Zoologie: Versteckspiel mit Energiesparmodus
Mit dem Untergrund zu verschmelzen ist ein Klacks für Durchschnittschamäleons, sollte man meinen. Und läge falsch: Auch die Täuschkünstler überlegen sich ganz genau, wann sie welches Hautfarben-Schauspiel abspulen.
Tarnkleid ist nicht gleich Tarnkleid, wie jeder erfahrene Militärausbilder jedem Rekruten im Manöver ziemlich lautstark beibringen wird, der im ordnungsgemäß oliv changierenden Camouflage-Streifenlook durch den Schnee stampft, weil er den weißen Winteroverall in der Kaserne vergessen hat. In der freien Wildbahn wird so etwas gefährlich – und tierische Täuschkünstler wie das Chamäleon tragen darum für alle möglichen Gelegenheiten passende Oberflächen im körpereigenen Spind. Die Haut der Tiere kann, wie auch jene bestimmter Kraken, Fische und Frösche, viele Farben und Schattierungen annehmen und sich auf den Untergrund so perfekt abstimmen, dass ein hungriger Beutegreifer den getarnten Leckerbissen häufiger übersieht als entdeckt.
Dummerweise ist aber auch Feind nicht gleich Feind – vielmehr haben verschiedene Räuber ganz unterschiedliche Mittel und Methoden, um verborgene kalorienreiche Beute zu erkennen. Und so kann auch das schönste Tarnkleid, das einen Jäger in die Irre führt, beim zweiten versagen. Die Gefahr besteht gerade dann, wenn die Beute auf dem gleichen Untergrund mit unterschiedlichen Sinnes-Sensoren angepeilt wird, vermuteten Devi Stuart-Fox von der University of Melbourne und seine Kollegen und machten sich auf die Suche nach Beute-Räuber-Konstellationen, bei denen dieser theoretische Umstand in der Praxis Konsequenzen haben könnte. Ihre Wahl fiel auf das Zwerg-Chamäleon Bradypodion taeniabronchum in der Opferrolle; die sensorisch unterschiedlich begabten Jäger des Tarnkünstlers spielten Lanius collarsis und Dispholidus typus – ein Vogel und eine Schlange.
Feinde von oben und unten
Das geschuppte Reptil mit dem schönen Namen "Boomslang", eine baumlebende Trugnatter, ist dabei visuell deutlich spärlicher ausgestattet als der gefiederte Fiskalwürger: Als Vogel verfügt er über gleich vier verschieden Sehpigment-Typen und beherrscht daher das tetrachromate Sehen. Dadurch kann er feinere Farbschattierungsunterschiede auseinanderhalten als die trichromate Schlange mit ihren nur drei Pigmenttypen.
Die Reaktionen der Versuchstiere auf ihre nachgestellten Todfeinde waren hektisch und chamälentypisch – sie machten sich flach, duckten sich ruckartig in den modellabseitigen Astschatten und wechselten ihre Farbe Richtung Untergrundschattierung. Eben diese Farbänderung analysierten Stuart-Fox und Kollegen dann im Detail: Wie stark wichen nach dem Farbumschwung Schattierung und farbliche Brillanz vom Untergrund ab, wie perfekt gelang also den Tieren ihre Tarnung?
Tarnen, Täuschen, Abwägen
Das Ergebnis offenbarte deutlich Unterschiede in der Anstrengung der geschockten Chamäleons, ihre Tarnfärbung dem Ästchen unter ihnen anzugleichen. Auf den ersten Blick fiel auf, dass besonders sich nähernde Schlangen die Chamäleons blass machen – viel blasser als anfliegende Vögel. Vielleicht, so die Wissenschaftler, spiegele dies einfach die biologischen Verhältnisse wider: Schlangen nähern sich schlicht häufig von unten, von wo aus ein helles Chamäleon vor dem Himmel schlechter zu erkennen ist als ein dunkel gefärbtes.
Spannender aber war eine Gesamtanalyse der Farbanpassung – und hier zeigte sich eindeutig, dass die Farbwechsler ihre Oberflächenanpassung in Reaktion auf sich nähernde Vögel perfektionierten, sich bei Schlangen dagegen aber insgesamt weniger Mühe gaben.
Das könne daran liegen, dass anfliegende Vögel, die besser sehen können als Schlangen, eine häufigere Gefahr sind – und daher im Laufe der Evolution starken Selektionsdruck auf eine gelungen Tarnfärbung ausgeübt haben, die auch vor tetrachromatischen Augen besteht, meinen die Forscher. Warum aber nutzen die Chamäleons nicht die in einer Welt von hungrigen Vögeln offensichtlich notwendige, sehr farbechte Tarnmöglichkeit auch dann, wenn Schlangen sich nähern? Wahrscheinlich sei es mit nicht vernachlässigbaren Kosten verbunden, seine Oberfläche perfekt an den Untergrund anzupassen – wenn man diese Kosten einsparen kann, dann tut man dies auch als Chamäleon.
Nicht biologisch-energetisch, sondern menschlich nachvollziehbar wäre es übrigens allemal, wenn Chamäleons sich vor den Fiskalwürgern stärker in Acht nehmen als vor der Schlange: In einem Schlangenmagen zu enden mag nicht schön sein, der Prozess dürfte aber wenigsten recht schnell gehen – die Würger dagegen fressen eher auf die harte Tour. Wenn sie ein Chamäleon enttarnt und erwischt haben, dann spießen sie ihre Beute gewohnheitsmäßig noch lebend auf Akaziendornen auf, bevor sie lange und genüsslich an ihr herumknabbern. Vielleicht war die Evolution den Zwerg-Chamäleons ja nur gnädig, auf ihrem Weg zum perfekten Tarnkleid.
