»BiBiBiber hat da mal 'ne Frage. Warum leuchten Sterne?«: Kaktus, Mensch, Gießkanne: gemacht aus Sternenstaub
Ein gelbes Quietscheentchen: besteht aus Teilchen. Ein kleiner grüner Kaktus: besteht aus Teilchen. Eine Gießkanne: besteht aus Teilchen. Und auch du bestehst aus Teilchen, also aus Materie. Ebenso wie die Autorinnen Mai Thi Nguyen-Kim und Marie Meimberg, zwei preisgekrönte Frauen aus Naturwissenschaft und Kunst, die in ihrem Sachbilderbuch erklären, warum alles auf der Welt aus kleinen Teilchen aufgebaut ist. Dafür haben es sich die beiden auf einer blauen Bank gemütlich gemacht und einen wissbegierigen Biber in ihre Mitte genommen. Der Biber mit dem hübschen Namen BiBiBiber fragt den beiden ein Loch in den Bauch – und Mai und Marie beantworten ihm alle seine Fragen ausführlich.
So will er zum Beispiel wissen, warum Sterne leuchten und welche Rolle dabei tanzende Teilchen, Luftdruck und Wärme spielen. Und was hat das alles mit dem Kohlenstoffkreislauf des Lebens zu tun oder mit CO2 und den Pflanzen? Mai und Marie erklären es BiBiBiber nicht nur spannend und mit einfachen Worten, sondern auch die farbigen Zeichnungen – aus der Feder von Marie – tragen zum besseren Verständnis bei. Besonders erfreulich: Alles ist bunt! Der rote Luftballon, die orangefarbene Karotte, das rosafarbene Schwein und das graue Hochhaus. Nur einmal lassen die beiden Autorinnen eine Seite ganz leer – und zwar um in die Erklärung des Nichts vor dem Urknall einzusteigen. Mai Thi Nguyen-Kim und Marie Meimberg schildern das Wissen rund um den Aufbau der Welt nicht nur klar und verständlich, sie erzählen und zeichnen auch mit so viel Spaß und Fantasie, dass man spürt, wie viel Spaß und Freude sie selbst bei ihrer Reise zum Ursprung des Universums hatten.
Teilchen, die tanzen
Sie starten ihre Reise mit einem Bericht über Teilchen, die für unser Auge zwar unsichtbar, dafür aber sehr umtriebig sind. Die Luftteilchen machen im Buch regelrechte Luftsprünge beziehungsweise führen Teilchentänze auf. Offenbar haben auch sie Spaß daran und wollen einfach nicht nur stillstehen. Das ist ihnen anscheinend zu langweilig. Aber nicht alle sind gleich. »Und so gibt es Schunkel-Tanz-Teilchen, Tänzel-Tanz-Teilchen, Tobe-Tanz-Teilchen … aber absolute Stillstand-Teilchen, die gibt es nicht. Im Gefrierfach vom Kühlschrank zum Beispiel, da ist die Luft-Teilchen-Party wirklich sehr entspannt. Aber im Ofen, beim Kuchen- oder Pizza-Backen, da geht es dafür richtig ab.« Die Autorinnen erklären, dass die Tanzstärke von Teilchen, also ihre Energie, messbar ist. Mit einem Thermometer. Dem »Popometer«. Kennt ja fast jedes Kind. Oje. Wie werden die Kinder jetzt vielleicht tanzend durch die Wohnung stürmen und laut »Wo ist das Popometer?« rufen?! Es gibt sicher nur wenige Bücher, die Kinder mit so viel Spaß am Wissen anstecken. Und zum Glück schildern die Autorinnen auch, wie die Tobe-Tanz-Party alias die Materie wieder abkühlt und sich alles beruhigt.
Doch dies ist nur die Einleitung in die Zustände fest, flüssig, gasförmig. Dann erklären die Autorinnen den Druck und die Anziehungskraft. In einer Zeichnung veranschaulichen sie, wie ein roter Wassermelonen-Luftballon bei Unterdruck platzt oder wie Tintenfüller, Marmeladenbrot und Wasserglas von der Schwerkraft der Erde angezogen werden. Spätestens jetzt wird sich manch ein Erwachsener wünschen, die Welt einmal so verständlich, so vergnüglich, so verhaftend, so bunt erklärt bekommen zu haben.
Mai und Marie nutzen sogar Legosteine, um ihren kleinen Lesern etwas über die »Bausteine«, aus denen Moleküle von Luft, Wasser und anderen Dinge bestehen, zu erklären. Da gibt es welche für Kohlenstoff, Lithium, Sauerstoff oder Helium. Wasserstoff hat zum Beispiel nur eine Noppe, also einen Steckplatz für andere Bausteine, die daran andocken wollen. Sauerstoff hat acht Steckplätze, und wenn zwei Wasserstoffsteine aufgesteckt werden, dann entsteht ein Wassermolekül. Die Bausteine können auch wieder auseinandergenommen, neu zusammengesteckt und auf diese Weise zu anderen Teilchen werden. Man könnte von einer weltumspannenden Bausteinwanderung sprechen: von Kaktus zu Pelikan zu Leuchtturm zu Ananas zu Qualle zu Vulkan. Mai Thi Nguyen-Kim und Marie Meimberg zeigen auf diese faszinierende Art, wie alles miteinander verbunden ist.
Nach den Grundlagen von Materie, Aggregatzuständen und physikalischen Gesetzen schildern sie die Grundzüge der Astronomie. Sie erzählen vergnüglich vom Aufbau des Universums, den weißen Zwergen, den roten Riesen, von den Planeten und der Sonne. Sie erläutern, wie in den Sternen aus Wasserstoff die anderen Bausteine entstehen, wie es sich mit der Lichtgeschwindigkeit verhält oder ob Leben, das nicht aus Kohlenstoff aufgebaut ist, möglich ist. Und dann kehren sie wieder zur Erde zurück und zeigen, wie hier unten alles miteinander zusammenhängt und wie die Natur die Bausteine zum Leben zusammenfügt.
Aber alles wissen die beiden Autorinnen natürlich auch nicht. Auf die Frage, wie der Urknall nun wirklich stattgefunden hat, haben sie keine endgültige Antwort. Dennoch: Fragen helfen uns dabei, Dinge herauszufinden! Denn mit Fragen und dem Suchen nach Antworten entsteht neues Wissen. Und hinter einer scheinbar kleinen Frage wartet oft eine ganze Welt, die selbst Erwachsene staunen lässt, so die beiden Autorinnen. Wenn es nach ihnen geht, dann müssen wir nicht auf Wunder warten, denn die sind schon da, so schreiben sie.
Fragen sind wichtig, weil selbst die allerallerschlauesten Menschen der Welt nicht alles wissen. Also immer weiter fragen. Und wenn die Erwachsenen das alles mit den Teilchen und dem Universum beim Vorlesen nicht so richtig verstanden haben, können sie ja bei den Kindern nachfragen. Auch das ist sicher unbedingt erwünscht.
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