Ornithologie: Wer solche Freunde hat ...
Koalitionen gibt es auch im Tierreich: Vögel oder Säuger schließen sich beispielsweise zusammen, um gemeinsam dem gefräßigen Feind zu entgehen – ein Handel auf Gegenseitigkeit. Bisweilen egoistische Trittbrettfahrer bleiben da nicht aus, wie nun ein Beispiel aus Südafrikas Vogelwelt belegt.
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Elsterdrossling | Elsterdrossling gehören zur großen Vogelfamilie der Timalien und sind im südlichen Afrika weit verbreitet und häufig.
Beiderseitiger Vorteil
Auch wenn das tragische Ende des gefiederten Alarmgebers vielleicht das Gegenteil nahelegt, so sind artübergreifende Warnrufe in der Natur nicht nur durchaus häufig, sondern meist auch zum beiderseitigen Vorteil. Erspähen beispielsweise die scharfen Augen der nordamerikanischen Schwarzkopfmeisen ein Käuzchen im Gebüsch, ist das Gezeter groß. Von den typischen Klängen angelockt, eilen sofort Kanadakleiber herbei und beteiligen sich am Eulen-Mobbing, bis der Jäger sich entnervt verzieht – und die Gefahr für beide gebannt ist. Gleiches gilt für die typischen bunt gemischten Vogelschwärme der Tropen, wo immer einer wacht, während der Rest unbehelligt fressen kann und bei Risiko gemeinsam flieht.
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Sozialleben | Elsterdrosslinge sind sehr soziale Tiere, die auch gemeinsam auf die Nahrungssuche gehen. Da sie dabei intensiv im Boden stochern, sind sie auf jemanden angewiesen, der die Augen nach Angreifern offen hält.
Selbstloses Verhalten?
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Überlistet | Die Wachaufgabe übernehmen oft und gerne Trauerdrongos, die zuverlässig vor Fressfeinden warnen – nicht ohne Eigennutz. Denn mit jedem dritten Alarm locken sie ihre Schützlinge in die Irre und vertilgen deren ausgegrabene, aber auf der Flucht zurückgelassene Beute.
Während er bodenständige Räuber bei der alleinigen Futtersuche missachtet, pfeift er erregt in Gesellschaft der Drosslinge, sobald sich ein derartiger Fressfeind nähert. Mit Erfolg, denn in neunzig Prozent der Fälle gehen die dankbaren Vogelkameraden in Deckung und entgehen damit dem vorzeitigen Ableben. Ist ein Trauerdrongo zugegen, widmen sich die Elsterdrosslinge sogar fast völlig der Nahrungssuche und überlassen den Schutz ihrem Begleiter, so sehr haben sie sich an deren Aufpasserfunktion gewöhnt.
Oder doch nicht?
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Elsterdrossling | Trotz der überlassenen Nahrung profitieren die Elsterdrosslinge wohl insgesamt von ihrem Wächter.
Obwohl dieser Kleptoparasitismus – so bezeichnen die Biologen das Verhalten – also recht lukrativ ist, können ihn die Drongos nur so selten einsetzen, dass die hinter das Licht geführten Drosslinge nicht irgendwann misstrauisch werden. Für Schlechtwetterperioden, in denen fliegende Beute rar ist, bietet es jedenfalls eine passable Alternative. Und eine gewisse – wenngleich ergaunerte – Belohnung haben sich die Trauerdrongos für ihre ansonsten ehrliche Überwachungsarbeit doch auch verdient, wenn die Schützlinge sie schon nicht freiwillig gewähren.
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