Ornithologie: Adlerauge sei wachsam!
Die schrillsten Typen kriegen die schärfsten Bräute: Bei den Vögeln gilt dies viel mehr noch als bei den Menschen. Dumm nur, dass sie damit auch mögliche Feinde anlocken könnten - es sei denn, sie helfen sich mit Tricks.
Tarnen und Täuschen sind populäre Mittel in der Tierwelt im täglichen Drama zwischen den potenziell zu Fressenden und den Fressern: Harmlose Nattern brillieren in den Farben der tödlich giftigen Korallenschlange, um Feinde irrezuleiten. Unscheinbar rindenfarbige Falter entblößen plötzlich riesige, etwa Eulenaugen imitierende Flügelflecken als letztes Mittel im Daseinskampf, wenn die Tarnung versagt und ein Vogel zum letzten Picken ansetzt.
Doch was tut ein Piepmatz selbst, damit er nicht vom Jäger zum Gejagten gibt? Denn Feinde gibt es viele: Falken, Eulen, Rabenvögel verschmähen auch die nähere Singvogel-Verwandtschaft nicht zur täglichen Deckung des Proteinbedarfs; ganz zu schweigen von Katzen, Füchsen oder Mardern. Mimikry und Mimese kommen jedoch für viele Männchen der Zunft nicht in Frage. Die Mimikry – das Nachahmen giftiger oder nicht schmackhafter Tiere – etwa scheidet zumeist aus, da die Vögel nicht die Färbung toxischer Arten übernehmen können: Es gibt nur wenige Vogelspezies wie die Pitohuis aus der Familie der Timalien, die diese Abwehrmethode zum Eigenschutz anwenden, und sie alle leben noch dazu auf Neuguinea.
Auch Mimese, die Anpassung an die Umgebung durch Form und Farbe, steht zumindest für die meisten Männchen der Vogelwelt nicht zur Wahl: Um das Fortbestehen des eigenen Genmaterials zu sichern, müssen die Samenspender durch wohltönenden Gesang, ein prächtiges Gefieder oder ein ausdrucksstarkes Tänzchen die Weibchen anlocken und von sich überzeugen. Dieses Verhalten macht jedoch auch unerwünschte wie gefährliche Zaungäste aufmerksam und erhöht somit das Risiko vorzeitigen Ablebens – der eigene Nachwuchs und damit ein Stückchen Unsterblichkeit bliebe aus.
Was kann also getan werden, um mit maximaler Attraktivität auch maximalen Erfolg herauszuholen bei gleichzeitiger minimaler Exituswahrscheinlichkeit? Nun, viele Vogelarten bedienen sich subtiler Tricks, die dem menschlichen Auge und ebenso dem anderer Säugetiere verborgen bleiben: Sie sind in der Lage, im UV-Bereich des Lichts zu sehen. Und folglich setzen sie auch bei ihrer Ausschmückung auf UV-Licht reflektierende Federn, die für uns unspektakulär aussehen, aber für weibliche Artgenossen ein reizvolles Aphrodisiakum darstellen.
Dies geht sogar so weit, dass äußerlich praktisch identische Tangaren – eine bunte Vogelfamilie aus den Tropen Südamerikas – eigentlich völlig verschiedene Spezies darstellen, deren Zugehörigkeiten sich dem Taxonomen nur durch Hilfsmittel erschließen. Diese UV-Sichtfähigkeit verringert folglich die Gefahr, einem Säugetier als willkommenes Mahl zu dienen.
Es bleiben allerdings noch die Jäger aus der eigenen Sippschaft. Deren Augen sind scharf, und zumindest der Turmfalke (Falco tinnunculus) kann sie ebenfalls auf UV-Licht polen. Wie die Sängerknaben auch diesen Gefahren ein Stück weit entgehen, haben Anders Ödeen von der Universität in Uppsala und seine Kollegen untersucht. Bereits bekannt war ihnen dabei, dass der Sehfarbstoff Opsin in den lichtempfindlichen Zellen der meisten Sperlingsartigen – genauso wie bei Papageien und Möwen – in der UV-Wahrnehmung durch noch kürzere Wellenlängen von 355 bis 380 Nanometern angeregt werden kann als das der Greif- oder der Rabenvögel, die in einem etwas langwelligeren Violettbereich zwischen 402 und 426 Nanometern sensibel sind.
