Wie denkt es sich besser?
Sie setzen sich in ein Flugzeug und gehen davon aus, dass der Pilot das Flugzeug unter Kontrolle hat. Irgendwann läuft dieser aber in den Gängen des Flugzeuges herum und begrüßt die Gäste: Der Autopilot hat das Steuer übernommen. Was sind nun wohl ihre ersten Gedanken: Haben Sie Vertrauen? Oder würden Sie am liebsten wieder aussteigen? Carl Naughton, Linguist und Psychologe und Autor des Buches "Der Autopilot im Kopf", schildert in seinem Werk, wie unser Gehirn eigentlich auch eher als Autopilot funktioniert. Was soll ich davon halten? Wie meint er das? Entziehe ich mich der Kontrolle meines Gehirns und macht mein Denkorgan was es will?
Im ersten Teil diese praxisorientierten Buchs erhält der Leser einen Überblick über sein Denkorgan. Wir erfahren wer wo, wann und wie denkt und dass der präfrontale Cortex, der CEO, die hauptsächliche und eigentliche Denkarbeit erledigt: Er ist der "Power-Netzwerker" und bildet das Arbeitsgedächtnis, orchestriert alle Informationen, bewegt zur Aktion, statt selbst tätig zu werden, weshalb man auch diesem Teil des Gehirns die Regieaufgabe zugeordnet hat. Da dieser kleine Teil unseres Denkorgans so wichtig ist, möchte Naughton dazu anleiten, diesen Teil zu trainieren, um ihn für Planungen oder Entscheidungen zu optimieren.
Doch wie arbeitet der mentale Chef? Die Antwort lautet: Er delegiert! Eigentlich ganz einfach und ähnlich wie es in einer großen Organisation abläuft: Delegation und Aufteilung von Aufgaben, das erleichtert nicht nur die Arbeit sondern ist auch effizienter, denn jeder kann das machen, was er am besten kann. Der Chef selber hat kaum etwas zu tun. Genau so läuft es im Gehirn ab. Ganz wichtig dabei ist aber, dass diese Führung auch Integration bedeutet. Denn die einfließenden Informationen müssen ebenso richtig selektiert und eingeordnet werden. Für das Gehirn heißt das, dass die Informationen aus den verschiedenen Arealen an richtiger Stelle verarbeitet und damit in die vielen Abläufe eingeordnet werden müssen – auch das stellt eine wesentliche Aufgabe des CEO dar.
Im zweiten Teil geht es nun um konkrete Umsetzungen für unser Denkorgan. Hier liefert Naughton Möglichkeiten und zeigt Wege auf, wie wir unseren Denkfallen entgehen können. Insgesamt beleuchtet er 22 verschiedene Problemfälle und liefert dazu gleichzeitig ausführliche, direkt umsetzbare Lösungsstrategien. Zum Beispiel beschreibt er für die erste Denkfalle, warum es nicht regnet, obwohl die Straße nass ist, zwei Hauptfaktoren, die aus unserer Denkleistung eine Denkfalle machen: 1. Wie sehr beeinflusst uns unser Wissen? Und 2.: Wie gut habe ich es verstanden? Bei der ersten Frage geht es darum, dass wir schnelle Schlussfolgerungen ziehen, ohne uns wirklich vorher Gedanken darüber gemacht zu haben, denn nicht immer, wenn die Straße nass ist, hat es geregnet. In die zweite Grube tappen wir immer dann, wenn wir nicht genau hinhören, lesen oder mitdenken. Genau dann werden die eigentlichen Ausgangssituationen nicht exakt abgespeichert, und wir lassen andere Interpretationsmöglichkeiten unbeachtet.
Weitere Beispiele umschreiben Situationen beim Schätzen und Urteilen, beim Entscheiden, beim Problemlösen und kreativen Denken. Besonders aufschlussreich war für mich, dass wir durch unsere Denkfallen sehr schnell urteilen und auch verurteilen, etwa über Kollegen urteilen, selbst wenn wir sie nicht kennen und nur, weil wir etwas von Dritten gehört haben. Oder warum Japaner denken, dass Heidelberg größer sei als Bielefeld. Das allein liegt daran, dass über Heidelberg mehr geschrieben wird als über Bielefeld. Gleichzeitig ist die westfälische Metropole unbekannter und damit wohl weniger wichtig, weshalb sie kleiner sein muss. Naughton bietet als Lösung das "ABC der mentalen Klarheit" an, um diese Klippen zu umschiffen. Das A steht für Activiation, B für Belief und C für Consequence. Es stellt die unbewusste Reaktion auf eine Situation dar, der dann ein anderes Denkmuster gegenübergestellt werden muss, welches klare Entscheidungsmuster erlaubt: das so genannte "DEF" (D gleich Disputation, E gleich Effect und F gleich Further Action). Mehr dazu natürlich im Buch.
Im dritten Kapitel liefert Naugthon das Spiel Neurospeed, in dem es nicht darum geht, wie beispielsweise Brainjogging, Kreuzworträtsel oder Soduko nur ein Fähigkeit zu trainieren, sondern tatsächlich die "neuronalen Verdrahtungen auf Trab zu bringen". Mit diesen Spielen wird die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses erweitert. Lassen Sie sich also überraschen und gehen Sie mit auf die Reise, um unserem Gehirn auf die Schliche zu kommen. Sicherlich habe ich nichts gegen Autopiloten, aber ich finde Kontrolle nicht schlecht. Und das kann man trainieren.
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