Geoengineering: Wie gut wirkt die Eisendüngung der Meere?
Um die Erderwärmung einzudämmen, schlagen nicht wenige Interessierte gezielte Eingriffe vor, um das Kohlendioxid durch verstärkte natürliche Prozesse der Atmosphäre zu entziehen. Eine der beliebtesten Methoden ist die Eisendüngung bestimmter Meeresregionen, um dort das Algenwachstum anzuregen: Das Nährelement ist vielerorts Mangelware, fügt man es dem Wasser hinzu, bilden sich dort regelrechte Planktonblüten. Stirbt dann das Phytoplankton ab und sinkt in die Tiefsee, verschwindet mit ihm der aufgenommene Kohlenstoff für längere Zeit – so die Theorie, die in Einzelfällen schon (unreguliert) angewendet wurde. In der Praxis zeigten sich bislang jedoch nur gemischte Ergebnisse. Der Prozess funktioniert unter bestimmten Bedingungen einigermaßen, wie das EIFEX-Experiment des Helmholtzzentrums für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven vor einigen Jahren zeigte. Er kann aber auch – unter anderen geochemischen und biologischen Gegebenheiten – eine nur geringe Kohlenstoffverlagerung nach sich ziehen, wie das ebenfalls vom Helmholtzzentrum durchgeführte LOHAFEX-Experiment belegte.
Nun mehrt ein weiterer Versuch des Helmholtzforschers Ian Salter und seiner Kollegen erneut die Zweifel an der Effizienz der Maßnahme: Sie untersuchten ein kleines Meeresgebiet im Südpolarmeer in der Nähe der südafrikanischen Crozet-Inseln, wo Eisen im Gegensatz zu anderen Regionen des Ozeans reichlich ins Wasser geschwemmt wird – das Vulkangestein der Eilande sorgt über die Erosion konstant für Nachschub. Das regt aber nicht nur das Phytoplankton an zu wachsen, sondern fördert auch seine Fressfeinde: Dank des Nahrungsreichtums vermehren sie sich stark. Dabei handelt es sich vor allem um Foraminiferen und Flügelschnecken. Diese Arten bauen zwar Kohlenstoff in Kalkschalen ein, setzen mit ihrem vergleichsweise hochtourigen Stoffwechsel aber insgesamt noch mehr Kohlendioxid frei, was in den bisherigen Kalkulationen nicht berücksichtigt wurde.
Die natürliche Eisendüngung bewirkt, dass am Ende mehr Kalkschalen in die Tiefsee gelangen als abgestorbenes Phytoplankton, unter dem Strich jedoch weniger Kohlendioxid vermieden wird als erhofft: "Unsere Untersuchungen lassen vermuten, dass der durch das Eisen angeregte Export der Kalkschalen dazu führt, dass in einer natürlich gedüngten Meeresregion 10 bis 30 Prozent weniger Kohlendioxid gespeichert wird, als wir bisher angenommen hatten", sagt Salter. Dementsprechend geringer wäre die erhoffte Senkenwirkung im Fall eines geotechnischen Eingriffs. "Wir wissen allerdings nicht, ob dies auch der Fall wäre, wenn ein Gebiet künstlich mit Eisen gedüngt wird", erklärt der Biogeochemiker.
Außerdem verändert die Eisenzufuhr womöglich die Artenzusammensetzung: In den Sedimentfallen der Forscher tummelten sich vermehrt Arten mit größeren Kalkschalen verglichen mit an Eisen verarmten Regionen in der Nähe. Größere Gehäuse bedeuten jedoch wieder eine größere Kohlendioxidfreisetzung wegen des angekurbelten Gesamtstoffwechsels – auch wenn die Organismen im Gegenzug ihr Kalkskelett und dabei etwas mehr Kohlenstoff im Kalk fixieren. Eine gezielte Düngung könnte somit ebenso die biologische Zusammensetzung des Ökosystems beeinflussen – mit momentan nicht absehbaren Folgen. "Unsere Ergebnisse gelten aber nur für eine bestimmte Region im Südpolarmeer. Die Effekte der Kalk bildenden Organismen können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, um welche Art es sich handelt und wo im Ozean sie leben", so Salter weiter. Als Nächstes will der Forscher daher mit seinem Team andere, natürlich gedüngte Meeresgebiete untersuchen, wo beispielsweise die Meereisschmelze den Kohlenstoffkreislauf zunehmend beeinflusst.
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