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Lexikon der Geographie: Wüste

Wüste, Gebiet der Erde, das durch geringe bis fehlende Pflanzendecke gekennzeichnet ist, bei der Trockenwüste bedingt durch Wassermangel, der Kälte- und Hochgebirgswüste durch Wärme- und zum Teil Wassermangel und der nur bedingt zugehörigen Eiswüste durch eine Eisschildbedeckung. Wüsten sind der aridere Teil der Trockengebiete der Erde, nach der von Penck definierten Trockengrenze die Gebiete, in denen die jährliche Verdunstung größer als die Niederschlagsmenge ist – eine einfache, aber wegen der Problematik von Verdunstungsmessungen kaum durchführbare Abgrenzung. Je nach Art der verwendeten Näherungslösung umfassen die Trockengebiete 30-36% der Festlandsflächen und sind damit die größte Naturlandschaftszone, die allerdings wegen unterschiedlicher Ariditätsursachen keine wirkliche breitenkreisparallel zusammenhängende Zone bilden. Nach der Klimaklassifikation von Köppen und Geiger wird aus dem Verhältnis von Winter-, Sommer- bzw. ganzjährigem Niederschlag zu Temperatur das vollaride Wüstenklima (BW) vom semiariden Steppenklima (BS) unterschieden; nach den Kimadiagrammen von Walter entsprechen dem 0-1 bzw. 2-4 humide Monate. Anders als der europäische Wüstenbegriff, der sich an der extremen Trockenheit der Sahara orientiert, umfasst der amerikanische, an den dortigen ariden Gebieten orientierte Desert-Begriff meist die gesamten Trockengebiete (arid lands). Als praktikable Abgrenzung im Gelände bietet sich an: a) Trockensteppe/-savanne: nur im Vordergrund lückenhafte Vegetation, schließt sich scheinbar gegen den Horizont; b) Wüstensteppe/Halbwüste: Vegetation diffus, bleibt auch gegen den Horizont lückenhaft; c) Vollwüste: Vegetation nur noch kontrahiert in Gunstlagen und d) Extremwüste: völlige Vegetationslosigkeit. Für Grenzziehungen muss allerdings die jährliche Niederschlagsvariabilität berücksichtigt werden. Regen kann auch in der Extremwüste kleinflächig eine dichte kurzlebig-annuelle Vegetation (arab. Achab-Flora) bewirken. Wegen einer anderen Vegetationsentwicklung und gleichmäßiger Regenverteilung tragen in Australien jedoch selbst die BW-Gebiete noch eine lückenhafte Vegetation.
Nach den vorwiegenden Ursachen der Aridität werden unterschieden (hier beschränkt auf BW): a) Passat- bzw. Wendekreiswüsten mit ganzjährigen Hochdruckzellen, polseitig mit winterlichen Westwindregen, äquatorseitig mit sommerlichen Monsunregen (z.B. australische Wüste, südafrikanische Kalahari); b) die Sahara als tropische Ostjet-Wüste, wobei der absteigende Ast der Querzirkulation des im Sommerhalbjahr vom West-Pazifik zum Ost-Atlantik wehenden Strahlstroms die Konvektion und Nordverlagerung der Monsunzone nahezu unterbindet und so den Hochdruckzelleneffekt der Passatwüste verstärkt; c) Küsten- und zugleich Nebelwüsten durch niederschlagsverhindernde Inversionsbildung über einer durch Auftriebswasser kalten Meeresströmung (Atacama, Namib und westafrikanische Küste durch Humboldt-, Benguela- und Kanarenstrom), allerdings verstärkt durch Passatinversion (durch den Kalifornienstrom in Baja California nur BS-Klima); d) winterkalte Binnen- bzw. orographische Wüsten Innerasiens (BWk) als Folge extremer Kontinentalität bzw. Meeresferne, bis 50°N; e) Regenschattenwüsten im Westwind-Lee von Sierra Nevada, Basin Ranges und Sierra Madre Occidental im Südwesten der USA und in Nord-Mexiko sowie im Lee der südlichen Anden; f) Hochgebirgswüsten (Hochplateaus der Anden und Tibets, in Kombination von Höhe, Kälte, Regenschatten und Kontinentalität; g) polare Trockenwüsten (kanadische arktische Inseln) im Unterschied zu nur durch Kälte vegetationsarmen Polargebieten und h) Eiswüsten (Antarktis, Grönland). Die vegetationslose inner-isländische Wüste ist edaphisch, d.h. trotz humiden Klimas durch die hohe Wasserdurchlässigkeit vulkanischer Aschen, bedingt.
Geomorphologische Gemeinsamkeiten der nichtpolaren Vollwüsten bis Halbwüsten (trotz Konvergenzformen) sind selten noch periodische, meist vorwiegend episodische fluviale Aktivität bis zu arheischen (abflusslosen) Verhältnissen und äolische Akkumulations-und Korrasionsprozesse, die arid-morphodynamisch bedingten Oberflächentypen Hamada, Serir, Salztonebene bzw. Playa und Sebcha, Staubhaut bzw. Fesch-Fesch; als Reliefformen Schwemmfächer bzw. Bajada (mit zunehmender Aridität hamadabedeckt und nur noch bandförmig episodisch durchflossen), Trockenflussbetten bzw. Wadis und Fremdlingsflüsse, weiterhin Dünen, Ergs und äolische Deflations- und Korrasionsformen (Yardangs); im regionalen Maßstab tektonisch bedingte endorhëische Becken und darin z.T. große pluvialzeitlich gebildete Grundwasserreserven. Auf allen eisenmanganhaltigen, rezent nicht bewegten oder windüberschliffenen Partikeln und Gesteinsoberflächen ist brauner Wüstenlack ausgebildet. Der größte Teil des Formenschatzes ist vorzeitlich andersklimatisch entstanden und nur arid überprägt worden, quartär-pluvialzeitlich (u.a. Seesedimente, Flussterrassen, Hangschuttdecken) oder unter tertiär warm-feuchten Klimaten (u.a. Rumpfflächen, Pedimente, Schichtstufen, Carbonat- und Silicatkarst). Dies gilt auch für die Extrem- oder Kernwüstenbereiche der Sahara. Die Entstehung heutiger Wüsten (z.B. der Namib) schon im Miozän ist umstritten. Es gibt allerdings auch Vorzeitformen aus ariden Phasen, v.a. die Großformen des Windschliffs.
Der Lebensraum des Menschen in der Wüste hat sich in zunehmender Anpassung an die Aridisierung während der letzten ca. 4000 Jahre aus paläolithischer Jagd- und neolithischer Hirtenkultur zu einer auf Bewässerungswirtschaft basierenden agraren und, besonders in der Halbwüste, zunehmend städtischen Oasenkultur entwickelt, meist in Verbindung mit Halb- oder Vollnomaden, die die Verkehrswege und den Handel durch die nie als absolute Barrieren wirkenden Wüsten beherrsch(t)en. Wichtigstes Produktions- und Handelsgut der altweltlichen Wüsten war das Salz.

DB

Lit: [1] BESLER, H. (1992): Geomorphologie der ariden Gebiete. – Darmstadt. [2] BUSCHE, D. (1998): Die zentrale Sahara. – Gotha.

  • Die Autoren

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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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