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Einzellige Kunstkritiker: Welche Mikroben auf Barockgemälden leben

Pilze und Bakterien können alte Gemälde beschädigen - doch welche Organismen die Kunstwerke besiedeln, ist kaum bekannt. Eine Arbeitsgruppe hat nun nachgeschaut.
Beispiel: Glücksspiel

Bakterien leben überall – auch auf 400 Jahre alten Gemälden. Welche das sind und was für Konsequenzen das für die Kunstwerke haben könnte, berichtet eine Arbeitsgruppe um Elisabetta Caselli von der Università degli Studi di Ferrara anhand des Barockgemäldes »Incoronazione della Vergine«. Wie das Team in »PLoS ONE« berichtet, weist das Werk des Malers Carlo Bononi, das seit etwa 1620 unter der Decke der Basilika Santa Maria in Vado in Ferrara montiert war, neben Rissen auch Spuren mikrobiellen Abbaus durch die besiedelnden Pilze und Bakterien auf. Insgesamt vier Schimmelpilzgruppen, darunter den auch in vielen Kühlschränken beheimateten Gießkannenschimmel Aspergillus, fanden sich auf der Oberfläche zusammen mit den Bakteriengattungen Bacillus und Staphylococcus. Einzellige Algen oder andere Fotosynthese treibende Organismen dagegen hausten nicht auf dem Bild: Vermutlich ist die Basilika zu dunkel.

Mikrobieller Abbau sei ein potenzielles Problem für die Konservierung von Gemälden, denn die verschiedenen Grundierungs- und Farbschichten auf der Leinwand böten Mikroorganismen aller Art einen günstigen Nährboden, schreibt das Team um Caselli. So könnten bestimmte Farben als Nahrung für Bakterien und Pilze dienen. Tatsächlich will die Arbeitsgruppe auf hellen und dunklen Bereichen des Bildes eine unterschiedliche Mikrobenflora entdeckt haben, demnach wuchsen die Pilze Aspergillus und Penicillium bevorzugt auf dunklem Hintergrund. Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Proben des Bildes zeigen nach Angaben des Teams Pilzhyphen mit wohl von ihnen ausgeschiedenen Kalzitkristallen, die darauf hindeuten, dass der Bewuchs dem Bild möglicherweise tatsächlich Nährstoffe entzieht. Allerdings weist die Autorin selbst darauf hin, dass die Kultivierungs- und Untersuchungsverfahren in der Studie nicht ausgefeilt genug sind, um wirklich Schlüsse über die konkrete Verteilung der Mikroben und ihre Auswirkungen zuzulassen.

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