Lexikon der Biochemie: Calcium
Calcium, Ca, ein Erdalkalielement, das als zweiwertiges Kation in der Natur weit verbreitet ist. In Form von CaPO4 und CaCO3 verleiht es Schalen und Knochen Festigkeit und Härte. Als leicht chelatbildendes Ion, verhilft es Proteinen und Lipiden in Zellmembranen, im Cytoplasma, in Organellen und Chromosomen zu struktureller Stabilität. Es ist ein notwendiger Cofaktor für eine Reihe von extrazellulären Enzymen, einschließlich der prokaryontischen und eukaryontischen Verdauungsenzyme, der Faktoren II, VII, IX und X bei der Blutgerinnung und für die Komplementaktivierung bei Antigen-Antikörperkomplexen. Ca2+ bindet mit hoher Affinität an Tubulin und wird für den Eintritt der Zelle in die S-Phase des Zellzyklus benötigt. Kontraktilität, Sekretion, Chemotaxis und Zellaggregation werden durch Ca2+ und den Arachidonsäuremetabolismus reguliert. Ca2+ spielt bei der Fortpflanzung von Nervenimpulsen und bei der Muskelkontraktion eine wesentliche Rolle.
Ca2+ dient in tierischen Zellen als sekundärer Botenstoff (Hormone). Wenn der Rezeptor des Calciumsystems durch einen molekularen Stimulus aktiviert wird, wird 4,5-Diphospho-phosphatidylinosit (4,5-Pin) zu Inositol-1,4,5-triphosphat und Diacylglycerin hydrolysiert. Diacylglycerin ist ebenfalls ein Sekundärbotenstoff und fördert die Phosphorylierung verschiedener Proteine durch Aktivierung der Protein-Kinase C. Gleichzeitig wird entweder den Ca2+-Ionen der Eintritt in die Zelle erlaubt oder sie werden aus Reserven innerhalb der Zelle mobilisiert. Der intrazelluläre Ca2+-Spiegel steigt kurzzeitig auf ca 1,0 μmol. Durch diese Konzentration aktiviert Ca2+ einige Proteine direkt und andere indirekt, indem es an Calmodulin bindet. Einige durch Calmodulin aktivierte Proteine wirken als Kinasen, die eine andere Gruppe von Proteinen phosphorylieren als die Protein-Kinase C. Protein-Kinase C selbst wird durch eine hohe Ca2+-Konzentration aktiviert. Wenn sie jedoch zuvor durch Diacylglycerin sensibilisiert wird, kann sie schon durch eine Ca2+-Konzentration aktiviert werden, die nur geringfügig höher liegt als in nichtstimulierten Zellen. Wenn eine Zelle also einmal durch eine kurze Ca2+-Welle aktiviert worden ist, kann die Aktivierung bei viel geringeren Ca2+-Konzentrationen weiter bestehen, weil die Protein-Kinase C aktiviert worden ist.
In vielen Fällen aktiviert ein bestimmter Stimulus sowohl cAMP als auch Ca2+/Diacylglycerin als Sekundärbotenstoffe. Um die danach vor sich gehenden Wechselwirkungen zu beschreiben, hat H. Rasmussen den Ausdruck "synarchic" geschaffen. In einigen Fällen führt die künstliche Stimulation nur eines der beiden Systeme (z.B. Stimulation des Ca2+-Einströmens durch ein Ionophor oder Injektion von cAMP) zur Phosphorylierung der gleichen Proteine. Häufig bewirkt ein Einströmen von Ca2+-Ionen eine kurze Stimulation, während die Injektion von cAMP eine langsame aber langanhaltende Stimulation hervorruft; eine normale und simultane Stimulation beider Systeme bewirkt eine langanhaltende, schnelle Reaktion. Die Gegenwart von zwei sich gegenseitig regulierenden Systemen von sekundären Botenstoffen ermöglicht es der Zelle, mit größerer Plastizität auf den primären Stimulus zu reagieren.
Pflanzen enthalten ebenfalls Calmodulin und setzen Ca2+ als Sekundärbotenstoff ein (cAMP ist für Pflanzen kein Sekundärbotenstoff). Sowohl die gravitropischen als die phototropischen Reaktionen von Pflanzen scheinen von Ca2+ abzuhängen.
Ein Überschuß an Ca2+-Ionen ist für Zellen toxisch, weshalb sie einen effizienten Mechanismus zum Entfernen dieser Ionen besitzen, z.B. eine Calciumpumpe, die durch hohe intrazelluläre Ca2+-Konzentrationen aktiviert wird und die Ca2+-Ionen aus der Zelle herausbefördert. Unter normalen Bedingungen kann Ca2+ gegen in die Zelle strömende Na+-Ionen ausgetauscht werden. Eine andere Methode, große Mengen an Ca2+-Ionen zu entfernen, ist die Sequestration in den Mitochondrien. In einer Zelle liegt die Ca2+-Konzentration normalerweise bei 0,1μM, im Blut liegen ca. 1,5μM freie Ca2+-Ionen vor. [A.K. Campbell Intracellular Calcium, Its Universal Role as Regulator, Wiley & Sons, 1983, D. Marmé (Hrsg.) Calcium and Cell Physiology, Springer, 1985; W.Y. Cheung (Hrsg.) Calcium and Cell Function, Vol IV, Academic Press, 1983]
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