Robotik: Wenn sich der Käfig öffnet
Mehr als einhunderttausend Industrieroboter arbeiten in Deutschland. Sie schweißen, löten und fräsen, verpacken und sortieren. Doch noch behalten ihre Besitzer sie hinter Gittern. Das soll sich ändern. Sind die Roboter erst einmal befreit, könnten sie schnell andere Arbeitsbereiche erobern.
An der Bar herrscht großer Andrang. Unerlässlich öffnet der Barkeeper Bierflaschen und mixt Cocktails. Doch der Zuruf nach weiteren Getränken verhallt ungehört: Wünsche werden hier nur mittels Touch-Screen angenommen, der Herr über Rum und Pils ist ein Industrieroboter. Mit zwei beweglichen Gelenkarmen greift er die Gläser, füllt sie an einer Bar mit Getränken und platziert sie auf einem Laufband, das sie zu den Gästen fährt.
Industrieroboter als Pralinensortierer
"Industrieroboter haben sich in den vergangenen Jahren stark verbessert", erklärt Dennis Fritsch, Gruppenleiter Industrierobotik des Fraunhofer-Instituts IPA in Stuttgart, den Trend. Sie seien schneller, kräftiger, vor allem aber auch günstiger geworden. Das mache sie auch jenseits großer Industriezweige interessant.
Die Verkaufszahlen bestätigen die Einschätzung des Wissenschaftlers. Weltweit wurden einer aktuellen Studie der International Federation of Robotics zufolge im vergangenen Jahr 112 200 Industrieroboter verkauft – zehn Prozent hiervon allein in Deutschland, Europas größtem Markt für Robotikprodukte.
Insgesamt wurden weltweit zwar elf Prozent weniger Industrieroboter gehandelt als 2005, Umsatzeinbrüche indes gab es allein bei klassischen Nutzern wie der Automobil- und Elektronikindustrie. Alle anderen Branchen erhöhten ihre Einkäufe um 25 Prozent. Der Europäische Markt konnte trotz des allgemeinen Investitionsrückganges sogar zusätzliche Gewinne verbuchen. Besonders die Nahrungsmittelindustrie meldete Bedarf an. "Der Trend geht langsam Richtung Mittelstand", schätzt Fritsch. Automaten lernen sehen
Bislang jedoch konnten kleinere Unternehmen wenig mit den Maschinen anfangen. Denn der klassische stationäre Greifroboter mit seinen sechs Gelenken wurde dafür konzipiert, einzelne Bewegungsabläufe in einer vorgegebenen Umgebung umzusetzen. Ohne jeweils individuell angepasste Werkbänke kann er nicht arbeiten. "Alle Teile, die ein Industrieroboter beispielsweise schweißen soll, muss man vorher exakt positionieren und wie bei einem Schraubstock festspannen", erläutert Igor Kovač vom Institut für Fertigungstechnik der Technischen Universität Graz die Problematik. Jeder Roboter braucht eine individuell anpasste Werkbank, die allein für diese Aufgabe zugeschnitten ist.
Darum forschen Robotiker intensiv an neuen Modellen, die mit Hilfe von Sensoren und Kameras autonomer agieren und flexibel eingesetzt werden können. "Ohne Sensoren sind Roboter im Grunde dumme Maschinen. In den letzten Jahren hat die Sensortechnik aber große Fortschritte gemacht", sagt Dennis Fritsch vom Fraunhofer IPA. Er rechnet bereits im nächsten Jahr mit ersten Modellen, die sich ihre Materialien selbst greifen und positionieren können.
Programmieren für Anfänger
Abschied vom Käfig
Viele Techniker träumen indes nicht allein von autonomen, sondern von mobilen Robotern, die je nach Arbeitseinsatz ihren Standort wechseln. Neben einer verbesserten Orientierung brauchen die Automaten hierfür aber vor allem neue Sicherheitskonzepte. Denn wer einem Industrieroboter in die Quere kommt, hat leicht das Nachsehen. Schon heute kommt es in Deutschland jährlich zu etwa 500 meldepflichtigen Zusammenstößen zwischen Mensch und Maschine – dabei stehen die Automaten bislang meist hinter Gittern.
Denn um Gefährdungen zu vermeiden, sind heutige Roboter mit Schutzkäfigen umzäunt. Bei neueren Modellen trennen Vorhänge aus Laserstrahlen die Maschine von ihren menschlichen Kollegen. Werden diese Lichtstrahlen durchschritten, wird ein Notstopp ausgelöst. "Langfristig planen wir aber, die Roboter aus diesen Käfigen heraus zu holen", sagt Dennis Fritsch. Denn gerade in der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine liege die Zukunft moderner Arbeitsplätze.
