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Freistetters Formelwelt: Wenn Zahlen unberechenbar werden

Wenn der Taschenrechner kapitulieren muss, gibt es nur noch eine Rettung: die Näherung!
Ein Haufen bunter, 3D-gerenderter Ziffern.

Früher habe ich gerne mit den Buchstaben meines Namens gespielt. Wie vermutlich alle Kinder habe ich ausprobiert, wie er sich rückwärts liest. »Nairolf« lässt sich zwar immerhin aussprechen, richtig begeistert war ich davon nicht. Aber egal, wie ich die Buchstaben umgestellt habe, es ist nichts Brauchbares dabei herausgekommen. Ich habe probiert, alle Möglichkeiten zu testen.

Hätte ich jedoch damals schon berechnen können, wie viele das sind, hätte ich es vermutlich gar nicht erst versucht. Die sieben Buchstaben meines Vornamens kann ich auf 5040 unterschiedliche Weisen schreiben. Würde ich auch noch meinen Nachnamen dazunehmen, wären es deutlich mehr (über eine Billion Varianten). Zentral für diese Rechnung ist die Operation der Fakultät, die mathematisch mit einem ! ausgedrückt wird (n! = 1 · 2 · 3 ·...· n).

Die legendärsten mathematischen Kniffe, die übelsten Stolpersteine der Physikgeschichte und allerhand Formeln, denen kaum einer ansieht, welche Bedeutung in ihnen schlummert: Das sind die Bewohner von Freistetters Formelwelt.
Alle Folgen seiner wöchentlichen Kolumne, die immer sonntags erscheint, finden Sie hier.

Mein Taschenrechner schafft gerade noch die Berechnung von 69! – der Versuch, auch 70! auszurechnen, liefert eine Fehlermeldung. Das Ergebnis wäre eine Zahl mit mehr als 100 Stellen, und dafür reicht der Speicher nicht. Um dennoch zumindest ein näherungsweises Ergebnis zu erhalten, kann man sich dieser Formel bedienen:

Auch daran scheitert mein Taschenrechner – aber zumindest hat man es nun mit Rechenoperationen zu tun, die ein wenig einfacher zu handhaben sind als die Fakultät. Das hilft zum Beispiel dann, wenn man nicht an einer exakten Zahl als Ergebnis interessiert ist, sondern lediglich wissen will, wie viele Stellen die Zahl hat. Die folgt ja aus dem Logarithmus zur Basis 10 der entsprechenden Zahl, und so eine Rechnung kann man mit der rechten Seite der Formel wesentlich leichter ausführen als mit der linken.

Die Entropie macht mal wieder Ärger

Die nach dem schottischen Mathematiker James Stirling benannte Formel ist aber nicht nur wichtig, wenn man die Anzahl der Vertauschung von Buchstaben eines langen Namens berechnen möchte. Auch in der Wissenschaft ist es unter Umständen nötig, solche großen Zahlen zu bestimmen. Zum Beispiel beim »Einstein-Modell : Schon 1907 hat Albert Einstein eine quantenmechanische Beschreibung für die Wärmekapazität von Festkörpern entwickelt.

Darin modellierte er den Körper als System von harmonisch schwingenden Atomen, deren Schwingungsenergie nur quantisierte Werte annehmen kann. Will man damit zum Beispiel Größen wie die Entropie des Körpers bestimmen, taucht in der entsprechenden Formel eine Zahl auf, die sich aus der Fakultät der Anzahl der schwingenden Atome berechnet. Davon hat so ein Festkörper aber jede Menge, und die Gleichung ist nur durch die Näherung von Stirling einigermaßen in den Griff zu kriegen.

In der Thermodynamik hat man es auch abseits von Einsteins Modell immer wieder mit Fakultäten großer Zahlen zu tun. Sie tauchen meist bei der Berechnung der Entropie oder ähnlicher Eigenschaften auf. Und bei der Avogadro-Konstante: Sie gibt an, wie viele Teilchen – Atome oder Moleküle – in einer Stoffmenge von einem Mol enthalten sind. Per Definition sind es exakt 6,02214076 · 1023, und wenn man diese Zahl in Verbindung mit einer Fakultät vor sich hat, lernt man den Wert der Stirling-Näherung sehr zu schätzen.

Bei meiner Beschäftigung mit den Anagrammen meines Namens bin ich solch großen Zahlen nie auch nur nahe gekommen. Heute muss man die Kombinationen nicht mehr selbst durchprobieren, so wie ich es als Kind getan habe. Entsprechende Computerprogramme können das mittlerweile viel schneller, und eines davon hat mich gerade informiert, dass man meinen vollständigen Namen zu »Affe einsortiert RTL« umordnen kann. Hätte ich das nur schon als Kind gewusst!

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