Beobachtungstipp: Totale Mondfinsternis über Deutschland
Am Abend des letzten Freitags im Juli 2018, zwischen 21:30 Uhr und 23:13 Uhr, ist es endlich wieder so weit: Zur Vollmondzeit tritt der Erdtrabant in den Schatten unseres Planeten ein und schimmert dann in einem kupferroten Licht. Währenddessen leuchtet nur eine Hand breit unterhalb des verfinsterten Mondes ein weiterer Himmelskörper, der ebenfalls durch eine rötliche Farbe auffällt: Es ist der Planet Mars, der nun besonders hell ist und während der gesamten Nacht über dem Horizont bleibt. Hat jeder der beiden Akteure für sich genommen schon viel zu bieten, so ist das Rendezvous am 27. Juli 2018 erst recht ein astronomisches Highlight. Bereits die Beobachtung dieses Himmelsschauspiels mit bloßem Auge verspricht Eindrücke, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten!
Beim Betrachten durch ein Fernglas oder ein Teleskop zeigen sich im Umfeld des verfinsterten Erdtrabanten mehrere lichtschwache Sterne, die im gleißenden Licht des Vollmonds niemals sichtbar wären. Dies verleiht dem Anblick eine ungeahnte räumliche Tiefe. Hinzu kommt die ungewohnte Farbe des Mondes, die besonders zur Mitte der Verfinsterung, gegen 22:23 Uhr, die Blicke auf sich zieht.
Bei einer solchen totalen Mondfinsternis steht der Erdtrabant der Sonne am Himmel gegenüber: Sonne, Erde und Mond sind dann entlang einer Linie aufgereiht. Gleiches gilt an diesem Tag für den Mars: Wie der Vollmond, so geht auch er zu Sonnenuntergang im Südosten auf und zu Sonnenaufgang im Südwesten unter – man sagt, der Planet befindet sich in Opposition zur Sonne.
Der Erdschatten: Gar nicht so finster
Bereits um 20:24 Uhr MESZ beginnt der Ostrand des Mondes etwas angeknabbert auszusehen. Allerdings ist diese Phase der partiellen Verfinsterung nur in den östlichen und südöstlichen Teilen Europas gut sichtbar. In Mitteleuropa erreicht der Mond erst ab etwa 21:30 Uhr ausreichende Höhen über dem Horizont und ist dann bereits vollständig in den Kernschatten der Erde eingetaucht. Erheblich besser lassen sich die partiellen Phasen der Mondfinsternis nach dem Ende der Totalität, ab 23:13 Uhr, verfolgen.
Hätte die Erde keine Atmosphäre, so wäre der Mond während der totalen Phase der Finsternis unsichtbar. Die Brechkraft der irdischen Luftschichten lenkt aber ein wenig Sonnenlicht in den Kernschatten der Erde hinein, der in Mondentfernung etwa noch zweieinhalb Monddurchmesser groß ist. Ein Astronaut auf dem Mond würde unseren Planeten in diesem Moment als dunkle Scheibe mit zwei Grad Durchmesser wahrnehmen, die sich vom umgebenden Weltraum durch einen dünnen, feurig roten Lichtsaum abgrenzt: Aus seiner Sicht würde die Erdatmosphäre von hinten beleuchtet.
Es ist dieses vom Staub und Dunst der Atmosphäre rot gefilterte Licht, in dem wir den verfinsterten Vollmond am irdischen Himmel sehen. Besonders eindrucksvoll ist der Anblick, wenn Sie ein Fernglas benutzen – denn im Vergleich zu einem herkömmlichen Teleskop bietet dieses kompakte optische Gerät den Vorteil, dass Sie mit beiden Augen zugleich hindurchsehen können. Da der Mond den Erdschatten diesmal nahezu zentral durchläuft, erscheint er während der Totalität besonders dunkel.
Das Ende der totalen Verfinsterung ist um 23:13 Uhr erreicht; etwa um 23:45 Uhr erscheint der Mond noch halb verfinstert. Was ihn dann jedoch von einem gewöhnlichen Halbmond im letzten Viertel unterscheidet, ist sein Anblick im Fernglas oder Teleskop: Im letzten Viertel fällt das Sonnenlicht nahe der Hell-Dunkel-Grenze unter einem sehr flachen Winkel auf die Mondoberfläche, so dass hier Kraterwände und Gebirge lange, schwarze Schatten werfen. Entlang der reichlich unscharfen Hell-Dunkel-Grenze einer Mondfinsternis erscheinen diese langen Schatten jedoch nicht, denn das Licht trifft ja nun weiterhin direkt von oben auf die Mondoberfläche – und nicht von der Seite, wie beim echten Halbmond.
Um 00:19 Uhr MESZ ist auch der letzte fehlende Bissen am Westrand des Mondes verschwunden; der Mond hat dann den Kernschatten der Erde vollständig verlassen. Den Kernschatten der Erde umgibt eine ringförmige, weniger dunkle Zone, der Halbschatten. Er verrät sich kurz nach dem Ende der Totalität durch eine geringe, sehr diffuse Abschattung in der Nähe derjenigen Stelle, an welcher der Kernschatten soeben noch auf den Vollmond fiel.
