News: Wie gewonnen, so zerronnen
Innerhalb weniger Generationen hatten sich die Würmer in den Sedimenten von Foundry Cove bei New York an hohe Cadmiumgehalte angepasst. Als die Verschmutzung aufhörte und ihr Lebensraum saniert wurde, war ihre Entgiftungsleistung unnötig geworden - und wurde postwendend wieder abgeschafft.
Überleben in Foundry Cove war einst ein harter Kampf: Cadmium- und Nickelhydrid-verseuchte Abwässer aus einer Batteriefabrik vergifteten von 1953 bis 1979 die Sedimente und deren Bewohner in den Süßwassersümpfen des tidebeeinflussten Mündungsgebietes des Hudson River. Insgesamt flossen wohl 53 Tonnen der giftigen Schwermetallverbindungen in das sensible Ökosystem, wodurch in den Sedimenten teilweise Cadmium-Konzentrationen von über 10 000 ppm (parts per million) Trockengewicht auftraten, in Abflussnähe gar 250 000 ppm – das entspricht einigen Gramm Cadmium pro Kilogramm Gesamtgewicht. Zum Vergleich: In benachbarten, unbelasteten Gebieten lagen die Werte bei unter sechs ppm.
Manchen Organismen jedoch gelang es, sich sehr schnell an die ständige Verschmutzung ihres Lebensraumes anzupassen. So half eine Mutation einigen Vertretern der Schlammbewohner Limnodrilus hoffmeisteri aus der Gruppe der Oligochaeta oder Wenigborster, das Schwermetall Cadmium im Körper zu entgiften und abzulagern: Die Würmer, Hauptakteure der Schlammumwälzung und massenhaft vertreten, konnten ein dafür zuständiges Protein in zehnfach größerer Menge herstellen als ihre Artgenossen ohne jene genetische Veränderung. Sie überlebten die giftige Fracht, und innerhalb von nur einer bis vier Generationen – die bei Limnodrilus ein halbes bis ein ganzes Jahr dauern – war die Resistenz in der Schlammwürmergemeinschaft allgemein verbreitet.
1989 schließlich, zehn Jahre nach Ende der Schwermetalleinträge, entschied die amerikanische Umweltbehörde Environmental Protection Agency, jenes Gebiet von seiner Cadmium-Altlast zu befreien. 1994, als die Arbeiten begannen, lag die Belastung der Schlämme immer noch bei 2000 ppm Cadmium, und die Limnodrilus-Vertreter zeichneten sich gegenüber ihren Artgenossen in unbelasteten Gebieten immer noch durch ihre Resistenz gegen das Schwermetall aus.
Doch nicht mehr lange, wie Jeffrey Levinton von der Stony Brook University und seine Kollegen feststellten. Neun Jahre lang, beginnend im Jahr 1993, also vor der Renaturierung, verfolgten die Wissenschaftler das Schicksal der Schlammbewohner. Sommer für Sommer sammelten sie an zuvor hoch und niedriger belasteten Stellen Würmer ein und testeten deren Verträglichkeit gegenüber Cadmium: Mit einer Pinzette sammelten sie Einzelexemplare ab, setzten sie in eigene Döschen mit Cadmium-reichem Wasser und notierten, wie lange die Tiere überlebten.
Obwohl die Cadmium-Konzentrationen nach der Großreinemachaktion in Foundry Cove nun auf demselben niedrigen Niveau lagen wie in den unbelasteten Nachbargebieten von South Cove, behielten die Würmer ihre Entgiftungseigenschaft zunächst noch einige Jahre bei, wobei sie jedoch stetig schwächer wurde. Erst im Jahr 2002, also acht Jahre nach Beginn der Säuberungsarbeiten, konnten sich die Schlammwürmer von Foundry Cove dem giftigen Schwermetall genauso wenig erwehren wie ihre Nachbarn, die nie unter der Verschmutzung gelitten hatten.
Hatten die Würmer also den genetisch bedingten Vorteil nach den neun bis 18 Generationen schon wieder verloren? Oder war dies nur eine Folge der umwälzenden Renaturierungsmaßnahmen und einer dadurch bedingten Einwanderung von unveränderten Artgenossen aus unbelasteten Gebieten? Die Forscher tippen auf ersteres, denn sonst wäre der Verlusteffekt schon viel früher aufgetreten, so argumentieren sie. Außerdem hatten sie bei ihren Untersuchungen keine Hinweise darauf gefunden, dass Exemplare aus dem Hudson River in das Sumpfgebiet eingeschwemmt wurden.
Der auf den ersten Blick nicht nachvollziehbare Verzicht auf eine vorteilhafte neue Eigenschaft hat auf den zweiten Blick aber einen guten Grund: Er spart Kosten. Denn die Entgiftungsfähigkeit ging einher mit einem verringerten Wachstum, da die Tiere Ressourcen, die sie sonst in Biomasse stecken können, nun für die Herstellung des speziellen Entgiftungsproteins verwenden mussten. So konnten sie sich zu Verschmutzungszeiten zwar besser halten und fortpflanzen als ihre Artgenossen ohne Mutation, doch in sauberen Zeiten waren sie nun deutlich benachteiligt und verloren ihre Vorherrschaft.