Dummerweise ist aber auch Feind nicht gleich Feind – vielmehr haben verschiedene Räuber ganz unterschiedliche Mittel und Methoden, um verborgene kalorienreiche Beute zu erkennen. Und so kann auch das schönste Tarnkleid, das einen Jäger in die Irre führt, beim zweiten versagen. Die Gefahr besteht gerade dann, wenn die Beute auf dem gleichen Untergrund mit unterschiedlichen Sinnes-Sensoren angepeilt wird, vermuteten Devi Stuart-Fox von der University of Melbourne und seine Kollegen und machten sich auf die Suche nach Beute-Räuber-Konstellationen, bei denen dieser theoretische Umstand in der Praxis Konsequenzen haben könnte. Ihre Wahl fiel auf das Zwerg-Chamäleon Bradypodion taeniabronchum in der Opferrolle; die sensorisch unterschiedlich begabten Jäger des Tarnkünstlers spielten Lanius collarsis und Dispholidus typus – ein Vogel und eine Schlange.
Feinde von oben und unten
Das geschuppte Reptil mit dem schönen Namen "Boomslang", eine baumlebende Trugnatter, ist dabei visuell deutlich spärlicher ausgestattet als der gefiederte Fiskalwürger: Als Vogel verfügt er über gleich vier verschieden Sehpigment-Typen und beherrscht daher das tetrachromate Sehen. Dadurch kann er feinere Farbschattierungsunterschiede auseinanderhalten als die trichromate Schlange mit ihren nur drei Pigmenttypen.
Für ein Chamäleon, dass aus Tarngründen versucht, seine Hautoberfläche möglichst genau an den Untergrund anzupassen, sollten die Augen des Vogels daher eine größere Herausforderung sein, spekulierten die südafrikanischen Forscher. Sie testeten diese Hypothese mit Hilfe von acht eingefangenen Zwergchamäleons, ohne diese dabei in Lebensgefahr zu bringen: Unter Kamerabeobachtung auf Zweige verbracht, erschreckten die Forscher ihre Versuchstiere nur mit lebensnahen Schlangen- oder Würger-Modellen.
Die Reaktionen der Versuchstiere auf ihre nachgestellten Todfeinde waren hektisch und chamälentypisch – sie machten sich flach, duckten sich ruckartig in den modellabseitigen Astschatten und wechselten ihre Farbe Richtung Untergrundschattierung. Eben diese Farbänderung analysierten Stuart-Fox und Kollegen dann im Detail: Wie stark wichen nach dem Farbumschwung Schattierung und farbliche Brillanz vom Untergrund ab, wie perfekt gelang also den Tieren ihre Tarnung?
Tarnen, Täuschen, Abwägen
Das Ergebnis offenbarte deutlich Unterschiede in der Anstrengung der geschockten Chamäleons, ihre Tarnfärbung dem Ästchen unter ihnen anzugleichen. Auf den ersten Blick fiel auf, dass besonders sich nähernde Schlangen die Chamäleons blass machen – viel blasser als anfliegende Vögel. Vielleicht, so die Wissenschaftler, spiegele dies einfach die biologischen Verhältnisse wider: Schlangen nähern sich schlicht häufig von unten, von wo aus ein helles Chamäleon vor dem Himmel schlechter zu erkennen ist als ein dunkel gefärbtes.
Spannender aber war eine Gesamtanalyse der Farbanpassung – und hier zeigte sich eindeutig, dass die Farbwechsler ihre Oberflächenanpassung in Reaktion auf sich nähernde Vögel perfektionierten, sich bei Schlangen dagegen aber insgesamt weniger Mühe gaben.
Das könne daran liegen, dass anfliegende Vögel, die besser sehen können als Schlangen, eine häufigere Gefahr sind – und daher im Laufe der Evolution starken Selektionsdruck auf eine gelungen Tarnfärbung ausgeübt haben, die auch vor tetrachromatischen Augen besteht, meinen die Forscher. Warum aber nutzen die Chamäleons nicht die in einer Welt von hungrigen Vögeln offensichtlich notwendige, sehr farbechte Tarnmöglichkeit auch dann, wenn Schlangen sich nähern? Wahrscheinlich sei es mit nicht vernachlässigbaren Kosten verbunden, seine Oberfläche perfekt an den Untergrund anzupassen – wenn man diese Kosten einsparen kann, dann tut man dies auch als Chamäleon.
Nicht biologisch-energetisch, sondern menschlich nachvollziehbar wäre es übrigens allemal, wenn Chamäleons sich vor den Fiskalwürgern stärker in Acht nehmen als vor der Schlange: In einem Schlangenmagen zu enden mag nicht schön sein, der Prozess dürfte aber wenigsten recht schnell gehen – die Würger dagegen fressen eher auf die harte Tour. Wenn sie ein Chamäleon enttarnt und erwischt haben, dann spießen sie ihre Beute gewohnheitsmäßig noch lebend auf Akaziendornen auf, bevor sie lange und genüsslich an ihr herumknabbern. Vielleicht war die Evolution den Zwerg-Chamäleons ja nur gnädig, auf ihrem Weg zum perfekten Tarnkleid.
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