Lexikon der Biologie: Weide
Weide, 1) landwirtschaftliche Nutzfläche (Landwirtschaft), die mehr oder weniger regelmäßig von Nutztierenbeweidet wird. Man unterscheidet die extensiv genutzten Naturweiden, wie Savannen und Steppen, von den Kulturweiden, die oft aus Mähwiesen hervorgegangen sind und dann als Dauer- (Dauergrünland) oder Wechselweiden (Wechselgrünland) betrieben werden. Hinsichtlich der Art der Beweidung unterscheidet man u.a. Standweide, Umtriebsweide, Mähweide und die heute seltenen Formen der Waldweide und Triften. Seit etwa 1960 erfolgte eine großflächige Umstellung von Mäh- auf Weidebetrieb mit gleichzeitiger Intensivierung (Düngung, höherer Viehbesatz). Als Folge davon dominieren weideresistente Arten, die häufigen Verbiß, mechanische Verletzung durch Tritt (Trittpflanzen) und Bodenverdichtung ertragen. Weiden zeigen eine geringe Arten-Diversität und bilden in Mitteleuropa die Ordnung Trifolio-Cynosuretalia (Fettweiden). – I.w.S. bezeichnet man mit Weide auch die für eine Tiergruppe bedeutenden Futterpflanzen, z.B. Bienenweide. Ersatzgesellschaft. 2)Salix, formenreiche Gattung der Weidengewächse (Weidenartige) mit über 300, vorwiegend in der nördlich-gemäßigten Zone heimischen Arten. Kriechende Zwergsträucher (in der Arktis und den Alpen [Alpenpflanzen]), Sträucher oder hohe Bäume mit lineal-lanzettlichen bis elliptischen Blättern, Nebenblättern und in der Regel diözischen, in meist aufrechten, blattachselständigen Kätzchen ( ü Blüte ) angeordneten Blüten, an deren Basis sich 1 oder 2 Honigschuppen befinden. Letzteres macht die meisten Weiden-Arten zu wichtigen Bienenfutterpflanzen, deren Bestäubung überwiegend von Insekten (Entomogamie) vorgenommen wird. Die Frucht der Weiden ist eine zweiklappig aufspringende Kapsel, deren kleine Samen mit einem Haarschopf versehen sind. In Mitteleuropa sind zwischen 30 und 40 zum Teil schwer voneinander unterscheidbare, häufig auch miteinander bastardierende Weiden-Arten heimisch. Hierzu gehören vor allem die an Bächen, Gräben, Fluß- und Seeufern oder Altwässern sowie am Rande von Auenwäldern und -gebüschen bzw. an Sümpfen und Mooren wachsende Bruch-Weide (Salix fragilis;Asien I ), Silber-Weide (Salix alba), Korb-Weide (Salix viminalis;vgl. Abb. ), Purpur-Weide (Salix purpurea) und Grau-Weide (Salix cinerea). Die Sal-Weide (Salix caprea;vgl. Abb. und Europa X ) ist u.a. in Gebüschen, auf Waldschlägen und an Waldrändern zu finden. Alpine Arten der Weiden sind u.a. die in Spalierweiden-Gesellschaften wachsende Teppich-Weide (Salix retusa) und die in Schneeboden- oder Schneetälchen-Rasen (Salicetea herbaceae) anzutreffende Kraut-Weide (Salix herbacea). Letztere bildet ein System unterirdischer Ausläufer, von denen nur die Spitzen als relativ kurzlebige Laubtriebe aus dem Boden herausragen. Wirtschaftlichen Nutzen haben die raschwüchsigen, leicht über Stecklinge zu vermehrenden Weiden vor allem als Lieferant von Ruten für Flecht- und Korbmacherarbeiten. Oft wird hierfür der alljährliche Austrieb von sog. Kopf-Weiden (Weiden, deren Krone und Seitentriebe regelmäßig entfernt werden; vgl. Abb. ) genutzt. Besonders geeignete Arten sind die einheimischen Korb-Weiden, Salix viminalis und Salix rigida. – Das weiße, sehr leichte und weiche Holz (Weichholz) der Weide ist grobfaserig, biegsam und wenig haltbar. Es wird u.a. zur Herstellung von Holzschuhen, Schachteln und Kisten sowie zur Papierherstellung verwendet. Weidenrinde wird wegen ihres hohen Gerbstoffgehalts zum Gerben von Leder benutzt. Verschiedene Weiden werden auch als Ziersträucher oder -bäume in Gärten und Parks kultiviert. Besonders dekorativ sind Formen mit lang herabhängenden Zweigen, sog. Trauer-Weiden (Baum [Abb.]), wie z.B. die Echte Trauer-Weide, Salix babylonica, Salix alba „Tristis“ oder Bastarde zwischen Salix babylonica und Salix alba. Die Korkenzieher-Weide (Salix matsudana, „Tortuosa“) zeichnet sich durch korkenzieherartig verdrehte Zweige und Blätter aus. Medizinische Bedeutung hat die Weide erlangt durch das in ihrer Rinde enthaltene Phenolglykosid Salicin, aus dem durch Hydrolyse und anschließende Oxidation die stark desinfizierend (antibakteriell) und temperatursenkend wirkende Salicylsäure entsteht. Sie und ihre Derivate werden heute synthetisch hergestellt. Besonders die Acetylsalicylsäure hat unter dem Handelsnamen Aspirin® (seit 1899 auf dem Markt) weltweite Bedeutung als schmerzstillendes, fiebersenkendes und antirheumatisch wirkendes Mittel erlangt. Ihr die Blutgerinnung hemmender Effekt wird zudem zur Behandlung von Thrombosen genutzt. Die Wirkung der Acetylsalicylsäure wird auf eine Hemmung der Prostaglandinsynthese (Prostaglandine) zurückgeführt. Brettwurzeln, Lichthölzer; Gallen I , Polarregion II .
N.D.
Weide
1 Korb-Weide (Salix viminalis) mit Kätzchen (links ♀, rechts ♂); 2 Sal-Weide (Salix caprea), a Kätzchen; 3 Kopf-Weide
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