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Ernährung: Wie pflanzliche Lebensmittel mit Herzkrankheiten zusammenhängen

Einer Studie zufolge erhöhen bestimmte pflanzliche Lebensmittel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dass dies nicht ausschließlich damit zusammenhängt, dass sie pflanzlich sind, verrät jedoch ein Blick auf die Details.
Was ultraverarbeitete Lebensmittel so unwiderstehlich macht, ist, dass sie in der Regel genau die richtigen Anteile an Fett, Salz und Zucker enthalten.
Wer viele industriell hergestellte, hoch verarbeitete Lebensmittel zu sich nimmt, tut seiner Gesundheit keinen Gefallen.

Im Juni 2024 machten Schlagzeilen die Runde, in denen es hieß, pflanzliche Fleischersatzprodukte – wie vegetarische Würstchen und texturiertes pflanzliches Eiweiß – seien ungesund und ihr Verzehr berge ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein genauerer Blick in die Studie, die diesen Behauptungen zu Grunde liegt, zeichnet jedoch ein differenziertes Bild.

Es geht in der Tat um pflanzliche Lebensmittel – allerdings um hoch verarbeitete pflanzliche Lebensmittel im Allgemeinen und nicht Fleischersatzprodukte im Besonderen. Dazu gehören auch solche, an die man zunächst sicher nicht denken würde, wie etwa Schokoladenkekse, Tiefkühlpizza und Limonaden. Die Studie, die in der Zeitschrift »Lancet Regional Health – Europe« veröffentlicht wurde, brachte solche rein pflanzlichen, hoch verarbeiteten Lebensmittel mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskulär bedingte Krankheiten und einem vorzeitigen Tod in Verbindung.

Der Anteil von Fleischersatzprodukten am Gesamtlebensmittelkonsum der Studienteilnehmenden war jedoch sehr gering und die Untersuchung nicht darauf ausgerichtet, genau festzustellen, welche Lebensmittel die stärksten gesundheitlichen Folgen mit sich bringen. Dennoch, so sagen Kritiker, zeigten die widersprüchlichen und teils verwirrenden Interpretationen der Ergebnisse, wie komplex die Ernährungsforschung sein kann: Die von Wissenschaftlern verwendeten Lebensmitteldefinitionen spiegeln nicht immer das wider, was andere Menschen unter pflanzlicher Ernährung verstehen.

Lebensmittel werden als hoch verarbeitet bezeichnet, wenn die ursprünglichen Zutaten industriell erheblich verändert worden sind. Diese Lebensmittel haben einen langen Weg hinter sich, bevor sie auf dem Teller der Konsumenten landen. Instantnudeln oder Kekse durchlaufen von den Rohzutaten bis zum fertigen Produkt in der Regel mehrere Verarbeitungsstufen. Dabei stehen Verbraucherfreundlichkeit und Geschmack im Vordergrund – was oft mit zahlreichen Zusatzstoffen einhergeht, die das Aussehen und die Haltbarkeit verbessern sollen. Als Faustregel gilt: »Denken Sie an ein Lebensmittel, das Sie in Ihrer eigenen Küche nicht zubereiten könnten«, sagt Evangeline Mantzioris, Forscherin und Ernährungsberaterin an der University of South Australia, die nicht an der Studie beteiligt war – entweder wegen seiner chemischen Bestandteile oder wegen der für die Zubereitung erforderlichen Industriemaschinen.

Was sind hoch verarbeitete Lebensmittel genau?

In der Ernährungsforschung wird ein als NOVA-Klassifizierungssystem bekanntes System als Maßstab verwendet. Dieses teilt Lebensmittel nach dem Grad ihrer Veränderung in ein Spektrum von unverarbeitet bis hoch verarbeitet ein. Die meisten Lebensmittel lassen sich intuitiv kategorisieren. Brokkoli oder Bohnen gelten nicht als hoch verarbeitet, Frühstücksflocken und Dosensuppen hingegen schon. Andere sind nicht auf den ersten Blick als hoch verarbeitet erkennbar. So wurden in der eingangs erwähnten Untersuchung Bier und Wein als Beispiele für nicht hoch verarbeitete Getränke aufgeführt, während Spirituosen wie Wodka als hoch verarbeitet gelten.

