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News: Tumore in drei Dimensionen

Schon seit langem wird in der Medizin nach Methoden gesucht, wie man lebendes Gewebe schnell und exakt in dreidimensionaler Form darstellen kann. Eine zielgerichtete Therapie würde davon profitieren. Jetzt ist eine neue Untersuchungsmethode entwickelt worden, die eine plastische Darstellung von Zellen und Geweben ermöglicht.
Wissenschaftlern am Dortmunder Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie und dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg haben ein neues dreidimensional abbildendes Verfahren entwickelt, mit dem sich Struktur und Aktivität von Tumoren in ihrer ganzen Ausdehnung und von allen Seiten betrachten lassen. Die Messanlage – eine Kombination aus computergestützter Bildanalyse und nachfolgender dreidimensionaler Rekonstruktion – erlaubt es, die Behandlungsstrategien für Krebspatienten individuell anzupassen (Cell Tissues Organs 2000).

In der biologischen Forschung werden immer wieder neue Messtechniken benötigt, um Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion von Zellen und Geweben weiter aufzuklären. Denn erst ein besseres Verständnis der Beziehungen zwischen Struktur und Wirkung bildet die Grundlage für individuelle, optimierte Therapien bei einer großen Anzahl von Krankheiten. So bemühen sich zahlreiche Forscher bereits seit dem 19. Jahrhundert, lebendes Gewebe auch in dreidimensionaler Form darzustellen. Verwendet wurden hierzu sowohl plastische als auch grafische Rekonstruktionsmethoden. Doch erst der Computer ermöglichte es, einzelne Zellen und ihre Bestandteile am Bildschirm nicht nur sichtbar zu machen, sondern sie auch in alle Richtungen zu drehen und einen umfassenden Eindruck von ihrer Struktur und ihren Aktivitäten zu erhalten.

Herkömmliche computergestützte Verfahren waren bisher jedoch zu zeitaufwändig, um sie in der Routinediagnostik einzusetzen. Mit der neu entwickelten Kombination aus computergestützter Bildanalyse und nachfolgender dreidimensionaler Rekonstruktion lässt sich innerhalb weniger Stunden die dreidimensionale Architektur von Zellen und Geweben in einer hohen Auflösung darstellen. Die weitere Automatisierung des dreidimensionalen Messverfahrens erlaubt seinen Einsatz nicht nur in der Forschung, sondern gerade auch in der Tumordiagnostik. Die Wissenschaftler konzentrierten sich hierbei auf so genannte Minitumore, die aus Krebszellen des Patienten kultiviert werden. "Heute weiß man, dass Mikrotumore die Verhältnisse im Patienten wesentlich besser widerspiegeln als einzelne Krebszellen. So zeigen einige Tumore bei einer Therapie Resistenzen, während einzelne Tumorzellen im Laborversuch diese Resistenzen nicht besitzen", erklärt dazu Helmut Acker, Arbeitsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie.

Im Krankenhaus wird das Tumorgewebe entnommen und daraus im Labor ein Mikrotumor gezüchtet. Diesen untersuchen die Forscher dann mit einem konfokalem Laser-Scanning-Mikroskop, der derzeit leistungsfähigsten Technik für die Analyse der räumlichen Organisation in der Zelle. Zuerst muss der Minitumor mit speziellen Farbstoffen versetzt werden, die an bestimmte Strukturen in der Zelle binden. Diese Farbstoffe können zum Beispiel ein Indikator für die Lebensfähigkeit von Krebszellen sein. Sie können aber auch bestimmte Substanzen anzeigen, zum Beispiel bestimmte Botenstoffe in der Zelle. Durch die Färbung leuchten die einzelnen Strukturen in der Zelle selbst. Dadurch lassen sich sogar Einzelheiten erkennen, die eigentlich jenseits der Auflösung der Lichtmikroskopie liegen.

Mit einer solchen Kombination aus Laser, Spezialoptik und Computer werden die Zellen und Gewebe des Minitumors gewissermaßen "optisch seziert". Hierbei wird immer nur jene Schicht dargestellt, die direkt im Fokus des Laserstrahls liegt. Der Laser erzeugt sehr kurze Lichtimpulse von einigen Femtosekunden. Sie sind vergleichbar mit kleinen Lichtscheiben, die die Zellstruktur des Minitumors in verschiedenen Tiefen ausleuchten. Mit dieser speziellen Kopplung aus Femtosekunden-Laser und hochauflösendem Mikroskop blicken die Dortmunder Forscher bis zu 0,22 Millimeter tief in das Tumorgewebe hinein, klären die äußerst filigranen Strukturen und setzen diese mit verschiedenen Zellaktivitäten in Verbindung. Da die Zellen nur eine Höhe von etwa 0,06 Millimeter haben, kann man mit dieser Methode eine große Zahl von Zellschichten untersuchen. Die "optischen Schnitte" durch die gefärbten Strukturen nimmt eine 3-Chip-CCD-Kamera im Mikroskop digital auf. Hierbei entsteht eine große Menge an Daten, die dann in einem speziell entwickelten Computerprogramm wieder zu einem vollständigen dreidimensionalen Bild zusammengesetzt werden, um die verschiedenen Zellaktivitäten im Minitumor visuell darzustellen.

Das neue Untersuchungsverfahren ermöglicht es, die Aktivitätszustände von Tumorzellen in einer bisher nicht gekannten Genauigkeit zu analysieren. Dadurch ergeben sich für die medizinische Diagnostik und Behandlungsplanung völlig neue Möglichkeiten, beispielsweise bei der Vorbereitung operativer Eingriffe oder für die Planung von Bestrahlungen. Darüber hinaus ermöglicht die Kopplung verschiedener Untersuchungsverfahren, die Behandlung auf die Besonderheiten des jeweiligen Krebspatienten zuzuschneiden, was zu deutlich weniger Nebenwirkungen führen wird. Die dreidimensionale Verarbeitung biomedizinischer Daten kann jedoch auch in anderen Untersuchungsmethoden – wie Magnet Resonanz Tomographie oder Ultraschall – eingesetzt werden und dort ebenfalls eine dreidimensionale Darstellung und Auswertung ermöglichen. Zudem ist es für viele klinische Untersuchungen wichtig, dass man die Ergebnisse der verschiedenen Diagnoseverfahren überlagert darstellen kann. Das neue dreidimensionale Computer-Verfahren aus dem Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie ermöglicht eine solche Überlagerung dreidimensionaler Datensätze.

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