News: Stürmischer Umzug
Die Karibik mag ein Badeparadies sein, doch zu Hurrikanzeiten würde ein Plantschen selten an dem Strand enden, an dem man ursprünglich hineingestiegen war. Eine leidvolle Erfahrung, die Anolis häufiger machen. Und die unfreiwilligen Schwimmpartien bringen auch noch die Evolution durcheinander.
Inseln sind ein ideales Freilandlabor. Schön abgegrenzt zu anderen Lebensräumen lässt sich hier bestens untersuchen, wie Evolution funktioniert: Arten wandern ein, passen sich den Gegebenheiten an oder auch nicht, sterben wieder aus – und das alles in meist übersichtlichem Maßstab. Zu einem Lehrbuchbeispiel sind inzwischen die Saumfinger oder Anolis der Karibik geworden, baum- und strauchbewohnende Leguane mit sehr langem Schwanz, die auf den zahlreichen Eilanden um Kuba und Co eine verblüffende Vielfalt von über 140 Arten entwickelt haben.
Dieser Reichtum an Spezies, so galt bisher, liegt an der geographischen Isolation, ihrerseits die erfolgreichste Artenbildnerin. Ein neues Heim mit vielen noch unbesetzten Nischen fördert das Gehen eigener Wege, um sich nebeneinander einrichten zu können. Im Falle der Anolis breitete sich offenbar einst eine aus Kuba stammende Ursprungsart über die einzelnen Inseln aus und entwickelte dabei auf verschiedenen Eilanden unabhängig voneinander neue, inzwischen eigenständige Varianten mit beispielsweise längeren oder kürzeren Beinen je nach Lebensraum. Und je größer die diesbezügliche Vielfalt der Leguan-Gesellschaft war, desto länger, so dachte man, war sie schlicht in Ruhe gelassen worden.
Doch von Ruhe kann in dieser Gegend kaum die Rede sein. Mehr oder weniger spektakuläre Hurrikans überziehen die Region regelmäßig mit Stürmen und Überschwemmungen, die so manchem Anolis zu einer unfreiwilligen Schwimmpartie verhilft. Normalerweise meiden die Leguane das Wasser eher, es sei denn, sie finden sich an äußerst unwirtlicher Stelle wieder, dann stürzen sie sich schon einmal freiwillig in die Fluten. Und im Labor zeigte sich, dass die Tiere sogar durchaus über einen Tag im Salzwasser überleben können.
Die durchschnittliche Entfernung zwischen den Inseln beträgt allerdings über hundert Kilometer, und die Reisedauer für einen driftenden Anolis bei normalen Strömungsverhältnissen liegt damit bei einer Woche. Es sei denn, es herrscht eben Sturm – dann beschleunigt sich das Ganze auf überlebensfähige Zeiträume. So ließe sich erklären, warum manche Karibikinsel beispielsweise nach Hurrikan Floyd im September 1999 so rasch wieder mit Anolis besiedelt war, denn der Nachschub aus noch vor dem Sturm abgelegten Eiern konnte das kaum erklären.
Ryan Calsbeek und Thomas Smith von der University of California in Los Angeles verglichen nun die Meeresströmungen zwischen den Inseln mit verschiedenen genetischen Markern in den Leguan-Populationen. Denn durchbrechen stürmisch bedingte Neueinwanderer die Isolation der Lebensgemeinschaften regelmäßig, könnte sich das im Erbgut der Tiere zeigen.
Und genau das tat es: Die Wissenschaftler wiesen nach, dass die genetischen Unterschiede zwischen den Populationen nicht die Ausbreitungsrichtung der Ursprungsart – von Westen nach Osten – widerspiegelten, sondern den Lauf der Meeresströmungen – von Osten nach Westen beziehungsweise in einem Fall von Süden nach Norden.
