»Konzentration«: Fokus, bitte!
Auf dem Klappentext wird das Werk von Volker Kitz als kurzweiliges Lesebuch bezeichnet. Diese Beschreibung ist ausgesprochen zutreffend. Auf knapp 300 Seiten hat der Autor eine Unmenge an informativen und ungewöhnlichen Fakten, aber auch Anekdoten, Kurioses und kleine Selbsttests über die Konzentration zusammengetragen – darüber, wie sie entsteht, wie man sie aufrechterhalten kann und wofür sie überhaupt notwendig ist. Eingestreute historische Rückblicke beleuchten, was Forscher früher über die Konzentrationsfähigkeit dachten, und zeigen, dass die Angst vor ihrem Verlust nicht erst in der heutigen Zeit Thema ist.
Für sein Buch hat Kitz einen interessanten Ansatz gewählt. Er beschäftigt sich gerade nicht – wie sich bei dem Thema erwarten ließe – hauptsächlich mit dem Gehirn. Stattdessen nimmt der Jurist und Psychologe seine Leserinnen und Leser mit auf eine Reise durch den gesamten menschlichen Körper – vom Kopf mit seinen Sinnesorganen über die Knie bis zu den Füßen. Nacheinander betrachtet er alle wichtigen Körperteile und verknüpft sie mit den verschiedensten Aspekten der Konzentration. So beschäftigt er sich beispielsweise mit dem Phänomen des Kniewippens, das meist mit Unkonzentriertheit assoziiert wird, tatsächlich jedoch zu mehr Ausgeglichenheit führt und dadurch die Konzentrationsfähigkeit fördert. Die vorgestellten Zusammenhänge sind oft überraschend, aber nie beliebig. Durch diesen ungewöhnlichen Ansatz und die kurz gehaltenen und abwechslungsreichen Kapitel ist das Werk alles andere als ein trockenes Lehrbuch.
Fakten bettet der Autor in eine persönliche Geschichte ein, die sich durch das Buch zieht. Darin berichtet er von seinen Erfahrungen bei einem zehntägigen Schweigeseminar in einem buddhistischen Kloster im Himalaja. Etwa von seinem Unvermögen, bestimmte Konzentrationsaufgaben zu erfüllen, und den Gefühle, die das in ihm auslöste.
Neugierig machen jeweils auf wenige Zeilen beschränkte Zusammenfassungen am Anfang jedes Kapitels, die Erwartungen wecken und zum Nachfragen anregen. Oder können Sie sich etwas darunter vorstellen, wenn der Schriftsteller Dostojewski einen Eisbären verflucht oder Wissenschaftler Kinder im Mutterleib anhupen? Aber keine Angst, dies alles wird im entsprechenden Kapitel aufgeklärt. Darüber hinaus gibt es immer wieder konkrete Tipps, wie man die eigene Konzentrationsfähigkeit verbessern kann.
Natürlich darf in einem solchen Buch nicht die Beschäftigung mit den neuen Medien fehlen. Erschreckend sind die Aussagen darüber, wie wenige Minuten sich ein Mensch überhaupt nur auf eine gestellte Aufgabe konzentrieren kann. Überraschend, dass sich fokussiertes Arbeiten erlernen lässt, wenn man die Arbeitszeit radikal verkürzt. Und beruhigend, dass schon lange vor dem digitalen Zeitalter Menschen das Gefühl hatten, ihnen sei die Konzentration abhandengekommen! Das Buch gibt also Anlass zur Hoffnung, dass man diese Fähigkeit trotz der vielen digitalen Ablenkungen wiederfinden kann. Vielleicht sogar ohne Schweigeseminar, indem man die Tipps des Autors umsetzt. Ein Lesegenuss mit vielen Denkanstößen ist die Lektüre allemal.
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