff treten von der zentralen Achse aus in die Lücken zwischen den Rotorblättern ein. Wenn das Hochdruckgemisch zündet, dehnen sich die Verbrennungsgase in dem begrenzten Volumen aus und führen dadurch zur Bildung einer Stoßwelle, die die Luft in dem übrigen Volumen komprimiert. Reflexionen der Stoßwelle an der Außenwand komprimieren und erhitzen die Luft weiter, die dann im richtigen Moment aus dem Gehäuse angelassen wird. Die Kraft, die das unter Druck stehende Gas auf die gekrümmten Rotorblätter ausübt, sowie die Kraft des ausströmenden Gases treiben den Rotor an, der wiederum eine Kurbelwelle bewegt.

Schon 1906 hätten Ingenieure erste Versuche mit Wellen-Rotor-Maschinen gemacht, so der zweite Erfinder der Wellenscheibe, Janusz Piechna, Dozent an der Technischen Universität Warschau. Sie finden bereits als Kompressoren in einigen Sportwagen Verwendung. Das schwierige Problem bei diesen Motoren ist, die ungleichmäßigen Gasströme zu kontrollieren, denn das hochgradig komplexe, nichtlineare Verhalten dieser pulsierenden Ströme erfordert detaillierte numerische Berechnungen. Noch bis vor kurzem waren solche Berechnungen zu zeitaufwändig oder zu ungenau, so Müller. Extrem genaue Simulationen an der Michigan State University und an anderen Forschungseinrichtungen bilden heute die Grundlage für die präzise Form der Rotorblätter und das auf Sekundenbruchteile genaue Timing der Verbrennung, um eine optimale Leistung zu erzielen.

Aber noch ist unklar, ob solche Computermodelle zu praxistauglichen Motoren für den Straßenverkehr führen. "Die Wellen-Rotor-Technik kann ziemlich schwierig umzusetzen sein", sagt Dan Paxson, der Strömungsmodelle am Glenn Research Center der NASA in Cleveland entwickelt. Das Projekt der Michigan State University "geht definitiv an die Grenze des Machbaren", stellt er mit einer Mischung aus pragmatischem Skeptizismus und Bewunderung fest. "Wie auch immer die Ergebnisse aussehen, ich bin mir sicher, sie werden eine Menge dabei lernen."

Müller scheint wenig Zweifel daran zu haben, dass der Wellenscheiben-Generator, wenn sein Team ihn nur richtig baut, seinen Weg in grünere Hybridfahrzeuge finden wird – von Motorrollern über Familienlimousinen bis hin zu Lieferwagen: "Es ist nur eine Frage der Zeit, des Aufwands und des Vorstellungsvermögens – und natürlich des Geldes."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was "Magnetische Klimaanlagen" leisten können.Magnetische Klimaanlagen

Ungewöhnliche Legierungen halten Räume und Lebensmittel kühl (von Charles Q. Choi)

Klimaanlagen, Kühlschränke und Gefriertruhen helfen dabei, Räume beziehungsweise Lebensmittel kühl zu halten – aber sie verbrauchen Energie: Rund ein Drittel des Elektrizitätsbedarfs von US-Haushalten geht auf das Konto dieser Geräte. Eine radikal andere Technik, basierend auf Magneten, könnte das ändern.

Die meisten kommerziellen Kühlgeräte komprimieren und dekomprimieren in einem Kreislaufsystem ein gasförmiges Kühlmittel. Das Kühlmittel entzieht bei jedem Zyklus dem Raum oder dem Haushaltsgerät Wärme. Kompressoren sind jedoch Energieverschwender. Und die am häufigsten dazu verwendeten Gase erwärmen Molekül für Molekül die Atmosphäre tausendmal stärker als Kohlendioxid, wenn sie freigesetzt werden.