Seltenes Ereignis
Das schöne Schauspiel einer Finsternis tritt nicht bei jedem Vollmond ein, denn dazu müsste die Mondbahn genau innerhalb der Erdbahnebene liegen. Tatsächlich ist die Bahn jedoch um rund fünf Grad geneigt. Dies hat zur Folge, dass der Mond die Erdbahnebene während eines vollen Umlaufs an zwei Punkten durchquert: an den so genannten Knotenpunkten. Durchläuft der Mond die Erdbahnebene von Nord nach Süd, steht er im absteigenden Knoten. Ihm gegenüber befindet sich der aufsteigende Knoten, in dem er die Erdbahnebene von Süd nach Nord durchläuft.
Demzufolge müsste sich der Erdtrabant zur Vollmondzeit genau in einem der Knotenpunkte befinden, damit eine Finsternis eintreten kann. Dank der Größe des Erdschattens, der in Mondentfernung mehr als zweimal so groß ist wie der Mond, genügt es jedoch, wenn der Vollmond einem der Knoten sehr nahe kommt. Zumeist läuft er aber zu weit nördlich oder südlich am Erdschatten vorbei, so dass keine Finsternis eintritt. Und selbst wenn die Bedingung erfüllt ist, kann es vorkommen, dass wir in Mitteleuropa keine Finsternis erleben können, denn schließlich muss unser Kontinent zur passenden Zeit dem Mond zugewandt sein, so dass er für uns während der Nacht über dem Horizont steht.
Beispielsweise konnten wir die totale Mondfinsternis am 31. Januar 2018 nicht sehen, weil sich Mitteleuropa zur fraglichen Zeit auf der mondabgewandten Seite der Erde befand. Meist muss ein ortsgebundener Beobachter ein bis zwei Jahre auf die nächste totale Mondfinsternis warten. Partielle Verfinsterungen, bei denen der Trabant nur teilweise in den Schatten der Erde eintaucht, sind etwas häufiger.
Günstige Sichtbarkeit mit Handikap
Unser äußerer Nachbar Mars erreicht während seiner diesjährigen Opposition einen Winkeldurchmesser von rund 24 Bogensekunden, was beinahe der größtmögliche Wert ist. Auch seine scheinbare Helligkeit ist Ende Juli maximal. Dies hat einen einfachen geometrischen Grund: Sonne, Erde und Mars liegen am 27. Juli ja aufgereiht auf einer Linie. Der Planet steht dabei nahe am sonnennächsten Punkt seiner Bahn, dem Perihel. Gleichzeitig steht die Erde im Juli noch nahe an ihrem sonnenfernsten Punkt, dem Aphel. Somit kommen sich Mars und Erde während ihrer Begegnung diesmal viel näher als in durchschnittlichen Oppositionen. Der Abstand beider Planeten beträgt am Monatsende nur rund 58 Millionen Kilometer, während er in ungünstigen Fällen bis zu 101 Millionen Kilometer betragen kann.
Doch leider gibt es einen Wermutstropfen: Auf Grund der räumlichen Lage der Marsbahn ereignen sich Periheloppositionen stets im weit südlich gelegenen Teil des Tierkreises. Am 27. Juli steht Mars im westlichen Teil des Sternbilds Steinbock, das in Mitteleuropa niemals hoch über den Horizont gelangt. Das vom Planeten kommende Licht muss somit einen relativ langen Weg durch die Erdatmosphäre zurücklegen, bevor es das Teleskop des Beobachters erreicht. Deshalb ist es auch wahrscheinlich, dass die allgegenwärtige Luftunruhe die Sichtbarkeit feiner Details deutlich einschränkt.
Unser roter Nachbar im Teleskop
Der Mars benötigt für eine volle Umdrehung rund 37 Minuten länger als die Erde. Beobachtet man ihn also täglich zur gleichen Uhrzeit, dann bemerkt man von Nacht zu Nacht eine kleine Verschiebung der Oberflächenstrukturen. Dem Zeitunterschied entspricht im Gradnetz des Mars ein Längenunterschied von rund neun Grad, so dass allmählich neue Gebiete auf den sichtbaren Teil der Marsscheibe vorrücken. Besonders deutlich wird dies, wenn das große, dunkle Hochplateau Syrtis Major auf der Vorderseite des Planeten angelangt ist. Diese Region wurde bereits im Jahr 1659 von dem niederländischen Physiker und Astronomen Christiaan Huygens (1629–1695) entdeckt. Schon in den ersten Julinächten wird sie kurz nach Mitternacht sichtbar sein.
Ein weiterer Leckerbissen ist die weiße Polkappe auf der uns zugeneigten Hemisphäre des Mars. In den Monaten vor der Opposition verringert sich ihre Ausdehnung im Verhältnis zum zunehmenden scheinbaren Marsdurchmesser, denn auch auf dem Mars gibt es Jahreszeiten. Ein Rotfilter verstärkt bei solchen Beobachtungen die Kontraste der Bodenformationen, weil das von der Oberfläche reflektierte rötliche Licht den bläulichen Dunst der darüberliegenden Atmosphäre besser durchdringt.
Keine technische Maßnahme hilft allerdings gegen einen Staubsturm auf dem Mars, der sich binnen ein bis zwei Wochen wie ein gelbes Tuch auf dem Planeten ausbreiten kann und dann den Blick auf die Oberfläche verhindert. Gerade in den Periheloppositionen kommen solche Stürme häufiger vor, weil die nun stärkere Sonneneinstrahlung mehr Energie in die Marsatmosphäre pumpt – ein Effekt, den wir beim Blick auf unseren atmosphärelosen Mond nicht befürchten müssen.
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