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»Digital lesen«: Papier oder Bildschirm

Ein Psychologe erklärt, weshalb digitales Lesen nicht unweigerlich zum geringeren Textverständnis führt.
Zwei Grundschülerinnen helfen sich gegenseitig beim Lesen

Digitales Lesen ist in unserer modernen Welt allgegenwärtig, doch welche Auswirkungen hat es auf unsere Fähigkeit, Texte zu verstehen? Das Buch »Digital lesen« geht auf diese Frage ein und zeigt, dass es nicht darum geht, sich für eine Seite zu entscheiden, sondern um ein besseres Verständnis der verschiedenen Lesemöglichkeiten und um unsere Lesekompetenz. Der pädagogische Psychologe Andreas Gold empfiehlt unterschiedliche Medien für verschiedene Altersstufen. Bei den Kleinsten (0–2 Jahre) etwa rät er zum klassischen gedruckten Buch, während Kinder ab dem Schulalter (6–17 Jahre) ihre Lesekompetenz auch im Hinblick auf digitale Lesemedien schulen sollten.

Das Buch ist sowohl auf Papier als auch als E-Book erhältlich, weshalb der Autor humorvoll mit einer »Lesewarnung« beginnt: »Mit dem E-Book sind Sie schneller fertig, dafür werden Sie vermutlich weniger davon behalten.« Das muss allerdings nicht sein. Auf den darauf folgenden 180 Seiten erklärt er, weshalb digitales Lesen nicht unweigerlich zu einem geringeren Textverständnis führt. 

Der Bildschirm verleitet dazu, oberflächlich zu lesen, weshalb man sich Inhalte oft schlechter merkt. Außerdem ist man schneller abgelenkt und oft weniger sorgfältig, was zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen führen kann. Doch digitales Lesen kann man lernen, das gilt auch für Erwachsene. Der Autor stellt verschiedene Strategien vor, die dafür sorgen, dass mehr hängen bleibt. Dazu zählt beispielsweise das Präzisieren des Leseauftrags. Auch ein »mediales Crossover« kann helfen: digital lesen, aber analog Notizen machen. 

Wenn es um das schnelle Auffinden von Informationen geht, bietet das digitale Lesen klare Vorteile. Man kann Hyperlinks setzen, die Bedeutung von Begriffen online recherchieren und die Suchfunktion nutzen. Texte können außerdem an unterschiedliche Lern- und Lesebedürfnisse angepasst werden. So lässt sich beispielsweise die Schriftgröße schnell und einfach verändern. 

Gold stellt den Lernprozess unterstützende multimediale Möglichkeiten wie Sprachmemos und »Concept Maps« vor, in denen Informationen in einem Netz verknüpft und visualisiert werden. Für Gruppen gibt es die Möglichkeit, zeitgleich zu arbeiten und im selben Dokument Notizen zu machen. Gerade bei jüngeren Lesern wirkt sich das digitale Medium zudem positiv auf die Lesemotivation aus. Wer in der Informationsflut des Internets unterzugehen droht, dem rät der Autor dazu, Hauptideen zu finden, Texte zu vergleichen und Zusammenfassungen zu erstellen. Digitale Lesekompetenz beinhaltet auch ein Quellenbewusstsein sowie die Fähigkeit, Fakten und Meinungen voneinander zu unterscheiden. Um diese Kompetenzen zu vermitteln, wird die Methode des lauten Denkens vorgestellt. Dabei spricht man beispielsweise aus, was man in die Suchmaschine eintippt, welche Links man anklickt oder welche Entscheidungen man trifft. 

Gold beschreibt digitales Lesen aus lernpsychologischer Sicht und präsentiert das innovative Potenzial neuer Medien. Das Buch ist klar gegliedert und widmet sich in einzelnen Kapiteln den verschiedenen Altersstufen bis hin zum Erwachsenenalter. Allerdings ist die Altersstufe von 6 bis 17 Jahre sehr weit gefasst und spricht Menschen mit sehr unterschiedlichen Lesebedürfnissen an. Ein Pluspunkt sind die konkreten Handlungsempfehlungen am Ende jedes Kapitels. 

»Digital lesen« ist trotz komplexer Inhalte verständlich, jedoch wäre ein Glossar für Fachbegriffe hilfreich gewesen. Das E-Book zeichnet sich durch weiterführende Hyperlinks aus. Ein ausführliches Literaturverzeichnis verweist auf zahlreiche Studien. Die Lektüre sei allen empfohlen, die sich mit den Vor- und Nachteilen des digitalen Lesens auseinandersetzen möchten. Insbesondere Eltern und Lehrer erhalten wertvolle Tipps und Empfehlungen.

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