Direkt zum Inhalt

Fremdsprachen lernen: Wann schließt sich das Zeitfenster?

Um die englische Grammatik eines Tages perfekt zu meistern, sollte man spätestens im Alter von zehn Jahren mit dem Lernen beginnen.
Fremdsprachen so früh wie möglich lernen?

Wer bis zu einem Alter von zehn Jahren mit dem Englischlernen beginnt, kann das grammatikalische Niveau von Muttersprachlern erreichen. Spätestens ab 18 Jahren täten wir uns mit der Grammatik allerdings zunehmend schwer, berichtet ein Team um Joshua Hartshorne vom Massachusetts Institute of Technology in der Fachzeitschrift »Cognition«. Das errechneten die Forscher aus den Angaben von rund 670 000 Menschen, die ein zehnminütiges Englischquiz absolviert sowie Auskunft über ihre Herkunft und ihre Erfahrung mit der englischen Sprache gegeben hatten.

»Wir haben keine großen Unterschiede gefunden zwischen jenen, die ab der Geburt oder bis zu einem Alter von zehn Jahren begannen, Englisch zu lernen. Aber danach fällt die Fähigkeit ab«, erläutert Erstautor Hartshorne. Zwischen 10 und 18 Jahren lerne man immer noch schnell, erreiche jedoch nicht mehr die Kompetenz eines Muttersprachlers. Danach falle es offenbar zunehmend schwer, die Grammatik einer fremden Sprache auf hohem Niveau zu meistern – nur warum das so sei, wisse man nicht. Zum einen dürfte die verminderte neuronale Plastizität eine Rolle spielen, also die Lernfähigkeit von Nervenzellen, glauben Hartshorne und seine Kollegen, darunter der Psychologe und Evolutionsforscher Steven Pinker. Zum anderen könnte die Kultur beteiligt sein: Mit dem Verlassen des Elternhauses, dem ersten Job oder der Spezialisierung auf ein Studienfach blieben womöglich weniger Zeit und Energie zum Sprachenlernen.

Über die Altersgrenze, bis zu der man eine Fremdsprache noch perfekt erlernen könne, sind sich Experten bis heute uneins. »Die meisten Vertreter solch einer kritischen Phase gehen davon aus, dass diese ungefähr mit dem Beginn der Pubertät endet«, erklärt etwa das Goethe-Institut auf seiner Website. Einige Wissenschaftler seien der Auffassung, »dass diese kritische Phase bereits in der frühen Kindheit vorbei ist, während wieder andere glauben, dass sie bis über das 20. Lebensjahr hinausreicht«.

Umstritten ist ebenfalls, ob sich Kinder tatsächlich mit allen Aspekten des Sprachenlernens leichter tun. Bei Experimenten im Labor etwa hatte man beobachtet, dass Erwachsene Kindern beim Erlernen einer fremdsprachlichen Grammatik überlegen waren. Doch solche Studien, glaubt Hartshorne, würden die natürlichen Bedingungen beim Spracherwerb nur unzureichend abbilden. Als Nächstes will er in seinem neuen Labor an der Boston University die kritische Altersgrenze für das Erlernen anderer Sprachfertigkeiten wie der Aussprache bestimmen und untersuchen, ob sich die vorliegenden Befunde auf das Spanische übertragen lassen.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.