"Es ist ein verbreitetes Vorurteil, dass Roboter menschliche Arbeitskraft ersetzen. Dabei könnten sich Mensch und Maschine ideal ergänzen", meint auch Gerd Hirzinger, Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Roboter habe die Kraft und die Ausdauer, der Mensch die Fingerfertigkeit und die schnellere Auffassungsgabe. "Mit intelligenten und kostengünstigen Robotern bestünde durchaus die Chance, manche Produktion wieder zurück nach Europa zu holen", glaubt der Experte.
Softies aus Metall
"Die Akzeptanz moderner Roboter ist wirklich ein großes Problem", meint auch Igor Kovač von der Technischen Universität Graz. "In einem Fall haben wir ein ganzes Jahr gebraucht, um ein Unternehmen von einer Robotikanwendung zu überzeugen. Umgesetzt wurde das Projekt dann in drei Monaten", sagt er. Der Techniker ist jedoch zuversichtlich, dass sich das Blatt wenden wird. "Wenn wir die aktuellen Probleme mit der unflexiblen Arbeitsumgebung gelöst haben, ist der Roboter ein hochflexibles Gerät", ist er sich sicher: "Es wird nicht mehr lange dauern, bis Industrieroboter auch im Baugewerbe oder in der Medizin zu einem breiten Einsatz kommen."
Was wie eine Szene aus einem Science-Fiction-Film anmutet, ist ein Studentenprojekt des Technikums Wien, entwickelt für die Technikmesse Automatica 2006 in München. Denn der klassische Industrieroboter, der in einer Automobilfabrik in einfachen Abläufen Bauteile zusammenschweißt, hat längst hoch entwickelte Gesellschaft bekommen. Automaten arbeiten nicht mehr allein in der Montage oder Fertigung, sondern verpacken Waren, stecken Flaschen in Getränkekisten oder sortieren Pralinen in eine Schachtel. Dabei werden die Abläufe, die sie bewältigen können, immer komplexer.
Industrieroboter als Pralinensortierer
"Industrieroboter haben sich in den vergangenen Jahren stark verbessert", erklärt Dennis Fritsch, Gruppenleiter Industrierobotik des Fraunhofer-Instituts IPA in Stuttgart, den Trend. Sie seien schneller, kräftiger, vor allem aber auch günstiger geworden. Das mache sie auch jenseits großer Industriezweige interessant.
Die Verkaufszahlen bestätigen die Einschätzung des Wissenschaftlers. Weltweit wurden einer aktuellen Studie der International Federation of Robotics zufolge im vergangenen Jahr 112 200 Industrieroboter verkauft – zehn Prozent hiervon allein in Deutschland, Europas größtem Markt für Robotikprodukte.
Insgesamt wurden weltweit zwar elf Prozent weniger Industrieroboter gehandelt als 2005, Umsatzeinbrüche indes gab es allein bei klassischen Nutzern wie der Automobil- und Elektronikindustrie. Alle anderen Branchen erhöhten ihre Einkäufe um 25 Prozent. Der Europäische Markt konnte trotz des allgemeinen Investitionsrückganges sogar zusätzliche Gewinne verbuchen. Besonders die Nahrungsmittelindustrie meldete Bedarf an. "Der Trend geht langsam Richtung Mittelstand", schätzt Fritsch. Automaten lernen sehen
Bislang jedoch konnten kleinere Unternehmen wenig mit den Maschinen anfangen. Denn der klassische stationäre Greifroboter mit seinen sechs Gelenken wurde dafür konzipiert, einzelne Bewegungsabläufe in einer vorgegebenen Umgebung umzusetzen. Ohne jeweils individuell angepasste Werkbänke kann er nicht arbeiten. "Alle Teile, die ein Industrieroboter beispielsweise schweißen soll, muss man vorher exakt positionieren und wie bei einem Schraubstock festspannen", erläutert Igor Kovač vom Institut für Fertigungstechnik der Technischen Universität Graz die Problematik. Jeder Roboter braucht eine individuell anpasste Werkbank, die allein für diese Aufgabe zugeschnitten ist.