Damit sich Meisen, Laubsänger und Konsorten den Nachstellungen durch Habichte oder Elstern zumindest etwas entziehen können, müssten sie die Reflexionsfähigkeit ihrer Signalfarben so weit dimmen, dass ihre Abstrahlung eine Wellenlänge von 380 Nanometern nicht überschreitet, aber dennoch die Aufmerksamkeit der Weibchen erregt. Um festzustellen, ob die Singvogelarten dies tatsächlich leisteten, maßen die Forscher mittels Spektralfotometern die Reflexionseigenschaften des Gefieders von 18 schwedischen Spezies sowie jene ihrer natürlichen Waldheimat. Zudem zogen sie die Auswirkungen unterschiedlicher Lichtregimes in diesem Lebensraum ins Kalkül, um den Effekt von Schatten oder direkter Bestrahlung durch Sonnenlicht nachvollziehen zu können.
Und tatsächlich passen die Männchen ihre optischen Reize der visuellen Aufnahmekapazität ihrer Partnerin an und prahlen besonders verführerisch mit Farbwiedergaben auf Kopf oder Brust in ihrem spezifischen Kurzwellenbereich. So strahlt nach den Messungen etwa das Gelb der Blaumeisenvorderseite (Parus caeruleus) in für das Weibchen sehr attraktiven kurzen Wellenlängenbereichen, ist aber vor dem Waldhintergrund weit weniger auffällig für den Beutegreifer.
Gleichzeitig setzen sie auf Farbtöne auf dem Rücken, den Flügeln oder dem Hinterkopf, deren Reflexionseigenschaften maximal mit dem Waldhintergrund verschmelzen, sodass sie für die Sichtungsfähigkeit ihrer Feinde in langwelligeren Spektren mangels Kontrast kaum aufzulösen sind. Aus diesem vor Greifen versteckten Kommunikationskanal zwischen Männlein und Weiblein ziehen Ödeen und seine Kollegen schließlich noch evolutionäre Schlüsse für die Ausbildung der hohen Artenvielfalt bei Sperlingsvögeln: Geheim gehaltene sexuelle Signale ermöglichten es ihnen demnach, eine Vielzahl unterschiedlicher Gefiederformen und -farben zu entwickeln, ohne verstärkt ins Visier von Jägern zu geraten.
Zur Ehrenrettung der Greifvögel sei allerdings gesagt, dass ihre scharfen visuellen Empfangsantennen dennoch gute Arbeit leisten, sobald ihre möglichen Beutestücke sehr aktiv sind – etwa bei Hähnchenkämpfen oder dem ungestümen Nahrungserwerb. Das Adlerauge ist also schon sehr wachsam, nur nützt das dem aufmerksamsten Greif dann nichts, wenn sein Opfer unbewegt auf anderen Wellenlängen sendet.
Doch was tut ein Piepmatz selbst, damit er nicht vom Jäger zum Gejagten gibt? Denn Feinde gibt es viele: Falken, Eulen, Rabenvögel verschmähen auch die nähere Singvogel-Verwandtschaft nicht zur täglichen Deckung des Proteinbedarfs; ganz zu schweigen von Katzen, Füchsen oder Mardern. Mimikry und Mimese kommen jedoch für viele Männchen der Zunft nicht in Frage. Die Mimikry – das Nachahmen giftiger oder nicht schmackhafter Tiere – etwa scheidet zumeist aus, da die Vögel nicht die Färbung toxischer Arten übernehmen können: Es gibt nur wenige Vogelspezies wie die Pitohuis aus der Familie der Timalien, die diese Abwehrmethode zum Eigenschutz anwenden, und sie alle leben noch dazu auf Neuguinea.
Auch Mimese, die Anpassung an die Umgebung durch Form und Farbe, steht zumindest für die meisten Männchen der Vogelwelt nicht zur Wahl: Um das Fortbestehen des eigenen Genmaterials zu sichern, müssen die Samenspender durch wohltönenden Gesang, ein prächtiges Gefieder oder ein ausdrucksstarkes Tänzchen die Weibchen anlocken und von sich überzeugen. Dieses Verhalten macht jedoch auch unerwünschte wie gefährliche Zaungäste aufmerksam und erhöht somit das Risiko vorzeitigen Ablebens – der eigene Nachwuchs und damit ein Stückchen Unsterblichkeit bliebe aus.
