Lebensqualität: Action im Westen, Ruhe im Osten
Wer häufig positive Gefühle erlebt, bleibt körperlich und psychisch gesünder. Nicht zuletzt deshalb sprechen Therapeuten mit ihren Patienten oft darüber, wie diese sich in ihrer Freizeit etwas Gutes tun können. Allerdings gibt es ganz verschiedene Arten von Unternehmungen, die wir als angenehm erleben: Manche Menschen bevorzugen eher spannende und stimulierende Erlebnisse, andere dagegen geruhsame Tätigkeiten.
Ein internationales Team von Psychologinnen wollte nun wissen, welche Freizeitaktivitäten langfristig besser für das Wohlbefinden sind – und ob das auch von der Kultur abhängt, in der man lebt. Denn im individualistisch geprägten Westen gilt es vielen Menschen als erstrebenswert, etwas Aufregendes zu unternehmen, zum Beispiel auf eine Party zu gehen, einen Freizeitpark zu besuchen oder Sport zu treiben. In kollektivistischen Kulturen wie Japan schätzt man dagegen traditionell eher beschauliche Aktivitäten, etwa zu meditieren, ein Bad zu nehmen oder die Natur zu genießen.
Die Forscherinnen um Magali Clobert, die mittlerweile an der belgischen Université Catholique de Louvain arbeitet, analysierten die Daten zweier nationaler Studien aus den USA und Japan. Die Versuchspersonen sollten darin unter anderem angeben, wie oft sie bestimmte Gefühle erleben, welche Aktivitäten sie häufig ausführen und wie stark sie unter körperlichen Einschränkungen leiden. Auch biologische Messwerte flossen in die Analyse ein, etwa der Cholesterinspiegel oder ein Biomarker für Entzündungen.
Für Teilnehmer aus den USA galt: Wer häufiger aktiven Unternehmungen nachging, litt weniger unter Krankheiten, Schmerzen und Schlafproblemen. In Japan dagegen waren jene Probanden bei besserer Gesundheit, die sich regelmäßig ruhigen Freizeitbeschäftigungen widmeten. In der amerikanischen Stichprobe waren zudem jene Teilnehmer körperlich fitter, die häufiger über »aufregende« positive Emotionen wie Begeisterung berichteten.
Dass positive Gefühle im Allgemeinen mit besserer Gesundheit einhergehen, war schon bekannt – in der westlich geprägten Psychologie habe man darunter aber meist nur Emotionen mit einem erhöhten Erregungsniveau verstanden, schreiben Clobert und ihre Kolleginnen. Die Analyse zeige jedoch, dass der Zusammenhang zwischen angenehmen Aktivitäten und körperlicher Gesundheit kulturabhängig sei.
Einen ähnlichen kulturellen Unterschied ergaben bereits Studien zu negativen Gefühlen: Wer diese häufiger erlebt, leidet eher unter Erkrankungen, Schmerzen und Müdigkeit. Dieser Zusammenhang ist in individualistischen Gesellschaften wie in den USA jedoch deutlich stärker ausgeprägt als in den kollektivistischen asiatischen Kulturen, die negative Emotionen offenbar nicht so stark vermeiden.
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