Die Ergebnisse sind nicht nur interessant, weil sie zeigen, wie schnell Lebensgemeinschaften auf veränderte Lebensbedingungen reagieren können, betonen die Forscher. Sie ermöglichen vielleicht auch eine neue Methode, den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen und die Wiederherstellung der ursprünglichen Ökosysteme zu verfolgen – mit der Genetik also die Arteninventurliste zu ergänzen.
Manchen Organismen jedoch gelang es, sich sehr schnell an die ständige Verschmutzung ihres Lebensraumes anzupassen. So half eine Mutation einigen Vertretern der Schlammbewohner Limnodrilus hoffmeisteri aus der Gruppe der Oligochaeta oder Wenigborster, das Schwermetall Cadmium im Körper zu entgiften und abzulagern: Die Würmer, Hauptakteure der Schlammumwälzung und massenhaft vertreten, konnten ein dafür zuständiges Protein in zehnfach größerer Menge herstellen als ihre Artgenossen ohne jene genetische Veränderung. Sie überlebten die giftige Fracht, und innerhalb von nur einer bis vier Generationen – die bei Limnodrilus ein halbes bis ein ganzes Jahr dauern – war die Resistenz in der Schlammwürmergemeinschaft allgemein verbreitet.
1989 schließlich, zehn Jahre nach Ende der Schwermetalleinträge, entschied die amerikanische Umweltbehörde Environmental Protection Agency, jenes Gebiet von seiner Cadmium-Altlast zu befreien. 1994, als die Arbeiten begannen, lag die Belastung der Schlämme immer noch bei 2000 ppm Cadmium, und die Limnodrilus-Vertreter zeichneten sich gegenüber ihren Artgenossen in unbelasteten Gebieten immer noch durch ihre Resistenz gegen das Schwermetall aus.
Doch nicht mehr lange, wie Jeffrey Levinton von der Stony Brook University und seine Kollegen feststellten. Neun Jahre lang, beginnend im Jahr 1993, also vor der Renaturierung, verfolgten die Wissenschaftler das Schicksal der Schlammbewohner. Sommer für Sommer sammelten sie an zuvor hoch und niedriger belasteten Stellen Würmer ein und testeten deren Verträglichkeit gegenüber Cadmium: Mit einer Pinzette sammelten sie Einzelexemplare ab, setzten sie in eigene Döschen mit Cadmium-reichem Wasser und notierten, wie lange die Tiere überlebten.
Obwohl die Cadmium-Konzentrationen nach der Großreinemachaktion in Foundry Cove nun auf demselben niedrigen Niveau lagen wie in den unbelasteten Nachbargebieten von South Cove, behielten die Würmer ihre Entgiftungseigenschaft zunächst noch einige Jahre bei, wobei sie jedoch stetig schwächer wurde. Erst im Jahr 2002, also acht Jahre nach Beginn der Säuberungsarbeiten, konnten sich die Schlammwürmer von Foundry Cove dem giftigen Schwermetall genauso wenig erwehren wie ihre Nachbarn, die nie unter der Verschmutzung gelitten hatten.
Hatten die Würmer also den genetisch bedingten Vorteil nach den neun bis 18 Generationen schon wieder verloren? Oder war dies nur eine Folge der umwälzenden Renaturierungsmaßnahmen und einer dadurch bedingten Einwanderung von unveränderten Artgenossen aus unbelasteten Gebieten? Die Forscher tippen auf ersteres, denn sonst wäre der Verlusteffekt schon viel früher aufgetreten, so argumentieren sie. Außerdem hatten sie bei ihren Untersuchungen keine Hinweise darauf gefunden, dass Exemplare aus dem Hudson River in das Sumpfgebiet eingeschwemmt wurden.
Der auf den ersten Blick nicht nachvollziehbare Verzicht auf eine vorteilhafte neue Eigenschaft hat auf den zweiten Blick aber einen guten Grund: Er spart Kosten. Denn die Entgiftungsfähigkeit ging einher mit einem verringerten Wachstum, da die Tiere Ressourcen, die sie sonst in Biomasse stecken können, nun für die Herstellung des speziellen Entgiftungsproteins verwenden mussten. So konnten sie sich zu Verschmutzungszeiten zwar besser halten und fortpflanzen als ihre Artgenossen ohne Mutation, doch in sauberen Zeiten waren sie nun deutlich benachteiligt und verloren ihre Vorherrschaft.
Die Ergebnisse sind nicht nur interessant, weil sie zeigen, wie schnell Lebensgemeinschaften auf veränderte Lebensbedingungen reagieren können, betonen die Forscher. Sie ermöglichen vielleicht auch eine neue Methode, den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen und die Wiederherstellung der ursprünglichen Ökosysteme zu verfolgen – mit der Genetik also die Arteninventurliste zu ergänzen.
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