Was kann also getan werden, um mit maximaler Attraktivität auch maximalen Erfolg herauszuholen bei gleichzeitiger minimaler Exituswahrscheinlichkeit? Nun, viele Vogelarten bedienen sich subtiler Tricks, die dem menschlichen Auge und ebenso dem anderer Säugetiere verborgen bleiben: Sie sind in der Lage, im UV-Bereich des Lichts zu sehen. Und folglich setzen sie auch bei ihrer Ausschmückung auf UV-Licht reflektierende Federn, die für uns unspektakulär aussehen, aber für weibliche Artgenossen ein reizvolles Aphrodisiakum darstellen.
Dies geht sogar so weit, dass äußerlich praktisch identische Tangaren – eine bunte Vogelfamilie aus den Tropen Südamerikas – eigentlich völlig verschiedene Spezies darstellen, deren Zugehörigkeiten sich dem Taxonomen nur durch Hilfsmittel erschließen. Diese UV-Sichtfähigkeit verringert folglich die Gefahr, einem Säugetier als willkommenes Mahl zu dienen.
Es bleiben allerdings noch die Jäger aus der eigenen Sippschaft. Deren Augen sind scharf, und zumindest der Turmfalke (Falco tinnunculus) kann sie ebenfalls auf UV-Licht polen. Wie die Sängerknaben auch diesen Gefahren ein Stück weit entgehen, haben Anders Ödeen von der Universität in Uppsala und seine Kollegen untersucht. Bereits bekannt war ihnen dabei, dass der Sehfarbstoff Opsin in den lichtempfindlichen Zellen der meisten Sperlingsartigen – genauso wie bei Papageien und Möwen – in der UV-Wahrnehmung durch noch kürzere Wellenlängen von 355 bis 380 Nanometern angeregt werden kann als das der Greif- oder der Rabenvögel, die in einem etwas langwelligeren Violettbereich zwischen 402 und 426 Nanometern sensibel sind.
Damit sich Meisen, Laubsänger und Konsorten den Nachstellungen durch Habichte oder Elstern zumindest etwas entziehen können, müssten sie die Reflexionsfähigkeit ihrer Signalfarben so weit dimmen, dass ihre Abstrahlung eine Wellenlänge von 380 Nanometern nicht überschreitet, aber dennoch die Aufmerksamkeit der Weibchen erregt. Um festzustellen, ob die Singvogelarten dies tatsächlich leisteten, maßen die Forscher mittels Spektralfotometern die Reflexionseigenschaften des Gefieders von 18 schwedischen Spezies sowie jene ihrer natürlichen Waldheimat. Zudem zogen sie die Auswirkungen unterschiedlicher Lichtregimes in diesem Lebensraum ins Kalkül, um den Effekt von Schatten oder direkter Bestrahlung durch Sonnenlicht nachvollziehen zu können.
Und tatsächlich passen die Männchen ihre optischen Reize der visuellen Aufnahmekapazität ihrer Partnerin an und prahlen besonders verführerisch mit Farbwiedergaben auf Kopf oder Brust in ihrem spezifischen Kurzwellenbereich. So strahlt nach den Messungen etwa das Gelb der Blaumeisenvorderseite (Parus caeruleus) in für das Weibchen sehr attraktiven kurzen Wellenlängenbereichen, ist aber vor dem Waldhintergrund weit weniger auffällig für den Beutegreifer.
Gleichzeitig setzen sie auf Farbtöne auf dem Rücken, den Flügeln oder dem Hinterkopf, deren Reflexionseigenschaften maximal mit dem Waldhintergrund verschmelzen, sodass sie für die Sichtungsfähigkeit ihrer Feinde in langwelligeren Spektren mangels Kontrast kaum aufzulösen sind. Aus diesem vor Greifen versteckten Kommunikationskanal zwischen Männlein und Weiblein ziehen Ödeen und seine Kollegen schließlich noch evolutionäre Schlüsse für die Ausbildung der hohen Artenvielfalt bei Sperlingsvögeln: Geheim gehaltene sexuelle Signale ermöglichten es ihnen demnach, eine Vielzahl unterschiedlicher Gefiederformen und -farben zu entwickeln, ohne verstärkt ins Visier von Jägern zu geraten.
Zur Ehrenrettung der Greifvögel sei allerdings gesagt, dass ihre scharfen visuellen Empfangsantennen dennoch gute Arbeit leisten, sobald ihre möglichen Beutestücke sehr aktiv sind – etwa bei Hähnchenkämpfen oder dem ungestümen Nahrungserwerb. Das Adlerauge ist also schon sehr wachsam, nur nützt das dem aufmerksamsten Greif dann nichts, wenn sein Opfer unbewegt auf anderen Wellenlängen sendet.
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