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Der Mathematische Monatskalender: Pappos von Alexandria (um 320)

Sein Hauptwerk "Synagoge" ("Sammlung") stellt den gelungenen Versuch dar, die klassische Geometrie der Griechen wieder zu beleben.
Pappos von Alexandria (um 320)

Pappos von Alexandria gilt als der letzte der großen griechischen Geometer. Über sein Leben weiß man fast nichts – noch nicht einmal, wann er genau gelebt hat. Der einzige historische Verknüpfungspunkt ist ein von ihm verfasster Kommentar zu einer Sonnenfinsternis, die er selbst in Alexandria beobachtete, und die man durch eine kürzlich durchgeführte Berechnung auf Oktober 320 terminieren kann. Bekannt ist, dass er in Alexandria lebte und dort eine "Schule" (Akademie) leitete.

Sein Hauptwerk trägt den Titel Synagoge (Sammlung) und bestand aus acht Büchern. Es stellt den gelungenen Versuch dar, die klassische Geometrie der Griechen wieder zu beleben. Dabei ging es Pappos offensichtlich nicht darum, die Bücher der "Alten" zu ersetzen, sondern die Bedeutung dieser Bücher (die damals wohl noch alle existierten) wieder ins Bewusstsein zu bringen und um Einsichten zu ergänzen, die nachträglich von anderen Gelehrten hinzugefügt worden waren. Die Sammlung enthält auch einige Hinweise auf Schriften von Autoren, von deren Existenz wir sonst möglicherweise nichts erfahren hätten. Die erste Übersetzung der Synagoge ins Lateinische erfolgte 1589 durch Federico Commandino, aber es dauerte dann noch einmal einige Jahrzehnte, bis René Descartes, Pierre de Fermat und Isaac Newton die Bedeutung des Werks erkannten und zur Grundlage ihrer eigenen Forschungen machten.

Buch I über Arithmetik ging vollständig verloren, von Buch II ist nur ein Teil vorhanden (das Fragment wurde 1688 von John Wallis in der Savilian Library in Oxford entdeckt). Es beschäftigt sich mit einem Problem der Unterhaltungsmathematik: Im antiken Griechenland wurden Ziffern durch Buchstaben dargestellt, unter anderem in der milesischen Notation, vergleiche Tabelle. Das Produkt der Zahlwerte der einzelnen Buchstaben eines Textes kann dabei leicht sehr große Werte annehmen, wie Apollonius in einer nicht überlieferten Abhandlung untersucht hatte.

Buch III besteht aus vier Teilen. Zunächst werden Konstruktionen zum arithmetischen, geometrischen und harmonischen Mittel erläutert. Im letzten Teil zeigt er, wie die fünf platonischen Körper in eine Kugel einbeschrieben werden können (abweichend von der Methode Euklids in seinen Elementen).

Buch IV beschäftigt sich zunächst mit einer Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras (für beliebige Parallelogramme über den Seiten). Dann folgen Variationen der Arbelos des Archimedes.

Er entdeckt eine besondere Eigenschaft einer Kette von Kreisen – heute werden sie als Pappos-Ketten bezeichnet: Gegeben sind drei Halbkreise über einer Strecke \(AB\) mit einem beliebigen Zwischenpunkt \(C\). Dann existiert ein Kreis \(k_1\) mit Mittelpunkt \(P_1\), der diese drei Halbkreise berührt. Der Durchmesser des Kreises \(k_1\) ist genauso groß wie der Abstand des Punktes \(P_1\) von der Strecke \(AB\). Der Kreis \(k_2\) mit Mittelpunkt \(P_2\) berührt die Halbkreise über \(AB\) und \(AC\) sowie den Kreis \(k_1\); dessen Durchmesser ist halb so groß wie der Abstand von \(P_2\) von \(AB\). Der Durchmesser des Kreises \(k_3\) um \(P_3\) ist ein Drittel so groß wie der Abstand von \(P_3\) zu \(AB\) und so weiter.

Im Folgenden untersucht er die Frage der Quadratur des Kreises sowie das Problem der Winkeldreiteilung und beschreibt unter anderem die Lösungen mithilfe der Archimedischen Spirale (siehe Bilder oben) und der Quadratrix des Hippias (siehe untere Bilder).

Buch V beschäftigt sich mit isoperimetrischen Problemen: Pappos erläutert, warum der Kreis unter allen Figuren gleichen Umfangs den größten Flächeninhalt hat. Weiter vergleicht er die Volumina der 13 halbregulären archimedischen Körper mit gleich großer Oberfläche miteinander, wobei er schließlich feststellt, dass von zwei Körpern mit gleicher Oberfläche derjenige mit der größeren Anzahl von Flächen auch das größere Volumen hat und dass bei einer Kugel mit gleicher Oberfläche das Volumen größer ist als bei allen regelmäßigen Körpern. In einem Beitrag von literarischer Qualität lobt er die Klugheit der Bienen wegen der optimalen Form der Honigwaben.

