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News: Wiedergeborene Nervenzellen

Sind durch den Sauerstoffmangel während eines Schlaganfalls kostbare Nervenzellen abgestorben, gab es bislang keine Hoffnung auf Erneuerung der verlorenen Hirnkapazität. Durch den richtigen Cocktail an Wachstumsfaktoren könnte der Nervenschaden jedoch wieder repariert werden.
Für ein gut funktionierendes Gedächtnis sind die im so genannten Hippocampus angesiedelten Pyramidenzellen unersetzlich. Doch genau diese kann es treffen, wenn die Sauerstoffversorgung im Gehirn durch den Verschluss eines Blutgefäßes auch nur kurzfristig unterbunden war. Patienten, die einen Hirnschlag in diesem Bereich erlitten, haben anschließend meist ernsthafte und vor allem irreversible Gedächtnisprobleme.

Denn bislang galt es als unmöglich, einmal abgestorbene Neurone des Hippocampus wieder zum Leben zu erwecken. Doch eine japanische Arbeitsgruppe um Masato Nakafuku von der University of Tokyo hat nun eine Möglichkeit entdeckt, den Verlust der wichtigen Signalüberträger zumindest teilweise zu ersetzen.

Denn in einigen Bereichen des Gehirns existiert durchaus zellulärer Ersatz, dieser befindet sich jedoch in einer Art Dornröschenschlaf. Allerdings "schlafen" diese Vorläufer-Neurone teilweise so fest, dass nur wenige unter ihnen bei der Reparatur geschädigter Hirnareale zu Hilfe eilen können.

Um dieses Problem genauer zu untersuchen, simulierten die Wissenschaftler bei Ratten einen Hirnschlag, indem sie die lebensnotwendige Sauerstoffzufuhr kurzfristig unterbrachen. Die Nager litten nun an einem eigentlich irreparablen Schaden des Hippocampus, jenem Teil des Gehirns, der entscheidend an Lern- und Gedächtnisleistung beteiligt ist. Doch Nakafuku und seine Mitarbeiter hofften, mit einer Mischung von Wachstumsfaktoren die untätigen Vorläuferzellen zur Teilung anzuregen, damit diese die verhängnisvolle neuronale Lücke schließen.

Zwar konnte der direkt ins Gehirn injizierte Proteincocktail das Absterben der betroffenen Nervenzellen nicht aufhalten, jedoch waren einen Monat nach der Behandlung 40 Prozent der verlorenen Nervenzellen durch umgebende Vorläuferzellen wieder ersetzt worden. Im Vergleich zur unbehandelten Vergleichsgruppe waren das zumindest mehr als doppelt so viele. Ebenso erstaunlich war die Tatsache, dass die Ratten nach dem Einsatz der Wachstumsfaktoren ihre kognitiven Fähigkeiten verbessern konnten. So fanden die Tiere in einem anschließenden Test die rettende Plattform innerhalb eines gefluteten Irrgartens wesentlich leichter als ihre Artgenossen mit "unaufgeweckten" Vorläuferzellen.

Leider scheint die Hoffnung auf eine ebenso erfolgreiche Heilung menschlicher Hirnschäden etwas verfrüht. Denn die Gefahr, gesunde Zellen durch die Anregung zur Zellteilung in abnormale Krebszellen umzuwandeln, ist derzeit viel zu hoch. Erst wenn es gelingen sollte mittels geeigneter Medikamente nur ganz spezielle Zellen zur Wanderung in betroffene Regionen zu bewegen, könnten auch Schlaganfallpatienten in den Genuss solch einer Therapie kommen. Doch bis dahin bleibt den Forschern noch viel zu tun.

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