Lexikon der Biochemie: Affinitätschromatographie
Affinitätschromatographie, eine chromatogaphische Reinigungsmethode für Biomoleküle, die auf der spezifischen und reversiblen Absorption eines Moleküls (Adsorbent) an einen individuellen, matrixgebundenen Liganden basiert. Als Ligand wird ein verfügbarer, hochaffiner Bindungspartner kovalent an einer geeigneten Matrix immobilisiert. Durch eine biospezifische Wechselwirkung mit dem Zielmolekül wird der Adsorbent selektiv aus einer komplexen Mischung adsorbiert (Abb.). Biospezifische Wechselwirkungen für die A. erfordern Bindungskonstanten KD im Bereich zwischen 10-5 und 10-7M. Während für KD > 10-4M die Bindung für die A. zu schwach ist, erschweren KD > 10-8M die Elution des Adsorbenten, die in der Regel durch kompetitive Verdrängung aus der Bindung oder durch Konformationswechsel durch Änderung des pH-Werts oder der Ionenstärke erreicht wird. Die Auswahl des Liganden für die A. führt zu einer Differenzierung zwischen monospezifischen und gruppenspezifischen Liganden. Monospezifische Liganden sind z.B. Antikörper für Antigene, Hormone für deren Rezeptoren, Enzyminhibitoren für Enzyme sowie MBP-Antikörper (MBP für Maltose-bindendes Protein) und GST-Antikörper (GST für Glutathion-S-Transferase) für rekombinante (Fusions-)Proteine. Für die nachfolgend aufgeführten gruppenspezifischen Liganden sind die entsprechenden Adsorbenten in Klammern aufgelistet: Lectine (Glycoproteine), Calmodulin (Ca2+-bindende Proteine), Heparin (Koagulationsproteine), Farbstoffe (Enzyme), Nucleinsäuren (Dehydrogenasen, Kinasen), Protein A und Protein G (IgG Immunglobuline). Von den Lectinen bindet immobilisiertes Concanavalin A α-D-Mannose- und α-D-glucosehaltige Kohlenhydratregionen, während Agglutinin N-Acetyl-D-Glucosamin adsorbiert. Neben den herkömmlichen Affinitätsmatrices werden sog. aktivierte Gele angeboten, deren Trägermaterialien funktionelle Gruppen enthalten, die gezielt mit eigenen Liganden kovalent modifiziert werden können. Zwischen Matrix und Liganden werden zur besseren Interaktion spezielle Abstandshalter (Spacer) eingefügt. Bei der praktischen Durchführung der A. werden zunächst der Absorbent (Protein) und die Affinitätsmatrix in einem geeigneten Puffer äquilibriert, nach Einstellung von pH und Ionenstärke wird die Mischung auf eine Säule gegeben. Nach sorgfältigem Waschen erfolgt die Desorption und danach die Regeneration der Matrix. Eine spezielle Form der A. ist die immobilisierte Metallchelat-A. (IMAC), die nicht auf biospezifischen Erkennungsparametern beruht. Bei diesem Verfahren ist eine Metall-komplexierende Gruppe am Säulenmatrial immobilisiert. Hierfür verwendet man meist Nitrilotriessigsäure, Imidodiessigsäure oder Tris(carboxymethyl)ethylendiamin. Multivalente Übergangsmetall-Ionen (Cu2+, Ni2+, Zn2+, Co2+, Fe2+ oder Fe3+ u.a.) werden in der Weise gebunden, dass eine oder mehrere Koordinationsstellen für eine Wechselwirkung mit basischen Gruppierungen von Proteinen vorhanden sind. Zur Vermeidung von nicht gewünschten Austauscheffekten setzt man meist neutrale Puffer mit hoher Ionenstärke (1M NaCl) ein. Wegen der nicht so selektiven Bindung ist zur Trennung der gebundenen Adsorbenten eine Gradientenelution notwendig. IMAC wird am häufigsten zur schnellen Isolierung rekombinanter Proteine, die einen Polyhistidin-Schwanz (His-Tag) enthalten, eingesetzt. Auch die Reinigung phosphorylierter Proteine durch IMAC mit Fe3+ ist ein interessantes Anwendungsgebiet.
Affinitätschromatographie. Schematische Darstellung der Affinitätschromatographie, s.a. Farbtafel, Abb. 1 rechts.
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