Fortpflanzung: Zu lautes Liebesspiel tötet
Wen das Summen von Stubenfliegen in den eigenen vier Wänden nervt, kann sich freuen: In der freien Natur kann genau dieses Geräusch für die Insekten tödlich enden, wie Stefan Greif vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und seine Kollegen nun in einer Langzeitstudie nachgewiesen haben. Der hohe Geräuschpegel schnell schlagender Fliegenflügel lockt nämlich nachts auch bevorzugt Fledermäuse herbei, die sich gerne an Musca domestica – der Stubenfliege – im Doppelpack delektieren. Denn sie können die Tiere nur orten, wenn diese im Kopulationsflug besonders schnell mit den Flügeln schlagen und so breitbandige Summlaute von sich geben. Laufen oder sitzen die Fliegen dagegen, droht ihnen zumindest von Seiten der Fledermäuse keine Gefahr, wie die Biologen in Verhaltensexperimenten und Freilandstudien belegten.
Für ihre Arbeit beobachteten sie Fransenfledermäuse (Myotis nattereri) und Stubenfliegen, die gemeinsam einen Kuhstall bei Marburg bewohnen. Insgesamt werteten sie Videoaufnahmen von fast 9000 Fliegen aus, die während des Untersuchungszeitraums im Gebäude hausten. Die normalerweise tagaktiven Fliegen sind demnach nur selten nachts aktiv und sitzen zumeist an der Decke oder laufen dort umher. Ihre Fressfeinde können diese dann recht trägen Insekten durch Echoortung nicht finden, denn der vom rauen Untergrund zurückgeworfene Schall verschmilzt mit dem der kleinen Beute, was sie quasi unsichtbar macht.
Dies ändert sich schlagartig, wenn die Fliegenmännchen auf Brautschau gehen und einen passenden Paarungspartner gefunden haben, was ebenfalls nachts geschehen kann. Der darauf folgende Geschlechtsakt ist geräuschvoll, da die Männchen mit ihrem Flügelschlagen breitbandige Summlaute von sich geben, die von den Fledermäusen gehört werden können. Fast fünf Prozent aller beobachteten Paarungen endeten dann mit einem gewaltsamen Coitus interruptus durch Störung und Ableben: Die fliegenden Säuger griffen sich die Pärchen und fraßen sie im Erfolgsfall ganz unromantisch auf. Einige besonders geschickte Jäger attackierten sogar jedes vierte innig vereinte Fliegenduett.
Um zu belegen, dass es tatsächlich die Paarungsgeräusche und keine anderen Lautemissionen oder Signale sind, die die Fledermäuse auf die Fliegen aufmerksam machen, klebten die Forscher tote Fliegenpaare an die Decke. Diese bieten eine größere Reflexionsfläche für die Echolokation der Fledermäuse als eine einzelne sitzende Fliege. Diese wurden jedoch ebenfalls nicht registriert. Erst als die Wissenschaftler den Fransenfledermäusen die Kopulationsgeräusche der Fliegen vorspielten, attackierten sie die Lautsprecher.
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