Forscher der Astronautics Corporation of America in Milwaukee entwickeln daher ein Kühlgerät, das statt mit einem Kompressor mit Magneten funktioniert. Denn magnetische Materialien erwärmen sich bis zu einem gewissen Grad, wenn sie einem Magnetfeld ausgesetzt sind und kühlen sich wieder ab, wenn das Feld verschwindet – ein Phänomen, das Physiker als den "magnetokalorischen Effekt" bezeichnen: Atome speichern Wärme als Schwingungen; wenn ein Magnetfeld die Elektronen in einem Metall ausrichtet und ihre freie Bewegung einschränkt, müssen die Atome des Metalls zum Ausgleich stärker schwingen – das Metall erwärmt sich. Verschwindet das Feld, so kühlt das Metall wieder ab. Dieses Phänomen wurde bereits 1881 entdeckt, doch es schien für kommerzielle Anwendungen unbrauchbar zu sein. Denn die Theorie sagt voraus, dass extrem tiefgekühlte supraleitende Magnete nötig sind, um den Effekt zu maximieren.

Doch 1997 stießen Materialwissenschaftler des zum US Departments of Energy gehörenden Ames Laboratory in Iowa in Zusammenarbeit mit der Astronautics Corporation auf Legierungen aus Gadolinium, Silizium und Germanium, die bereits bei Raumtemperatur einen gewaltigen magnetokalorischen Effekt zeigen. Seither hat das Unternehmen noch weitere ähnliche Legierungen gefunden.

Die Astronautics Corporation entwickelt derzeit eine Klimaanlage für eine Wohnung oder ein Haus von rund 100 Quadratmetern. Eine kleine, flache Scheibe enthält poröse Keile aus einer dieser Legierungen, und ein stationärer, ringförmiger Dauermagnet umgibt die Scheibe, wobei er auf einer Seite eine kleine Lücke enthält, in der sich das Magnetfeld konzentriert.
Weitere revolutionäre Ideen für die Energieversorgung von morgen finden Sie in Teil 1 der Serie hier.
Wenn die Scheibe sich dreht, passiert jeder der magnetokalorischen Keile die Lücke und erwärmt sich dort; anschließend kühlt er wieder ab. Die Keile erwärmen und kühlen dabei eine in dem System zirkulierende Flüssigkeit – und diese wiederum entzieht dem Raum Wärme. Die Form des Magneten ist so gewählt, dass das Feld nicht außerhalb des Kühlgeräts reicht und so keine elektronischen Geräte oder Herzschrittmacher stören kann.

In konventionellen Kühlgeräten leistet der Kompressor die meiste Arbeit. In magnetischen Kühlgeräten dagegen ist es der Motor der Scheibe, der die meiste Arbeit verrichtet. Und Motoren sind typischerweise wesentlich effizienter als Kompressoren. Die Astronautics Corporation gibt an, bereits 2013 einen Prototyp präsentieren zu können, der den Energieverbrauch bei gleicher Kühlleistung um ein Drittel senkt. Und es gibt noch einen großen Bonus: Das Gerät nutzt nur Wasser für den Wärmetransport: "Umweltfreundlicher als das geht es nicht", sagt Steven Jacobs, der Manager des Technikzentrums der Astronautics Corporation.

Der Entwurf lässt sich auch an Kühlschränke und Tiefkühltruhen anpassen. Allerdings gilt es, einige komplexe Probleme zu meistern, um auch nur einen erfolgreichen Prototyp zu bauen, da die Kontrolle des Wasserflusses durch die porösen Keile knifflig ist: Die Scheibe dreht sich 360- bis 600-mal pro Minute. Außerdem besteht der Magnet aus einer teuren Neodym-Eisen-Bor-Legierung. Für kommerzielle Anwendungen ist es daher notwendig, diese Magneten möglichst klein zu machen und trotzdem ein ausreichend starkes Magnetfeld mit ihnen zu erzielen. "Es handelt sich um eine Technik mit hohem Aufwand", gesteht der Maschinenbauingenieur Andrew Rowe von der University of Victoria in British Columbia, Kanada. "Aber sie besitzt ein gewaltiges Potenzial. Und das angestrebte Leistungsvermögen ist ein vernünftiges Ziel."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Ingenieure die Kohle sauber(er) machen wollen.Saubere(re) Kohle

