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News: Unwissentliche Helfershelfer

Als wirkungsvolle Barriere weist die Magensäure gewöhnlich unerwünschte Eindringlinge in die Schranken. Doch nicht immer mit Erfolg: Einige der säureempfindlichen Cholerabakterien überwinden die chemische Sperre und vermehren sich anschließend explosionsartig im menschlichen Darm. Und dabei kurbeln die Verdauungssäfte offenbar die Aktivität bestimmter bakterieller Erbanlagen auch noch an, wodurch die Erreger hundertfach ansteckender werden.
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Gewöhnlich verbringen Cholerabakterien (Vibrio cholerae) den Großteil ihres Lebens in stehenden Gewässern und vermehren sich nur äußerst träge. Im menschlichen Körper entfalten sie jedoch eine ungeahnte Fortpflanzungsaktivität. Zunächst gilt es jedoch, die saure Abwehrschranke des Magens zu umgehen, bevor sie im alkalischen Milieu des Dünndarms einen idealen Nährboden vorfinden. Dort expandieren die Erreger ungehemmt und scheiden gleichzeitig ein giftiges Protein aus, das bei den Betroffenen massive Flüssigkeitsverluste in Form von wässrigen Duchfällen hervorruft.

Jahr für Jahr sucht das Bakterium zwischen 100 000 und 300 000 Opfer heim, die sich in erster Linie durch mit Fäkalien verunreinigtes Trinkwasser anstecken. Warum sich die Cholera jedoch in Windeseile ausbreitet, blieb den Wissenschaftlern lange Zeit rätselhaft. Möglicherweise entwickeln die verantwortlichen Mikroorganismen Verteidigungsstrategien gegen die Säurebarriere des Magens und werden mit jeder Reise durch den menschlichen Verdauungstrakt unempfindlicher gegenüber niedrigen pH-Werten, spekulierte Andrew Camilli von der Tufts University.

Als der Forscher und seine Kollegen frische Proben des Bakteriums von einer Cholera-Epidemie im April 2001 in Bangladesh untersuchten, machten sie eine eigenartige Entdeckung. Denn Cholera-Keime aus dem Stuhl infizierter Menschen entpuppten sich bei der Injektion in Mäuse als 200- bis 700fach ansteckender als Artgenossen, die im Labor gezüchtet wurden. Und diese Keime behielten ihre extreme Infektiösität mindestens fünf Stunden außerhalb des menschlichen Körpers bei – ein Zeitraum, in dem das Bakterium mit großer Wahrscheinlichkeit auf ein weiteres Opfer treffen dürfte.

Auf der Suche nach den Ursachen für das erhöhte Ansteckungspotential fahndeten die Forscher nach Veränderungen in der Genaktivität der Mikroorganismen – und wurden auch fündig: Von den insgesamt 3357 Erbanlagen waren in beiden Bakterienstämmen 3120 vergleichbar aktiv. Doch bei den frisch gewonnenen Keimen erwiesen sich 193 Gene als "träger", 44 jedoch wesentlich aktiver als bei den Laborerregern.

Wie genauere Analysen ergaben, sind die Gene, die für die Säuretoleranz verantwortlich sind, nicht von den Veränderungen betroffen. Zu den neu aktivierten Genen zählten indes solche, die V. cholerae helfen, sich zu ernähren und es zum Schwimmen befähigen. Möglicherweise können die Bakterien auf diese Weise den Darm vollständig besiedeln und nicht nur einen Abschnitt, meint Camilli. Jene zusätzlich angeschalteten Erbanlagen scheinen somit dazu beizutragen, dass ihre Träger wesentlich ansteckender sind – zumindest für Mäuse. Der zugrundeliegender Mechanismus ist jedoch noch schleierhaft.

Vermutlich hat sich der Krankheitserreger derartig entwickelt, um seine Übertragung zu optimieren. "Menschen sind eine gute Umgebung für das Cholerabakterium und ein perfektes Vehikel", hebt Camilli hervor. An die entdeckten Gene knüpfen Wissenschafter nun große Hoffnungen: Eventuell liefern die von ihnen codierten Proteine geeignete Zielscheiben für zukünftige Impfstoffe, wie James Kaper vom Center for Vaccine Development betont.

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