In Buch VI setzt Pappos sich mit Schriften verschiedener Autoren zur Astronomie auseinander von Theodosios über Aristarch bis Ptolemäus – und weist dabei auf Fehler hin, die in der Zwischenzeit entdeckt worden waren.

Buch VII ist – nicht nur aus heutiger Sicht – das wertvollste Kapitel der Synagoge. Zunächst reflektiert Pappos die Vorgehensweise der Mathematiker; dabei unterscheidet er Analysis und Synthesis: Bei der Methode der Analysis (wenn man zum Beispiel versucht, einen Satz zu beweisen oder ein Konstruktionsproblem zu lösen) wird überlegt, von welchen Voraussetzungen her man auf das schließen kann, was gezeigt werden soll, und geht dann immer weiter zurück, bis man zu einem Sachverhalt kommt, der sicherlich richtig ist. Bei der Synthesis geht man den umgekehrten Weg.

Das Kapitel enthält eine Fülle an Informationen über verloren gegangene Bücher, unter anderem über Euklids Data und Porismen (Sammlung von geometrischen Aufgaben) sowie mehrere Schriften des Apollonius (Buch der Flächenzerlegungen, Buch der Berührungen, Buch der Neigungen, Buch der geometrischen Örter). Bemerkenswert ist beispielsweise der folgende Satz (auch als Satz von Stewart bezeichnet)

Wird die Strecke \(AB\) in einem Dreieck \(ABC\) durch einen Punkt \(D\) geteilt mit \(m = |AD|\), \(n = |DB|\) und \(d=|DC|\), dann gilt: \(m \cdot a^2 + n \cdot b^2=(m+n)\cdot d^2 + m \cdot n^2 +n\cdot m^2\)

Buch VII enthält auch zwei Sätze über Rotationskörper, die als Guldin’sche Regeln bekannt wurden:

  • Rotiert ein Kurvenstück um eine Achse (die von der Kurve nicht geschnitten wird), dann ist der Flächeninhalt der Oberfläche des entstehenden Rotationskörpers gleich der Länge des Kurvenstücks multipliziert mit dem Umfang des Kreises, den der Schwerpunkt des Kurvenstücks bei der Rotation zurücklegt.
  • Rotiert ein Flächenstück um eine Achse (die das Flächenstück nicht schneidet), dann ist das Volumen des entstehenden Rotationskörpers gleich dem Produkt des Flächeninhalts des Flächenstücks multipliziert mit dem Umfang des Kreises, den der Schwerpunkt des Flächenstücks bei der Rotation zurücklegt.

Ob tatsächlich der Jesuit Paul Guldin, ein in der Schweiz geborener Mathematiker und Astronom, den Satz 1640 selbst entdeckt hat, ist ungeklärt – in seiner Bibliothek befand sich ein Exemplar der Synagoge des Pappos.

Als Theorem des Pappos wird ein Satz bezeichnet, der Ausgangspunkt für die Entwicklung der projektiven Geometrie war: Liegen je drei Punkte \(A_1\), \(A_2\), \(A_3\) und \(B_1\), \(B_2\), \(B_3\) auf zwei Geraden, dann liegen die drei Schnittpunkte der Geraden, die durch \(A_1\) und \(B_2\) bzw. \(A_2\) und \(B_1\), durch \(A_1\) und \(B_3\) bzw. \(A_3\) und \(B_1\) sowie durch \(A_2\) und \(B_3\) bzw. \(A_3\) und \(B_2\) verlaufen, auf einer Geraden, der so genannten Pappos-Gerade.

Buch VIII schließlich beschäftigt sich mit Problemen der Mechanik; er gibt eine Definition des Schwerpunkts, untersucht Zahnräder sowie die Situation an einer Schiefen Ebene, erläutert, wie man zu fünf gegebenen Punkten den zugehörigen Kegelschnitt konstruiert, und setzt sich mit der Heron'schen Theorie der mechanischen Kräfte auseinander. Pappos verfasste auch einen Kommentar zum Almagest des Ptolemäus; allerdings sind nur seine Erläuterungen zu den Büchern V und VI erhalten. Ob ein (in arabischer Übersetzung erhaltener) Kommentar zu Euklids Elementen tatsächlich von Pappos stammt, ist umstritten, weicht der Stil doch allzu sehr von dem seiner Synagoge ab.

Pappos von Alexandria (um 320)

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