Die Idee hinter einer solchen Einordnung in der Lebensmittelforschung ist laut Fernanda Rauber, Hauptautorin der Studie und Ernährungsepidemiologin an der Universität von São Paulo in Brasilien, dass die Verarbeitung von Lebensmitteln grundlegend verändern könnte, wie diese mit dem Körper interagieren. »Die gesundheitlichen Auswirkungen von Lebensmitteln ergeben sich nicht nur aus der Summe ihrer Nährstoffbestandteile«, sagt sie. »Die Art und Weise, wie Lebensmittel kombiniert, zubereitet und als Mahlzeit verzehrt werden, spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle.«

In ihrer Untersuchung verknüpften Rauber und ihre Kollegen das, was Menschen an einem Tag aßen, mit deren Krankenhausaufenthalten wegen Herz-Kreislauf-Beschwerden. Die Forscher nutzten dazu die Daten von mehr als 100 000 Erwachsenen aus der UK BioBank – einer großen Datenbank, die die Gesundheit, den Lebensstil und die genetischen Informationen von Freiwilligen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren in Großbritannien erfasst.

Die pflanzliche Kategorie in der Studie sei eine Art Sammelbecken, sagt Gunter Kuhnle, ein Ernährungsepidemiologe an der University of Reading in England, der nicht an der Arbeit beteiligt war. Als er den Titel der Veröffentlichung zum ersten Mal las, habe er angenommen, sie würde sich auf pflanzliche Fleischalternativen, pflanzliche Getränke oder pflanzliche Milch beziehen – mit anderen Worten: nur auf den Ersatz von Produkten tierischen Ursprungs. Auch die Pressemitteilung habe diese Interpretation unterstrichen, indem dort im ersten Absatz ausdrücklich stand, dass Produkte, »die dazu bestimmt sind, tierische Lebensmittel zu ersetzen« – wie Würstchen, Nuggets und Burger auf pflanzlicher Basis –, mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht wurden.

»Eine solch breite Kategorisierung ist nicht falsch, aber leicht misszuverstehen«Gunter Kuhnle, Ernährungsepidemiologe

Aber die Geschichte geht noch weiter: Fleischalternativen wurden zusammen mit anderen hoch verarbeiteten, rein pflanzlichen Lebensmitteln bewertet, darunter Brot, Kuchen, zuckerhaltige Limonaden, Kartoffelchips und Ketchup – Lebensmittel, die den meisten Menschen nicht sofort in den Sinn kommen, wenn sie an eine pflanzliche Ernährung denken, sagt Kuhnle. Eine solch breite Kategorisierung sei nicht falsch, sagt er. »Sie ist nur leicht misszuverstehen.«

Ergebnisse sind nicht wirklich überraschend

Die Studie ergab, dass die Wahrscheinlichkeit, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu leiden oder zu sterben, umso größer war, je mehr hoch verarbeitete Lebensmittel die Menschen konsumierten. Diese Ergebnisse seien, wie Kuhnle sagt, nicht wirklich überraschend angesichts der Einbeziehung von »pflanzlichen« Lebensmitteln, deren Verzehr in vielen Ernährungsrichtlinien nur begrenzt empfohlen wird – etwa zuckerhaltige Lebensmittel oder Getränke.

Wenn der Verzehr von hoch verarbeiteten pflanzlichen Lebensmitteln um zehn Prozent zunahm, stieg – bezogen auf die Gesamtenergiezufuhr – das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um fünf Prozent an sowie die Wahrscheinlichkeit, daran zu sterben, um zwölf Prozent (hierzu gehörten Lebensmittel wie Kekse und Schokoriegel, aber auch Tofu und Tempeh). Umgekehrt sank für jede zehnprozentige Zunahme des Verzehrs von nicht hoch verarbeiteten, aber dennoch pflanzlichen Lebensmitteln wie Nudeln, Bohnen und Kartoffeln das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um sieben Prozent und die damit verbundene Sterblichkeit um 13 Prozent.

Das Problem an der Sache ist, dass diese Art von Analyse nicht zeigen kann, ob ein bestimmtes Lebensmittel für sich genommen schlechter ist als ein anderes, weil jeweils die ganze Gruppe bewertet wurde. Außerdem lieferten Tofu, Tempeh und texturierte pflanzliche Eiweißprodukte, die als hoch verarbeitete pflanzliche Lebensmittel kategorisiert wurden, nur einen Bruchteil der insgesamt verzehrten Kalorien – insgesamt etwa 0,2 Prozent –, während andere Lebensmittel wie abgepacktes Brot zehn Prozent ausmachten. »Wir können keine spezifischen Schlussfolgerungen in Bezug auf eine spezielle Art von Lebensmittel ziehen«, sagt Studienleiterin Rauber und reagiert damit auf die Art und Weise, wie die Untersuchung in einigen Medienberichten dargestellt wurde.

