Lexikon der Biochemie: Amyloidprotein
Amyloidprotein, pathologisches, fibrilläres, niedermolekulares Protein. Es lagert sich bei Amyloidose (Gewebsentartung) zusammen mit Glycoproteinen und Proteoglycanen bevorzugt in Milz, Leber und Niere ab. Man unterscheidet nach ihrer Aminosäurezusammensetzung und ihrem Vorkommen bei der chronischen oder der Paramyloidose zwei Typen von A.: 1) A. A, ein aus 77 Aminosäuren bestehendes, einkettiges, disulfidbrückenfreies Protein, das keine strukturellen Beziehungen zu den Immunoglobulinen erkennen lässt (Mr 8,5kDa, bekannt ist die Primärstruktur des Affenamyloidproteins). 2) A. IV, ein aus 40 bis 45 Aminosäuren (Mr 6kDa) bestehendes Paramyloid (d. h. ein amyloidähnliches Protein), das sowohl hinsichtlich seiner Struktur (Fehlen von Valin, Prolin, Threonin, Cystin; reich an β-Strukturen) als auch immunologisch den κ- und λ-Ketten der Immunglobuline sehr ähnlich ist.
Es bestehen morphologische Ähnlichkeiten zwischen dem A. und dem infektiösen Protein bei Scrapie und der Creutzfeld-Jakob-Krankheit einerseits und der Proteinablagerung bei der Alzheimerschen Krankheit andererseits. Alle diese Fälle sind mit einer progressiven und irreversiblen Degeneration der Nervenfunktionen verbunden, die zum Tod führt. [P.A. Merz et al. Nature306 (1983) 474-476; H. Diringer et al. ibid. 476-478] Bei der Alzheimerschen Krankheit findet stets gleichbleibend eine fortschreitende Akkumulation von filamentösen Aggregaten an Amyloid-β-Protein im limbischen und cerebralen Cortex statt. Diese Aggregate werden vermutlich eng mit dystrophen Neuriten und Gliazellen assoziiert bzw. von diesen umschlossen. [D.J. Selkoe Annu. Rev. Cell Biol. 10 (1994) 373-403]. Amyloid-β-Protein ist ein hydrophobes proteolytisches Fragment eines allgegenwärtigen integralen Membranpolypeptids, das als Vorstufe des Amyloid-β-Proteins gilt. Bei Patienten mit familiärer (autosomal dominanter) Alzheimerscher Krankheit wurden auf dem Chromosom 21 flankierend oder in der für das Amyloid-β-Protein codierenden Region des Amyloid-β-Protein-precursor-Gens missense-Mutationen gefunden [J. Hardy Nature Genet. 1 (1992) 233-234]. Transgene Mäuse, die einen an eine familiäre Form von Alzheimerscher Krankheit gekoppelten mutanten Amyloid-β-Protein-Vorläufer überexprimieren, zeigen dichte, filamentöse, cerebrale Ablagerungen von aggregiertem Amyloid-β-Protein. Die Reifung des Amyloid-β-Protein-Vorläufers scheint bei der Entstehung der Alzheimerschen Krankheit eine Schlüsselrolle zu spielen [G.G. Glenner u. C.W. Wong Biochem. Biophys. Res. Commun. 120 (1984) 885-890]. Da das Amyloid-β-Protein auch als normales lösliches Produkt des Zellstoffwechsels vorkommt und in der Cerebrospinalflüssigkeit und im Plasma vorhanden ist, erhebt sich die Frage, auf welche Weise und warum es bei der Alzheimerschen Krankheit unlösliche Aggregate bildet. Stabile Oligomere von Amyloid-β-Protein (Mr 6kDa, 8kDa und 12kDa; mit amyloid-β-protein-spezifischen Antikörpern ausgefällt) konnten im konditionierten Medium (engl. conditioned medium) von mit dem Amyloid-β-Protein-Vorläufer transfizierten Zellen nachgewiesen werden. Solche Oligomere könnten auch den filamentösen Ablagerungen bei der Alzheimerschen Krankheit zugrunde liegen [D.J. Selkoe "Amyloid-β-Protein and Alzheimer's Disease" Annu. Rev. Cell Biol. 10 (1994) 373-403; S.A. Gravina et al. "Amyloid-β-Protein (Aβ) in Alzheimer's Disease Brain" J. Biol. Chem. 270 (1995) 7.013-7.016; M.B. Podlisny et al. J. Biol. Chem. 270 (1995) 9.564-9.570].
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