Was den Kosmos zusammenhält
Als der US-amerikanische Astronom Vesto Slipher 1912 am Lowell Observatory die Lichtspektren von »Nebelchen« (bestimmte Galaxien) untersuchte, erkannte er, dass viele ins rote Spektrum verschoben waren – und sich die Spiralnebel deshalb offenbar von der Erde fortbewegen. Edwin Hubble bestätigte 17 Jahre später Sliphers Messungen. Schließlich gelang dem belgischen Astrophysiker Georges Lemaître der Brückenschlag zwischen Theorie und Beobachtung: Die Fluchtgeschwindigkeiten der extraterrestrischen Nebel sind eine Folge der Expansion des Universums. Weil sich der Raum ausdehnt, werden Lichtwellen in die Länge gezogen und dadurch ins rote Spektrum verschoben.
Reich bebildert und informativ
Von dieser Entdeckung und vielen weiteren spannenden Geschichten über faszinierende Erkenntnisse aus den Weiten des Weltraums erzählt die Astrophysikerin und Wissenschaftsjournalistin Felicitas Mokler in ihrem Buch »Astronomie und Universum«. In dem reich bebildertem Werk erklärt sie die wichtigsten Objekte und Phänomene des Kosmos, geht auf die aktuelle Forschung ein und erzählt immer wieder Anekdoten der Astronomiegeschichte.
Mokler versteht es, physikalische Zusammenhänge fast beiläufig in ihre Erläuterungen einfließen zu lassen, ohne Formeln zu benutzen. In anschaulichen Skizzen verpackt, erhält die anspruchsvolle Physik, die hinter den kosmischen Ereignissen und ihren ausgefeilten Beobachtungstechniken steckt, so ihren gebührenden Stellenwert. Angenehm aufbereitet zeigt sich das etwa im Kapitel über die Entdeckung von Exoplaneten. Man hat bereits mehr als 4300 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems mit völlig unterschiedlichen Techniken ausfindig gemacht: über die Transit-, die Radial-Geschwindigkeits-, die Astronomie- sowie die Microlensing-Methode. Mokler stellt alle vier Arbeitsweisen in einfachen Grafiken nebeneinander vor und erklärt verständlich ihre verschiedenen Herangehensweisen. Dadurch bekommt der Leser ein Gefühl für die Vielschichtigkeit und extreme Präzision, mit der heutige Astronomen ihre Entdeckungen vorantreiben.
Auch die Präsentation aktueller Forschungsaktivitäten kommt nicht zu kurz. Immer wieder stellt Mokler in kompakten, farblich abgehobenen Artikeln Missionen und Forschungseinrichtungen vor, zum Beispiel das neue Weltraumteleskop EUCLID, mit dem die Europäische Weltraumbehörde ESA ab 2022 untersuchen möchte, warum sich das Universum beschleunigt ausdehnt. Ebenso gibt es einen Exkurs zum weltweit leistungsfähigsten Teilchenbeschleuniger, dem Large Hadron Collider am CERN. Dort lassen sich Energiedichten erzeugen, wie sie im Universum kurz nach dem Urknall geherrscht haben. Abgerundet wird das Buch von einer Übersicht zum Thema »Citizen Science«. Hier stellt Mokler Projekte vor, an denen sich Laien und Astrofans mit ihren Computern beteiligen können.
Sollte man bei den gewaltigen Dimensionen, die das Universum bereithält, den Überblick verlieren, finden sich ganz am Ende des Buchs die wichtigsten astronomischen Größen und physikalischen Einheiten noch einmal in übersichtlichen Tabellen dargestellt. Wer sich für die Weiten des Weltraums begeistert, einen umfassenden Überblick über die gewaltigen Vorgänge im Kosmos erhalten möchte und neugierig darauf ist, etwas mehr über die Physik dahinter zu erfahren, ist mit Moklers Buch gut bedient.
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