Diese Erkenntnis aber, dass Anolis offenbar unfreiwillig häufiger ihr Quartier wechseln und die Einwanderer dann auch noch mit den einheimischen Verwandten die familiären Bande auffrischen, lässt Evolutionsbiologen aufhorchen. Denn die Wildwasserpartien verwässern damit nicht nur die Entwicklung einzelner Inselspezialisten in der Anoliswelt: jene Prozesse, die letztendlich zur Entstehung neuer Arten führen. Sie unterstreicht auch, dass Inseln bezüglich anderer Spezies womöglich ebenfalls gar nicht so isoliert sind wie gedacht – das ideal abgeschirmte Freilandlabor hat plötzlich eine Menge Schlupflöcher bekommen.
Dieser Reichtum an Spezies, so galt bisher, liegt an der geographischen Isolation, ihrerseits die erfolgreichste Artenbildnerin. Ein neues Heim mit vielen noch unbesetzten Nischen fördert das Gehen eigener Wege, um sich nebeneinander einrichten zu können. Im Falle der Anolis breitete sich offenbar einst eine aus Kuba stammende Ursprungsart über die einzelnen Inseln aus und entwickelte dabei auf verschiedenen Eilanden unabhängig voneinander neue, inzwischen eigenständige Varianten mit beispielsweise längeren oder kürzeren Beinen je nach Lebensraum. Und je größer die diesbezügliche Vielfalt der Leguan-Gesellschaft war, desto länger, so dachte man, war sie schlicht in Ruhe gelassen worden.
Doch von Ruhe kann in dieser Gegend kaum die Rede sein. Mehr oder weniger spektakuläre Hurrikans überziehen die Region regelmäßig mit Stürmen und Überschwemmungen, die so manchem Anolis zu einer unfreiwilligen Schwimmpartie verhilft. Normalerweise meiden die Leguane das Wasser eher, es sei denn, sie finden sich an äußerst unwirtlicher Stelle wieder, dann stürzen sie sich schon einmal freiwillig in die Fluten. Und im Labor zeigte sich, dass die Tiere sogar durchaus über einen Tag im Salzwasser überleben können.
Die durchschnittliche Entfernung zwischen den Inseln beträgt allerdings über hundert Kilometer, und die Reisedauer für einen driftenden Anolis bei normalen Strömungsverhältnissen liegt damit bei einer Woche. Es sei denn, es herrscht eben Sturm – dann beschleunigt sich das Ganze auf überlebensfähige Zeiträume. So ließe sich erklären, warum manche Karibikinsel beispielsweise nach Hurrikan Floyd im September 1999 so rasch wieder mit Anolis besiedelt war, denn der Nachschub aus noch vor dem Sturm abgelegten Eiern konnte das kaum erklären.
Ryan Calsbeek und Thomas Smith von der University of California in Los Angeles verglichen nun die Meeresströmungen zwischen den Inseln mit verschiedenen genetischen Markern in den Leguan-Populationen. Denn durchbrechen stürmisch bedingte Neueinwanderer die Isolation der Lebensgemeinschaften regelmäßig, könnte sich das im Erbgut der Tiere zeigen.
Und genau das tat es: Die Wissenschaftler wiesen nach, dass die genetischen Unterschiede zwischen den Populationen nicht die Ausbreitungsrichtung der Ursprungsart – von Westen nach Osten – widerspiegelten, sondern den Lauf der Meeresströmungen – von Osten nach Westen beziehungsweise in einem Fall von Süden nach Norden.
Diese Erkenntnis aber, dass Anolis offenbar unfreiwillig häufiger ihr Quartier wechseln und die Einwanderer dann auch noch mit den einheimischen Verwandten die familiären Bande auffrischen, lässt Evolutionsbiologen aufhorchen. Denn die Wildwasserpartien verwässern damit nicht nur die Entwicklung einzelner Inselspezialisten in der Anoliswelt: jene Prozesse, die letztendlich zur Entstehung neuer Arten führen. Sie unterstreicht auch, dass Inseln bezüglich anderer Spezies womöglich ebenfalls gar nicht so isoliert sind wie gedacht – das ideal abgeschirmte Freilandlabor hat plötzlich eine Menge Schlupflöcher bekommen.
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