»SOS im Atlantik«: Drama in sternenklarer Nacht
Es war das Jahr 1912, im goldenen Zeitalter der dampfenden Ozeanriesen, als sich die wohl berühmteste Katastrophe der Schifffahrt ereignete: der Untergang der »Titanic« in den eisigen Fluten des Nordatlantiks. Das Schicksal des zur damaligen Zeit größten und luxuriösesten Passagierschiffs der Welt wurde bis heute in unzähligen Büchern aus allen erdenklichen Blickwinkeln beleuchtet. Doch Bücher über die »Titanic« scheinen ihren Reiz wohl nie so ganz zu verlieren. Jedenfalls dann nicht, wenn sie etwas unkonventionell daherkommen, so wie das neue Buch »SOS im Atlantik – die schicksalhafte Nacht der Titanic« von Flora Delargy.
Eindrucksvoller Blick auf alle Beteiligten
Delargy ist eine junge Autorin und Illustratorin aus Belfast und hat einen Master-Abschluss in Kinderbuchillustration von der Cambridge School of Art. »SOS im Atlantik« ist ihr erstes Werk. Sie versteht es, anschaulich die Katastrophe aus Sicht aller Beteiligten zu erzählen.
Dabei fokussiert die Autorin weniger auf die Passagiere als auf die Besatzung und Passagiere der »Carpathia«, jenes Schiffs, dem es gelang, die Rettungsboote mit den Überlebenden aufzunehmen. Parallel erzählt sie die Geschichte beider Schiffe, von dem Moment an, als die »Carpathia« den Hafen von New York verlässt und die »Titanic« auf der anderen Seite des Ozeans ihre Anker in Southampton lichtete. Dieser Erzählstil ist durchaus erfrischend. Er beleuchtet vor allem eher unbekannte Personen, wie die 18-jährige Bernice Palmer, die von der »Carpathia« aus mit ihrer Kamera das Drama dokumentierte.
In England bejubelte die Welt die Abfahrt des spektakulären Dampfers, man glaubte mit der »Titanic« ein unsinkbares Schiff gebaut zu haben. Doch man sollte schnell eines Besseren belehrt werden. Nur wenige Tage später rammte der Luxusliner kurz vor Mitternacht einen Eisberg. Es ist unausweichlich: Das Schiff wird sinken.
Dann nimmt die Katastrophe ihren Lauf. Auf der »Carpathia« empfangen die Funker den verzweifelten Hilferuf der »Titanic«. Ohne zu klopfen, stürmt der Funker Harold Cottam in die Kabine von Kapitän Arthur Rostron und übermittelt ihm die Nachricht. Sofort macht sich die »Carpathia« auf den Weg in Richtung des Havaristen. Doch es trennen sie vier Stunden Fahrt durch ein von Eisbergen durchsetztes Gewässer. Gefahren lauern überall. Und dennoch gelingt es der Crew, die Überlebenden am nächsten Morgen zu retten. Erschöpft und traumatisiert, herrscht bei den Menschen auf den Decks der »Carpathia« eine gedrückte Stimmung, bis sie endlich den Hafen von New York erreichen.
Delargy versteht es, die schicksalhaften Ereignisse des 14. April 1912 in prägnanten Illustrationen und kurzen Texten zu erzählen. Die »Titanic« sank bei sternenklarem Himmel. Das Wasser war tiefschwarz, ruhig und eisig kalt. Diese Atmosphäre fängt die Autorin in ihren Illustrationen überzeugend ein. Man fühlt sich hineingezogen in die verhängnisvollen Stunden des Untergangs und der aufreibenden Rettung.
Die Lektüre ist zwar für Kinder gedacht, als Erwachsener braucht man sich jedoch keineswegs zurückzuhalten, dieses liebevoll illustrierte Buch ebenfalls zu durchstöbern und eines der dramatischsten Ereignisse der neueren Geschichte Revue passieren zu lassen.
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