Die Ergebnisse reihen sich in eine wachsende Zahl von Belegen dafür ein, dass hoch verarbeitete Lebensmittel negative gesundheitliche Auswirkungen haben können

Gleichwohl reihen sich die Ergebnisse in eine wachsende Zahl von Belegen dafür ein, dass hoch verarbeitete Lebensmittel grundsätzlich negative gesundheitliche Auswirkungen haben können. Eine im Februar 2024 veröffentlichte Übersichtsarbeit, in die die Daten von insgesamt fast zehn Millionen Menschen einflossen, ergab ebenfalls, dass der Verzehr von großen Mengen hoch verarbeiteter Lebensmittel mit einer Reihe von Gesundheitsrisiken, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verbunden ist. Welche gesundheitlichen Folgen der Verzehr von Fleischersatzprodukten hat, ist dagegen weniger eindeutig. In einer Studie aus dem Jahr 2021 kam eine Forschungsgruppe zu dem Schluss, dass Vegetarier und Veganer im Vergleich zu Fleischessern mehr hoch verarbeitete Lebensmittel konsumieren und dass sie ungesunde pflanzliche Lebensmittel gegenüber gesünderen Alternativen bevorzugen. Allerdings wurden keine langfristigen Auswirkungen solcher Ernährungsmuster untersucht. Andererseits steht hoch verarbeitetes Fleisch selbst, wie Fleischwurst und Salami, im Verdacht, die Gesamtsterblichkeit zu erhöhen, und wird insbesondere mit dem Risiko in Verbindung gebracht, an Darmkrebs zu erkranken.

Wie genau hoch verarbeitete Lebensmittel solche gesundheitlichen Schäden verursachen, ist noch unklar. Einige Forschungsarbeiten legen nahe, dass der hohe Gehalt an Salz, Zucker und Fett die Ursache sein könnte; in anderen Studien wiederum wird vermutet, dass die Verarbeitung eines Lebensmittels, das heißt das Aufbrechen seiner natürlichen Strukturen und die Umwandlung in etwas Neues, den Körper auf eine Weise beeinflussen könnte, die noch nicht ganz verstanden ist. Chemische Zusatzstoffe wie der weit verbreitete Geschmacksverstärker Glutamat und Schadstoffe, die beim Braten, Backen oder Fermentieren auftreten können, zum Beispiel Acrolein, könnten sich ebenfalls auf den Appetit und die Gesundheit auswirken. Insbesondere Acrolein wurde bereits früher mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht.

Fernanda Rauber gibt zu bedenken, dass in der Studie nicht zwischen Ursache und Wirkung unterschieden werden konnte. In Wirklichkeit seien die Essgewohnheiten der Menschen extrem uneinheitlich und hielten sich in der Regel nicht über einen langen Zeitraum hinweg an ein striktes Schema – was es schwierig mache, Untersuchungen zu konzipieren, die Rückschlüsse darauf zulassen, ob bestimmte Ernährungsweisen Krankheiten verursachen. Aber angesichts der Anzahl der verfügbaren Beobachtungsstudien »gibt es unzählige Belege, die darauf hinweisen, dass hoch verarbeitete Lebensmittel wahrscheinlich nicht das Beste für unsere Gesundheit sind«, sagt Evangeline Mantzioris. Immerhin habe Raubers Arbeit auch andere Variablen berücksichtigt, etwa die Familiengeschichte, die körperliche Aktivität und die ethnischen Zugehörigkeit.

Und nicht zuletzt sei ein hoch verarbeitetes Lebensmittel ohnehin nie eine ausschließlich gute oder eine schlechte Wahl, sondern müsse immer im breiteren Kontext der Ernährung einer Person betrachtet werden, meint Ernährungsepidemiologe Gunter Kuhnle. Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickelten sich schließlich nicht über Nacht.

  • Quellen
Rauber, F. et al.: Implications of food ultra-processing on cardiovascular risk considering plant origin foods: an analysis of the UK Biobank cohort. Lancet Regional Health – Europe 43, 2024

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