"Ohne Sensoren sind Roboter im Grunde dumme Maschinen"
(Dennis Fritsch)
Kleinere Betriebe wollen ihre Roboter jedoch vielfältig einsetzen – und mit ihnen beispielsweise eine Woche lang Kisten befüllen, um sie in der nächsten Woche dann Päckchen verpacken zu lassen. Sie brauchen darum Automaten, die sich einerseits in unbekannten Umgebungen zurechtfinden, und die andererseits in der Lage sind, die nötigen Arbeitsschritte ohne komplexe Vorrichtungen durchzuführen. (Dennis Fritsch)
Darum forschen Robotiker intensiv an neuen Modellen, die mit Hilfe von Sensoren und Kameras autonomer agieren und flexibel eingesetzt werden können. "Ohne Sensoren sind Roboter im Grunde dumme Maschinen. In den letzten Jahren hat die Sensortechnik aber große Fortschritte gemacht", sagt Dennis Fritsch vom Fraunhofer IPA. Er rechnet bereits im nächsten Jahr mit ersten Modellen, die sich ihre Materialien selbst greifen und positionieren können.
Programmieren für Anfänger
Doch damit ist es nicht getan. Denn wenn ein Fabrikbesitzer seinen Automaten flexibel einsetzen will, muss er in der Lage sein, ihm die neue Aufgabe beizubringen. "Das muss erheblich vereinfacht werden", glaubt Fritsch. "Wir brauchen eine intuitivere Programmierung." So wäre es etwa vorstellbar, dass man den Greifarm einmal mit den Händen in gewünschte Position bringt, und das Gerät die Bewegung abspeichert und anschließend alleine ausführt. Auch über Sprachsteuerungen wird nachgedacht.
Abschied vom Käfig
Viele Techniker träumen indes nicht allein von autonomen, sondern von mobilen Robotern, die je nach Arbeitseinsatz ihren Standort wechseln. Neben einer verbesserten Orientierung brauchen die Automaten hierfür aber vor allem neue Sicherheitskonzepte. Denn wer einem Industrieroboter in die Quere kommt, hat leicht das Nachsehen. Schon heute kommt es in Deutschland jährlich zu etwa 500 meldepflichtigen Zusammenstößen zwischen Mensch und Maschine – dabei stehen die Automaten bislang meist hinter Gittern.
Denn um Gefährdungen zu vermeiden, sind heutige Roboter mit Schutzkäfigen umzäunt. Bei neueren Modellen trennen Vorhänge aus Laserstrahlen die Maschine von ihren menschlichen Kollegen. Werden diese Lichtstrahlen durchschritten, wird ein Notstopp ausgelöst. "Langfristig planen wir aber, die Roboter aus diesen Käfigen heraus zu holen", sagt Dennis Fritsch. Denn gerade in der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine liege die Zukunft moderner Arbeitsplätze.
"Es ist ein verbreitetes Vorurteil, dass Roboter menschliche Arbeitskraft ersetzen. Dabei könnten sich Mensch und Maschine ideal ergänzen", meint auch Gerd Hirzinger, Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Roboter habe die Kraft und die Ausdauer, der Mensch die Fingerfertigkeit und die schnellere Auffassungsgabe. "Mit intelligenten und kostengünstigen Robotern bestünde durchaus die Chance, manche Produktion wieder zurück nach Europa zu holen", glaubt der Experte.
Softies aus Metall
Bis es so weit ist, sollen die Maschinen jedoch sanfter werden. Ein Team um Sami Haddadin vom DLR etwa hat einen Roboter konstruiert, dessen Arm bei einem Zusammenstoß nachgibt. An der Technischen Universität Darmstadt entwickeln Forscher nach dem Vorbild des menschlichen Armes besonders leichte Automaten, die beim Zusammenprall keine Gefahr mehr darstellen. Und das ICT&S Center der Universität Salzburg erforscht unter der Leitung von Manfred Tscheligi, wie Kollege Roboter beschaffen sein sollte, damit die menschlichen Mitarbeiter ihn auch als Partner akzeptieren. Denn die beste Technik nützt nichts, wenn die Menschen Angst vor ihr haben.
"Die Akzeptanz moderner Roboter ist wirklich ein großes Problem", meint auch Igor Kovač von der Technischen Universität Graz. "In einem Fall haben wir ein ganzes Jahr gebraucht, um ein Unternehmen von einer Robotikanwendung zu überzeugen. Umgesetzt wurde das Projekt dann in drei Monaten", sagt er. Der Techniker ist jedoch zuversichtlich, dass sich das Blatt wenden wird. "Wenn wir die aktuellen Probleme mit der unflexiblen Arbeitsumgebung gelöst haben, ist der Roboter ein hochflexibles Gerät", ist er sich sicher: "Es wird nicht mehr lange dauern, bis Industrieroboter auch im Baugewerbe oder in der Medizin zu einem breiten Einsatz kommen."
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