Kosmische Kollision: Schwarzes Loch aus Galaxie geschleudert
Vier Milliarden Lichtjahre von uns entfernt scheint ein supermassereiches Schwarzes Loch seine Heimatgalaxie zu verlassen – mit einer Geschwindigkeit von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde. Während frühere Beobachtungen dieses Szenario zwar vermuten ließen, die Aufnahmen aber zu undeutlich waren, verdichten sich dank des Röntgensatelliten Chandra nun die Hinweise. Offenbar führte eine Galaxienkollision zum Auswurf des Massegiganten.
Mit dem Weltraumteleskop Hubble hatten Astronomen bereits zwei voneinander getrennte optische Lichtquellen in der Galaxie CID-42 gesichtet. Weitere Beobachtungen im optischen Spektralbereich offenbarten, dass sich die beiden kompakten Lichtquellen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 4,5 Millionen Kilometern pro Stunde voneinander entfernen. Im Röntgenbereich entdeckten Francesca Civano vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, US-Bundesstaat Massachusetts, und ihre Kollegen dann ebenfalls eine helle Strahlungsquelle in CID-42. Diese gehe wahrscheinlich auf aufgeheizte Materie zurück, spekulierte man, die um ein oder vielleicht auch um mehrere supermassereiche Schwarze Löcher in dem System kreise. Da die Röntgenquelle nicht ausreichend aufgelöst war, konnte das Team den genaueren Ursprung damals allerdings nicht ausmachen.
Die neuen Beobachtungen zeigen nun eindeutig, dass die Röntgenstrahlen nur einer der beiden optischen Lichtquellen zuzuordnen sind. Die Gruppe um Civano vermutet, dass es sich dabei um ein supermassereiches Schwarzes Loch handelt, das aus der Galaxie herauskatapultiert wird. Ursache hierfür könnte ein Galaxiencrash gewesen sein, bei der die Schwarzen Löcher im Zentrum der beiden kollidierenden Sternsysteme ebenfalls zusammenstießen und schließlich miteinander verschmolzen. Dabei sollten besonders starke Gravitationswellen entstehen – Verzerrungen der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Würden dabei mehr Gravitationswellen in eine Richtung emittiert werden als in andere, sollte der resultierende Rückstoß ausreichen, um das vereinigte Schwarze Loch ins Weltall zu katapultieren, mutmaßen die Forscher.
Die andere optische Lichtquelle könnte auf einen hellen Sternhaufen zurückgehen, der nach der Kollision im Zentrum der Galaxie zurückblieb. Dieses Szenario stehe im Einklang mit Computersimulationen von verschmelzenden Schwarzen Löchern, so Civano und ihr Team. Dennoch seien auch zwei alternative Erklärungen denkbar: zum einen ein Wechselspiel zwischen drei supermassereichen Schwarzen Löchern, wobei das leichteste aus dem System ausgeworfen wird. Zum anderen könnten sich in CID-42 zwei supermassereiche Schwarze Löcher spiralförmig aufeinander zubewegen, anstatt dass sich eines schnell entfernt. Da die Wissenschaftler aber nur eine helle Röntgenquelle beobachten, müsste in beiden Fällen mindestens eines der Schwarzen Löcher für das Chandra-Teleskop verdeckt sein.
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