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Lexikon der Astronomie: Inertialsystem

Ein Inertialsystem (lat. inert: 'träge, untätig') ist ein besonderes Bezugssystem, in dem sich eine kräftefreie Masse gleichförmig geradlinig, also mit konstanter Geschwindigkeit, bewegt. Ein besonderes Inertialsystem ist das Ruhesystem (engl. rest frame), in dem sich die Masse relativ zum Beobachter in Ruhe befindet. Man nennt es manchmal auch mitbewegtes System (engl. comoving frame).

Beispiele und Gegenbeispiele

Ein einfaches Beispiel für ein Inertialsystem ist ein Zug, der mit konstanter Geschwindigkeit auf geraden Gleisen fährt. Gegenbeispiele, also Nicht-Inertialsysteme, sind alle rotierenden Systeme, wie ein Karussell, die Erde etc. In diesen Nicht-Inertialsystemen treten Trägheitskräfte auf, die für einen inertialen Beobachter die Geradlinigkeit der Bewegung gewährleisten. Der nicht-inertiale Beobachter hingegen, der mit dem Nicht-Inertialsystem rotiert, ist völlig den Trägheitskräften (wie Zentrifugal- oder Corioliskraft) ausgeliefert.

Galilei & Newton

Der Begriff des Inertialsystems ist bereits eine wichtige Zutat in der Newtonschen Physik. Die Newtonschen Gleichungen sind galilei-invariant, d.h. verschiedene Inertialsysteme können mittels einer Galilei-Transformation ineinander überführt werden. Die entsprechende Symmetriegruppe heißt Galilei-Gruppe. Der Galilei-Transformation liegt eine absolute Zeit zugrunde, weil sich diese identisch von einem in das andere System transformiert (t = t').

Lorentz, Relativitätstheorie

Hingegen fußen Relativitätstheorie und auch schon klassische Elektrodynamik auf der Lorentzgruppe. Die damit assoziierte Lorentz-Transformation transformiert die Zeit anders und führt auf Effekte wie Zeitdilatation und Längenkontraktion. Der Zeitbegriff wird relativ. Die Ursache für diese neuen Gesetzmäßigkeiten ist die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen. Das bestätigte in praxi das Michelson-Morley-Experiment (1881/87).
Gemäß des Relativitätsprinzips der Speziellen Relativitätstheorie (SRT) sind alle gleichförmig geradlinig bewegten Systeme oder Beobachter inertial. Im Äquivalenzprinzip der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) wurde diese Aussage auf beschleunigte Systeme erweitert. In der ART kann man nur noch lokal ein Inertialsystem finden. Hier gilt nur noch die lokale Lorentzinvarianz.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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