Salz saugt Kohlendioxid aus Schornsteinen (von Michael Lemonick)

Kohle ist die billigste und mit den größten Vorräten verfügbare Energieressource der USA – und zugleich die kohlenstoffhaltigste Energiequelle, was die Erderwärmung begünstigt. Ingenieure haben sich deshalb verschiedene Methoden ausgedacht, um Kohlendioxid aus den Abgasen von Kohlekraftwerken zu entfernen, bevor es in die Atmosphäre entweicht. Doch diese Prozesse verbrauchen bis zu 30 Prozent der in den Kraftwerken erzeugten Energie, die Produktionskosten für den elektrischen Strom verdoppenln könnte – und das erschwert Investitionen in eine saubere Verbrennung von Kohle. Trotzdem ist die Idee so attraktiv, dass es zahlreiche Ansätze gibt, diesen hohen Prozentsatz zu senken.

Ein besonders interessanter Entwurf des Energy Centers der University of Notre Dame basiert so genannten ionischen Festkörpern: bestimmte Salze, die doppelt so viel Kohlendioxid aufnehmen können wie herkömmliche Kohlenstoff-Absorber. Zudem durchläuft das Salz einen Phasenübergang vom festen in den flüssigen Zustand und setzt dabei Wärme frei, die sich abführen und dazu verwenden lässt, dem Salz den Kohlenstoff wieder zu entziehen, damit dieser dann unschädlich beseitigt werden kann. "Unsere Modelle zeigen, dass wir in der Lage sein sollten, die Energieverluste auf 22 oder 23 Prozent zu senken", sagt Joan Brennecke, Chemieingenieurin und Direktorin des Energy Centers. "Wir hoffen, dass wir schließlich auf 15 Prozent kommen." Ihr Team baut derzeit einen Labor-Prototyp zur Demonstration des Verfahrens.

Bislang besteht diese Idee aber nur auf dem Papier. "Es ist eine radikale Idee", gesteht Brennecke, "weil diese Materialien vollständig neu sind und erst vor zwei Jahren entdeckt wurden." Brenneckes Arbeitsgruppe hat gerade erst damit begonnen, diese innovativen Substanzen zu untersuchen – unerwartete Probleme können also jederzeit auftauchen. Und selbst wenn der Prozess im Labor funktioniert, könnte es sich als unmöglich erweisen, ihn im großen Maßstab in einem Kraftwerk umzusetzen.

Und selbst wenn der Prozess funktioniert, muss der Kohlenstoff anschließend eingelagert werden – momentan bevorzugen Wissenschaftler eine Technologie, mit der das Kohlendioxid tief unter dem Erdboden in poröses Gestein injiziert wird. Diese so genannte Sequestrierung wurde bereits unter realistischen Bedingungen getestet, erfolgte jedoch noch nicht in großem Maßstab. Noch im Experimentierstadium befindet sich eine Idee, bei der Kohlendioxid mit Silikaten vermischt wird. Damit wollen die Techniker einen natürlichen Prozess nachahmen, der Kohlendioxid in Karbonaten bindet.

Berücksichtigt werden müssen zudem gesundheitliche und ökologische Nachteile, die der Abbau von Kohle und die Beseitigung der giftigen Verbrennungsrückstände, mit sich bringen. Angesichts der vielen Probleme sehen Umweltschützer Rot, wenn sie den Ausdruck "saubere Kohle" vernehmen. Da die Kohlevorkommen allerdings so groß sind und Kohle billig zu haben ist, dürfte ihr Einsatz noch lange eine große Rolle spielen. Deshalb könnte diese Überlegungen von Brennecke und Co vielleicht doch schon bald eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen.

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